Das gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt (Mitte). Mittelständische Unternehmen sichern sich zu selten mit langen Laufzeiten gegen die Zinswende ab. Foto: dpa

Der Kredit bleibt die bevorzugte Finanzierungsform im Mittelstand. Investitionen in die Digitalisierung könnten Probleme bringen.

Stuttgart - Mittelständische produzierende Unternehmen greifen am liebsten zu Krediten, um ihre Investitionen zu finanzieren. Soweit ist das Ergebnis einer nun vorgelegten Studie zur Finanzierung im Mittelstand nicht überraschend. Seit langem dominieren Bankkredite sowie Gesellschafterdarlehen den Instrumentenkasten des Mittelstands. Aufhorchen lässt jedoch, dass sich die Unternehmen die derzeit niedrigen Zinsen viel zu selten langfristig sichern.

Die beiden Unternehmensberatungen Ebner Stolz Management Consultants und Wolff & Häcker Finanzconsulting haben im Sommer 2016 bundesweit knapp 5000 Unternehmen befragt, die zwischen 100 und 1000 Mitarbeiter beschäftigen, die überwiegende Mehrzahl der Firmen befindet sich in Familienbesitz.

„Ein erfolgreicher Mittelständler kann zu 1 bis 2 Prozent Geld aufnehmen“, sagt Hendrik Wolff, Vorstand bei Wolff & Häcker. „Es ist aus dem Bewusstsein aber völlig raus, dass sich die Zinslandschaft ändern kann und die extremen Niedrigzinsen nicht auf Dauer bleiben.“ Zwar wachse der Anteil der Unternehmen, die steigende Zinsen erwarten – in der Studie liegt der Wert bei 44 Prozent –, „doch die Unternehmen reagieren nicht“. Die Mehrheit setzt bei der Kreditfinanzierung auf Laufzeiten unter fünf Jahren. „Das ist ein überraschendes Verhalten, da sich die Unternehmen mit langen Laufzeiten gegen die Zinswende absichern können“, sagt Wolff.

Die Digitalisierung gewinnt auch für den Mittelstand an Bedeutung

Seit 2008 investieren die Mittelständler vorsichtiger, so die Einschätzung der Unternehmensberater. „Es wird Schritt für Schritt geplant“, sagt Mirko Häcker, Vorstand bei Wolff & Häcker. Abzulesen sei das auch an den Eigenkapitalquoten, die in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich gestiegen seien. „Lag die Eigenkapitalquote vor zehn Jahren im Schnitt zwischen 25 und 30 Prozent, liegt sie heute bei 30 bis 35 Prozent“, so Häcker.

Was die Studie auch zeigt: Die Digitalisierung gewinnt auch für den Mittelstand an Bedeutung. Mehr als zwei Drittel der Unternehmen sehen die Digitalisierung als entscheidenden Erfolgsfaktor im Wettbewerb. Allerdings räumen zwei Drittel der Befragten ein, dass sie sich mit der Digitalsierung entweder gar nicht, wenig oder nicht ausreichend beschäftigt haben. Gleichwohl gehen sie davon aus, dass die Digitalisierung die gesamte Wertschöpfungskette von der Beschaffung über die Produktion bis zu Absatz und Vertrieb verändern werde.

Die Digitalsierung wird hohe Investitionen erfordern und hier sieht Michael Euchner, Partner von Ebner Stolz, ein Problem auf die Unternehmen zukommen. Denn Investitionen in den Aufbau von Know-How, Personal und IT ließen sich nicht einfach über den Hausbankkredit finanzieren. Das sei etwas anderes als der Kauf einer Maschine, die der Bank als Sicherheit dienen kann. Fie Finanzierung immatrieller Vermögensgegenstände werde schwieriger. Diesen Knackpunkt könnten Mittelständler nur mit dem Aufbau von Eigenkapital abfedern, so Euchner. Das könne auch durch Beteiligungskapital oder Genussrechte geschehen. Für den Unternehmensberater steht fest: „Die Digitalisierung wird die Finanzierungsformen im Mittelstand verändern.“

Bedenken gegen Kapitalmarktfinanzierung

Bisher überwiegen im Mittelstand die Bedenken gegenüber alternativen Finanzierungsformen wie der Beteiligung von Investoren, Genussrechten oder Anleihen. Sie fürchten vor allem den Einblick, den Fremde ins Unternehmen bekommen und die höheren Kosten. Vor allem ältere Geschäftsführer würden Informationen ungern mit der Bank, mit Führungskräften oder externen Eigenkapitalgebern teilen, so Wolff. „Dabei blenden sie die Chancen einer möglichen Kapitalmarktfinanzierung aus“, sagt Häcker. Diese könnte beispielsweise den Bekanntsheitsgrad erhöhen und das Risiko der Finanzierung streuen.

Bei der Nachfolge in mittelständischen Unternehmen dominiert mit 51 Prozent die familieninterne Lösung. Auffällig laut Studie ist, dass im Vergleich zu vorangegangenen Befragungen der Anteil derer deutlich nach oben geht, die einen Verkauf an strategische Investoren bereits abgeschlossen haben oder anstreben. Dieser Anteil liegt bei 34 Prozent. „Viele Unternehmer tragen sich mit dem Gedanken verkaufen zu wollen“, sagt Euchner.