Studenten aus ärmeren Staaten müssen häufig ihr Geld selbst verdienen, besagt eine Erhebung. Foto: 7aktuell.de/Oskar Eyb

Zum Wintersemester will das Land Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer einführen. Doch ausländische Studenten sind nicht zwangsläufig reich, wie eine Aufstellung des Wissenschaftsministeriums aufzeigt.

Stuttgart - Die Einführung der Studiengebühren für internationale Studierende nimmt Fahrt auf. Die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) plant, den Entwurf im Februar ins Kabinett einzubringen. Im März soll das Gesetz verabschiedet werden. Vom Wintersemester 2017/18 an sollen Studenten aus aller Welt 1500 Euro pro Semester bezahlen und jährlich 39 Millionen Euro in die Landeskasse bringen.

Bauer argumentiert, dass viele internationale Studierende deutlich höhere Gebühren gewohnt seien. Die Annahme, dass vor allem Kinder reicher Eltern zum Studium nach Baden-Württemberg kämen, ist jedoch schwer zu belegen. Über den sozialen Hintergrund der ausländischen Studierenden ist wenig Konkretes bekannt. Die aktuellste Sozialerhebung über ausländische Studierende in Deutschland stammt vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) aus dem Jahr 2012. Dabei gaben 49 Prozent der Befragten an, die Möglichkeit, ohne Gebühren studieren zu können, sei ein Grund gewesen, nach Deutschland zu kommen.

Keine direkten Rückschlüsse, aber Anhaltspunkte

Der Studie zufolge werden 62 Prozent der ledigen Studierenden (ohne Doktoranden) von ihren Eltern unterstützt. 17 Prozent aller ausländischen Studierenden leben nur von ihren Eltern. 15 Prozent von ihnen könne auf ein Stipendium zurückgreifen. Eine wichtige Rolle spielt die Wirtschaftskraft des Herkunftslandes. Zwar lasse sich daraus nicht direkt auf die Einkommensverhältnisse der Familien der ausländischen Studierenden schließen, sagen die Wissenschaftler. Allerdings falle auf, dass zwei Drittel der Studierenden aus einkommensschwachen Ländern selbst Geld für ihren Lebensunterhalt verdienten. Bei Ländern mit mittlerem Pro-Kopf-Einkommen waren es nur 46 Prozent.

Chinesische Studierende können auf ihre Eltern zählen

Jeder dritte Bildungsausländer stammte aus einem reichen Land. In den Heimatländern von 25 Prozent der internationalen Studierenden ist das Einkommen dagegen eher gering. „Je einkommensstärker das Herkunftsland ist, desto häufiger werden Studierende durch ihre Eltern unterstützt, erhalten ein Stipendium oder leben von Ersparnissen, die bereits vor dem Studium angesammelt wurden“, heißt es in der Erhebung. Chinesen werden den Wissenschaftlern zufolge „zu überdurchschnittlich hohen Anteilen von ihren Eltern finanziert“. Dagegen nehmen die Autoren an, dass für junge Leute aus armen Ländern ein Studium in Deutschland ohne eigenen Verdienst „kaum realisierbar wäre“.

Kamerun, Indien und die Ukraine gelten als eher arm

Für Baden-Württemberg zeigt sich ein differenziertes Bild. Auf Anfrage des grünen Hochschulpolitikers Alexander Salomon legt Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) nun neue Zahlen für das Wintersemester 2015/16 vor: Danach gehören von den zwölf Staaten, aus denen die meisten der internationalen Studierenden kamen, neun zu denen mit eher höherem Pro-Kopf-Einkommen. Jedoch kamen auch 1012 Studierende aus Kamerun (4,6 Prozent der internationalen Studierenden im Land), aus der Ukraine stammten 774 (3,5 Prozent) und aus Indien 1302 (5,9 Prozent). Salomon betont, die Grünen würden bei der Einführung der Gebührensoziale Härten berücksichtigen. Ergebe sich Nachbesserungsbedarf, werde dieser umgesetzt.

Die meisten wollen Ingenieur werden

In Baden-Württemberg studierten im vergangenen Wintersemester 22167 Menschen, die als internationale Studierende gelten. Insgesamt zählte man knapp 357000 Studierende an den Hochschulen des Landes. 14,3 Prozent aller internationalen Studenten in Deutschland studieren Bauer zufolge in Baden-Württemberg. Das bringt den Südwesten auf Platz zwei nach Nordrhein-Westfalen. Den höchsten prozentualen Anteil an Ausländern haben die Kunst- und Musikhochschulen des Landes. Zahlenmäßig am größten ist die Gruppe der Ingenieurstudenten. 46 Prozent der ausländischen Studierenden streben einen solchen Abschluss an.

Theresia Bauer zufolge müssen in Zukunft Studierende bezahlen, die zum Zweck des Studiums einreisen. Nicht bezahlen müssen Flüchtlinge, Bürger eines Mitgliedsstaates der EU und Ausländer, die in Deutschland Abitur gemacht haben. Auch wer ein Stipendium erhält, wird befreit.

Verprellen will das Land die Studierenden aus aller Welt nicht. „Die weitere Internationalisierung der Hochschulen in Baden-Württemberg bleibt ein wichtiges Ziel der Landesregierung“, betont Bauer. Die neuen Bedingungen würden mit den Hochschulen beraten.