Der größte Teil der neuen Stellen geht an die Schulen Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Monatelang haben Grüne und CDU um den Doppelhaushalt 2020/21 gerungen. Nun hat das Kabinett den Gesetzentwurf gebilligt. Geplant sind Ausgaben von insgesamt mehr als 100 Milliarden Euro.

Stuttgart - Zehn Jahre lang konnten sich die jeweiligen Landesregierungen im Südwesten über steigende Steuereinnahmen freuen. Ob das auch in den nächsten Jahren so bleibt, ist offen. In den ersten acht Monaten dieses Jahres jedenfalls lagen die Steuereinnahmen brutto um rund 950 Millionen unter denen des Vorjahreszeitraumes. Netto werden es voraussichtlich 125 Millionen weniger sein, weil das Land bei weniger Einnahmen auch weniger in den Länderfinanzausgleich zahlt. Im Entwurf für den nächsten Doppelhaushalt plant das Land mit Ausgaben von 50,4 Milliarden Euro, 2021 von 52,2 Milliarden. Gespannt wartet die Landesregierung auf die nächste Steuerschätzung Anfang November.

„Wir finanzieren wichtige und zukunftsweisende Projekte und konsolidieren zugleich unseren Haushalt“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei der Vorstellung des Regierungsentwurfs, den das grün-schwarze Kabinett am Dienstag beschlossen hat. Mit rund 1,35 Milliarden Euro will das Land in den nächsten beiden Jahren zusätzliche politische Schwerpunkte setzen. Rund 290 Millionen Euro würden in den Klimaschutz investiert, kündigte Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) an. Dazu gehöre beispielsweise der Notfallplan Wald. Mit jährlich 10 Millionen Euro sollen Waldbesitzer beim Kampf gegen den Klimawandel unterstützt werden, bis zu 30 Millionen jährlich könnten dafür aus einer Rücklage entnommen werden. 13 Millionen Euro pro Jahr werden eingesetzt, um die Verbindungen der Metropolexpresszüge zu verbessern.

Mehr Lehrer, Polizisten und Richter

Zudem will das Land 2960 zusätzliche Stellen schaffen. Rund 1350 Stellen erhält das Kultusministerium – unter anderem für mehr Ethikunterricht, Ganztagsangebote, den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen und Förderstunden für die Realschulen – alles Vorhaben, die das Kabinett längst beschlossen hat. Die Krankenvertretungsreserve soll bis zum Schuljahr 2021/22 von derzeit 1666 auf 1895 Stellen aufgestockt werden. Durch zusätzliche Lehrerstunden sollen außerdem die Schulleitungen entlastet werden.

560 neue Stellen sind für die Finanz- und Bauverwaltung geplant – überwiegend für den Bereich Bauen. Ein Teil dieser Stellen wird durch den Bund finanziert. 300 Extrastellen sind für das Justizministerium vorgesehen – gebraucht werden Richter, Staatsanwälte und Justizvollzugsbeamte. 370 zusätzliche Stellen erhält das Innenministerium, unter anderem für weitere Ausbildungsplätze, die Bekämpfung der Cyberkriminalität und die Digitalisierung. Die Zahl der Auszubildenden bei der Polizei wird im nächsten Jahr auf 1600 erhöht, 2021 sind es 1400. „Wichtig ist mir, für die Polizei verlässlich bis weit in das nächste Jahrzehnt hinein eine gute Personalentwicklung vorzuzeichnen“, so Innenminister Thomas Strobl (CDU).

Diesel-Bußgelder eingeplant

Der finanzpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Rainer Podeswa, kritisierte die zusätzlichen Stellen. „Das sind dauerhafte Kosten für kommende Generationen in Milliardenhöhe.“ Im Haushalt fehlten echte Investitionen, erklärte der Finanzexperte der SPD-Fraktion, Peter Hofelich: Weder entlaste die Regierung die Familien, noch unternehme sie etwas gegen den Wohnungsmangel, auch fehle eine echte Förderung des öffentlichen Personenverkehrs. Sein FDP-Kollege Steffen Brauer bemängelte, dass das Land weder Schulden tilge noch die Bürger entlaste. „ Noch nicht mal die Zinsvorteile von 300 Millionen Euro werden weitergegeben, die man aufgrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat.“ Derzeit ist das Land mit rund 45 Milliarden Euro am Kreditmarkt verschuldet.

Auch die Bußgelder, die Porsche, Bosch und Daimler im Zuge des Dieselskandals zahlen mussten, fließen in die Landeskasse. Rund 600 Millionen Euro von Porsche und Daimler sind bereits verplant, die 870 Millionen, die Daimler überweisen muss, will Finanzministerin Sitzmann größtenteils in Rücklagen für Risiken stecken. Denn die sind auch wegen der höheren Personalausgaben deutlich geschrumpft.