In vielen Landkreisen sind die Radwege – hier auf der Theodor-Heuss-Straße in Stuttgart – vernetzt. Mit der Verzahnung über Kreisgrenzen hinweg hapert es aber noch. Foto: Leif Piechowski

Das Land will den Anteil des Fahrradverkehrs auf 20 Prozent erhöhen. Die Landkreise in der Region machen mit und hoffen auf Förderungen. Doch der Topf, aus dem der Fahrradverkehr angeschoben werden soll, ist bei weitem nicht so gut gefüllt, wie es offenbar notwendig wäre.

Stuttgart - Die Landkreise in der Region Stuttgart wollen den Radverkehr fördern. Während der Kreis Böblingen jetzt eine Straßenverkehrskonzeption in Auftrag gegeben hat, sind andere Landkreise schon weiter. Einig sind sie sich aber alle – sie wollen dem Land dabei helfen, ehrgeizige Ziele zu erreichen.

Auf 20 Prozent soll sich der Radverkehrsanteil im Land Baden-Württemberg laut Koalitionsvertrag erhöhen. Derzeit liegt er bei rund acht Prozent, sagte Michael Öhmann vom Landesverkehrsministerium beim Treffen zum Start der Fahrradverkehrskonzeption im Kreis Böblingen. Vertreter von Gemeinden, Vereinen und Firmen haben sich im Landratsamt zusammengesetzt. In einem ersten Treffen durften sie ihre Ideen vorstellen. Bis zum Ende des Jahres soll eine Broschüre entstanden sein, die alle erforderlichen Maßnahmen enthalten soll.

„Wir liegen schon jetzt auf einem hohen Niveau und sind ein radfreundlicher Landkreis“, sagte Böblingens Landrat Roland Bernhard, „aber es kann noch besser werden.“ Klar sei es, dass immer noch zu wenig Radfahrer auf den Straßen des Landkreises unterwegs seien. 20 Prozent der Menschen legten Entfernungen unter sechs Kilometern mit dem Auto zurück, sagt Bernhard. „Da gibt es noch ein großes Potenzial, das ist alles nur Bequemlichkeit.“

Kreisweites Verkehrsnetz schaffen

Deshalb hatte der Landkreis Böblingen die Erarbeitung einer Radverkehrskonzeption ausgeschrieben. Das Rennen machte schließlich das Kölner Planungsbüro ViA eG. Dessen Mitarbeiter Peter Gwiasda stellte den Teilnehmern der Auftaktveranstaltung in Böblingen das Arbeitsprogramm vor, das das Büro bis jetzt erarbeitet hat.

„Das Ziel ist es, die Radwegeverbindungen zwischen den Gemeinden und einzelnen Ortsteilen im Landkreis zu verbessern“, sagte er. Dadurch solle ein kreisweites Verkehrsnetz für den Alltagsverkehr und für den touristischen Verkehr geschaffen werden.

Der Landkreis Göppingen habe bereits gute Erfahrungen mit dem Planungsbüro gemacht, sagt Jörg-Michael Wieneke, Leiter des Amts für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur. „Unser Radverkehrskonzept haben wir bereits im Herbst 2011 verabschiedet, und es gilt als vorbildlich.“ Gemeinsam mit Gutachtern habe das Landratsamt ein Radverkehrsnetz aufgestellt und detailliert analysiert, wo Verbesserungen notwendig waren. „In der Kombination aus Alltags- und Freizeitradwegenetz haben wir jetzt im Kreis Göppingen 800 Kilometer an Radrouten“, sagt Wieneke.

Touristische Routen in Göppingen beliebt

Auch der Landkreis Esslingen ist mit 850 Kilometern Radwegen vorne dabei. „Im Moment überprüfen wir die Radwege entlang der Bundes-, Landes- und Kreisstraßen auf ihren Zustand“, sagt der Leiter des Amts für allgemeine Kreisangelegenheiten, Peter Keck. „Das wird die Grundlage sein, auf der auch wir eine Radwegekonzeption erstellen werden.“

Solch eine Konzeption gibt es auch in Ludwigsburg schon. „Zusammen mit dem Regierungspräsidium bereiten wir eine Konzeption nach Vorgaben des Landes vor, um die Lücken im Radwegenetz zu schließen“, sagt Landratsamtssprecher Andreas Fritz. Dabei gehe es vor allem um landkreisübergreifende Radwege.

In Göppingen sorgen vor allem die touristischen Routen für viele positive Rückmeldungen. „Unsere Flyer gehen weg wie nichts“, freut sich Jörg-Michael Wieneke. Für die Dauer von zehn Jahren habe der Landkreis ein Förderprogramm von 100.000 Euro jährlich beschlossen. Einzelne Großprojekte bezuschussen Land und Bund mit jeweils 50 Prozent.

„Wir werden versuchen, die Fördermittel zu erhöhen“

Der Rems-Murr-Kreis verfügt dagegen nicht über einen festen jährlichen Etat für den Radwegebau. Zwar verfolgt der Landkreis schon seit zehn Jahren ein eigenes Radwegekonzept. Das Landratsamt überarbeitet es derzeit aber, um die Zielsetzungen der Landesregierung zu erreichen. „Wichtig ist es uns, die täglichen Wege für die Nutzung des Fahrrads attraktiv zu gestalten“, sagt der Sprecher des Landratsamts, Harald Knitter. Ein festes jährliches Budget, wie es dem Kreis Göppingen zur Verfügung steht, hat der Rems-Murr-Kreis nicht. „Deshalb wollen wir die Fördermöglichkeiten des Landes miteinbeziehen“, sagt Knitter.

Zehn Millionen Euro stehen in diesem Jahr zum Ausbau des Radwegenetzes bereit, 15 Millionen im Jahr 2014. Das allerdings, bemängelte Jettingens Bürgermeister Michael Burkhardt auf dem Treffen der Gemeinden im Kreis Böblingen, reiche vorne und hinten nicht aus: „Wir haben für unsere Gemeinde bereits einen Förderantrag gestellt und erfahren, dass derzeit Anträge für 40 Millionen Euro alleine aus der Region Stuttgart beim Ministerium vorliegen.“ Vier Millionen Euro stünden dafür aber nur bereit. „Wir werden versuchen, die Fördermittel zu erhöhen“, sagte Michael Öhmann vom Verkehrsministerium. „Ob das funktionieren wird, kann ich jetzt aber noch nicht sagen.“