Nach der Klausurtagung berichten (v.l.) Wolfgang Haug (LE-Bürger/FDP), Ilona Koch (CDU), Erich Klauser (SPD), Ingrid Grischtschenko (Grüne), Bürgermeisterin Eva Noller, OB Roland Klenk und Hans Huber (Freie Wähler) über die Finanzlage. Foto: Norbert J. Leven

Gemeinderat und Verwaltungsspitze der Großen Kreisstadt einigen sich bei einer Klausurtagung auf weitere Abstriche am Investitionsprogramm.

Leinfelden-Echterdingen - Hans Huber, seit mehr als 50 Jahren kommunalpolitisch in Leinfelden-Echterdingen aktiv, benutzt ein passendes Bild zur Finanzkrise der Großen Kreisstadt: Der Patient, mithin der kommunale Haushalt, habe „Zahnweh“, lautet die Anamnese des promovierten Mediziners. Sein Behandlungsvorschlag nach der Klausurtagung des Gemeinderats am vergangenen Wochenende verursacht Schmerzen: Ein paar Zähne – Investitionsprojekte – müsse man entfernen. „Im Gebiss werden Lücken bleiben“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler am Montag bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz im Leinfelder Rathaus.

Investitionen im Wert von 99 Millionen Euro sind für den Zeitraum von 2016 bis 2019 nach aktuellem Stand nicht aus eigener Kraft finanzierbar, hält sich Oberbürgermeister Roland Klenk an nüchterne Zahlen, auf die sich Verwaltungsspitze und Gemeinderat übers Wochenende in Riederich verständigt haben. Klenk bezeichnet die Lage als „nicht rosig, aber auch nicht abgrundtief schlecht“. Der OB sagt: „Noch sind wir Herr unseres eigenen Tuns.“

Streichkonzert trifft den Straßenbau

Während der zurückliegenden „arbeitsreichen Tage“ habe der Gemeinderat Projekte mit einem Volumen von 14 Millionen Euro auf die Zeit nach 2019 verschoben, berichtet Klenk. Zur Erinnerung: Bei einer Klausur im vergangenen Jahr waren bereits 100 Millionen Euro an Investitionen gestrichen worden. Der Löwenanteil des diesjährigen Streichkonzerts entfällt mit zwölf Millionen Euro auf den Straßenbau, für den in den kommenden vier Jahren nur noch zwei Millionen Euro übrig bleiben.

In den bisher nicht gedeckten 99 Millionen Euro sind laut Klenk etwa 68 Millionen Euro an Ausgaben im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterbringung enthalten. Diese Zahl könne man allerdings „zurzeit nicht scharf berechnen“. Rathaus und Gemeinderat setzen fest darauf, dass Bund und Land mit Zuschüssen helfen. Mit verbilligten Krediten sei der Kommune nicht gedient.

CDU will Übernachtungssteuer einführen

Leichte Linderung verspricht sich der Rathauschef von einer Anhebung der Gewerbesteuer und der Grundsteuer B. Zusammen sollen so der Stadtkasse 1,2 Millionen Euro an Mehreinnahmen zufließen. Dafür scheint nach der Klausur eine Mehrheit zu stehen. Fraktionssprecher kündigten dagegen keinen Widerstand, Ilona Koch für die Christdemokraten darüber hinaus eine Initiative zur Einführung einer Übernachtungssteuer an.

Der Gemeinderat streicht nicht nur, sondern bekennt sich auch zu Projekten. Dazu gehören der Neubau des Jugendhauses Areal (zwei Millionen Euro), Rathaussanierung in Echterdingen (2,05 Millionen), Sanierung von Anbau und Turnhalle der Zeppelinschule (1,3 Millionen), Neukonzeption Haldenareal in Stetten (vier Millionen), Neubau Turn- und Festhalle Musberg (6,85 Millionen). Zwei von fünf Millionen Euro für die Erweiterung der Filderhalle muss die stadteigene GmbH selbst schultern. Der Neubau des StadtwerkeBürohauses soll nicht über den städtischen Haushalt abgewickelt werden.

Teure Projekte ins nächste Jahrzehnt verschoben

Weitere finanzintensive Projekte wie die Rathaussanierung in Leinfelden oder die Sanierung der Eichberg- und Schönbuchschule, die Sanierung der Festhalle Stetten und die Modernisierung des Hallenbads in Leinfelden hat der Gemeinderat gar ins nächste Jahrzehnt verschoben. Für die zuletzt angeregte Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft gibt es allem Anschein nach eine große Mehrheit.

Differenzen existieren hingegen in Sachen Personal. Die Freien Wähler fordern laut Huber bei Einstellungen „äußerste Zurückhaltung“. Für die Grünen ist, wie Fraktionschefin Ingrid Grischtschenko betont, klar: „Wenn die Aufgaben zunehmen, nimmt auch das Personal zu.“ Erich Klauser (SPD) würde sich nicht gegen eine „zeitweise Verschuldung“ stemmen, um etwa im Wohnungsbau voranzukommen. Nach Wolfgang Haugs (LE-Bürger/FDP) Worten hat seine Fraktion noch Diskussionsbedarf bei den Themen Steuern und Schulden.