Bahn-Chef Richard Lutz soll den Staatskonzern wieder auf Kurs bringen. Doch das wird schwer. Foto: dpa

In den nächsten vier Jahren erwartet der größte Staatskonzern fast drei Milliarden weniger Betriebsgewinn als bisher kalkuliert. Was bedeutet das für die Sanierung des Unternehmens?

Berlin - Solche Fototermine mag Andreas Scheuer. An diesem Mittwoch unterzeichnet der Bundesverkehrsminister gemeinsam mit Bahnvorstand Ronald Pofalla die Finanzierungsvereinbarung für das elektronische Stellwerk Düsseldorf. 330 Millionen Euro soll die neue digitale Technik kosten, die den Zugverkehr leistungsfähiger macht. Die Botschaft des Treffens im Berliner Bahntower an das Wählervolk ist klar: Der Bund als Eigentümer des lange vernachlässigten Schienennetzes packt nun die Modernisierung entschlossen an.

Dafür ist sehr viel Geld nötig. Rund 71 Milliarden Euro würde es kosten, das knapp 33 500 km lange Gleisnetz mit seinen 5660 Personenbahnhöfen bis zum Jahr 2030 für einen flüssigen Taktverkehr auszubauen und fit zu machen, haben Scheuers Ministerialbeamte in internen Expertenrunden eingeräumt. Rund 40 Milliarden Euro davon müssen vom Bund noch finanziert werden. Ohne massive Erhöhung der Etats werde die Modernisierung sonst noch bis zum Jahr 2060 dauern, warnten die Ministerialen in den Sitzungen zum Taktverkehr 2030.

Das Schienennetz wird weitgehend vom Bund finanziert, obwohl die Idee der Bahnreform 1994 war, dass das Unternehmen selbst einen guten Teil beisteuern soll. Damit jedoch ist auch in den nächsten Jahren kaum zu rechnen. Das zeigt die neue mittelfristige Finanzplanung der Deutschen Bahn, die unserer Redaktion in Auszügen vorliegt. Der DB-Aufsichtsrat soll das Zahlenwerk am 12. Dezember auf seiner nächsten Sitzung beschließen.

Im Konzern rumort es

Ob das gelingt, ist offen. Im Konzern rumort es kräftig, wie auch das zweitägige Krisentreffen der Kontrolleure am 22. und 23. November zeigte. Dort stieß die neue „Agenda für eine bessere Bahn“ von DB-Chef Richard Lutz teils auf einige Skepsis besonders auf der Arbeitnehmerseite, die zehn der 20 Aufsichtsräte stellt. Nicht zuletzt die im Herbst von Lutz per Brandbrief ausgesprochene Ausgabenkürzung sorgt intern für Unmut – befürchtet werden weitere Rotstiftaktionen.

Die neue Mittelfristplanung ist auch für den Bund als Eigentümer der Bahn wenig erfreulich. Denn der größte Staatskonzern erwartet nun von 2019 bis 2023 fast drei Milliarden weniger Betriebsgewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) als bisher kalkuliert. Zwar sollen die Erträge in den meisten Sparten wie berichtet steigen – aber eben weit geringer als zuvor von der DB-Spitze angekündigt. Schon das Gewinnziel für 2018 musste Lutz auf noch 2,1 Milliarden Euro deutlich nach unten setzen.

Für die nächsten Jahre fallen nun die Korrekturen noch heftiger aus. Zwar wird ein kaum geringerer Konzernumsatz erwartet, der von 2019 bis 2023 von 45,4 auf 49,9 Milliarden Euro wachsen soll. Unterm Strich jedoch bleibt viel weniger übrig. Allein für 2019 hat Lutz das Gewinnziel um 800 Millionen auf noch 1,9 Milliarden Euro nach unten korrigiert, für 2020 sogar um 870 Millionen auf noch 2,23 Milliarden Euro. Auch 2021 erwartet die DB-Spitze mit 2,73 Milliarden Euro weitere 720 Millionen Euro weniger Ertrag; im Folgejahr werden nun 3,155 Milliarden Euro Ebit angepeilt und damit 495 Millionen Euro weniger.

Die Bahn rechnet mit rund drei Milliarden Euro weniger Gewinn

So summieren sich die Gewinnkorrekturen allein zwischen 2019 und 2022 auf insgesamt 2,885 Milliarden Euro. Im Aufsichtsrat haben diese massiven Abstriche dem Vernehmen nach einige Verstimmungen ausgelöst. Aufseiten des Bundes wächst die Sorge, dass der bereits mit mehr als 20 Milliarden Euro verschuldete Konzern weiter in die Krise und ins Finanzloch fährt, zumal die Bahn beim extrem verteuerten Großprojekt Stuttgart nun die milliardenschweren Eigenanteile bei den Kosten stemmen muss.

Der hohe Finanzbedarf der DB hat bereits in den letzten Jahren mehrfach einige Unruhe in der Politik verursacht. Erst Mitte 2017 erhielt der klamme Staatskonzern eine Milliarde Euro zusätzliches Eigenkapital. Zudem verzichtete der Bund auf eine weitere Milliarde Euro an eingeplanten Dividenden. Experten sehen das problematisch, denn die privaten Konkurrenten der DB erhalten solche Finanzspritzen nicht.

Lutz hatte nach dem Krisentreffen der Aufsichtsräte eingeräumt, der Weg zur besseren Bahn dauere länger und koste mehr als geplant. Erst Ende 2023 sollen nach seinen Worten alle Ausgaben ohne zusätzliche Verschuldung gestemmt werden. Zunächst einmal jedoch benötigt die DB-Spitze am 12. Dezember die Zustimmung des Aufsichtsrats für ihre Agenda.