Mehrzweckhalle statt Buddenberg-Halle: Das Projekt kostet Millionen Euro. Foto: S. Granville (Archiv)

Die Steuereinnahmen steigen, die Ausgaben aber auch: Korntal-Münchingen bringt den Haushalt für das Jahr 2023 ein – und sagt, woher höhere Erträge kommen sollen.

Typisch für Alexander Noak, der Erste Beigeordnete der Stadt, ist es, dass er bei seinen Reden zum Haushalt einen Gegenstand verteilt. Einen, der sich wie ein roter Faden durch den verbalen Streifzug durch die finanzielle Situation der Stadt zieht. Dieses Mal, in der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstagabend, lagen auf den Tischen Taschenspiegel.

Seit dem Herbst 2015, das Jahr der ersten großen Flüchtlingswelle, sei die Stadt im Krisenbewältigungsmodus, stellt Alexander Noak fest. Er sagt auch: „Ein städtischer Haushalt ist immer ein Spiegelbild der aktuellen weltpolitischen Geschehnisse sowie bundes- und landesweiter Entscheidungen.“ Würden sich eine florierende Wirtschaft und stabile Handelsbeziehungen positiv auf die Finanzkraft und das Leben in der Stadt auswirken, so würden die Kommunen gleichermaßen unter den Folgen von Krieg, Pandemie und Klimaerwärmung leiden. „Eine der mit vielleicht größten Herausforderungen der Stadt in den nächsten Jahren wird die Stabilisierung der Finanzkraft und die nachhaltige Stärkung des Haushaltes“, beschreibt Alexander Noak die Lage vor Ort.

Auch 2023 stehen große Bauprojekte an

Die Stadt muss die Krisen bewältigen und die Beschlüsse der übergeordneten Behörden umsetzen, mehr Unterkünfte für Flüchtlinge schaffen, die Ganztagsbetreuung für Grundschüler ausbauen, steigende Unterhaltungs-, Projekt- und Personalkosten stemmen. Sie muss aber auch weitere bedarfsgerechte Infrastruktur bereitstellen, weil sie dynamisch wächst. Antworten auf die Frage, wie Korntal-Münchingen in der Zukunft aussieht, aussehen soll und was dafür nötig ist, wird das Stadtentwicklungskonzept liefern.

Gleichwohl sind bereits für 2023 konkrete, große Bauprojekte festgezurrt: der Neubau der Kita Korntal-West mit Wohnen für Ältere und Stadtwohnungen, der Neubau einer Multifunktionshalle in Münchingen sowie die dortige Neugestaltung des Ortskerns. Die Mobilitätsinfrastruktur am Korntaler Bahnhof wird ertüchtigt, die Musikschule sowie VHS werden barrierefrei gestaltet, eine Tier- und Naturkita entsteht.

Nachhaltige Finanzierung nicht möglich

Allein die Bauvorhaben kosten anno 2023 rund 8,7 Millionen Euro. Der Ergebnishaushalt – dort sind Erträge und Aufwendungen von 66 Millionen Euro eingestellt – weist laut Noak über die nächsten Jahre ein strukturelles Defizit aus. Im Planjahr 2023 steigt der Verlust auf rund 740 000 Euro. „Zumindest finanziert sich der Ergebnishaushalt zu diesem Zeitpunkt noch aus sich selbst heraus.“ Etwa durch Steuern wie die Gewerbesteuer. Die Stadtverwaltung plant „konservativ“ und rechnet mit Einnahmen von 13,5 Millionen Euro. Das vorläufige Jahresergebnis 2022 beträgt 14,6 Millionen Euro – 2,3 Millionen mehr als kalkuliert. Trotzdem: „Für eine nachhaltige Finanzierung wäre es nötig, dass die Stadt aus dem laufenden Betrieb zusätzlich die Mittel erwirtschaftet, die sie benötigt, um die Ausgaben des Investitionsprogramms mitzufinanzieren“, sagt Noak. Dies gelinge mit der aktuellen Finanzkraft nicht. Der Finanzhaushalt erreicht 2023 ein Volumen von 64,4 Millionen Euro.

Noak sagt weiter, die Kosten für die ersten Bauabschnitte können noch über Barvermögen finanziert werden. Von 2024 bis 2026 verschärfe sich die Lage aber deutlich, der jährliche Verlust wachse auf bis zu 2,9 Millionen Euro. Weil die Einnahmen des Ergebnishaushaltes dann zu gering seien, um die laufenden Ausgaben zu decken, müsse die Stadt an ihre Rücklagen. „Wir leben dann vom Ersparten“, sagt Alexander Noak. Die Finanzierung von Investitionsmaßnahmen erfolge nach den Prognosen von 2025 an nur noch über Fremdkapital. „Investiv stehen mittelfristig beeindruckende 70 Millionen Euro auf dem Plan“, sagt Noak und meint damit zusätzlich die Kosten für die Generalsanierung der Sporthalle Münchingen oder den innerstädtischen Anschluss an die B 10. Unterm Strich dürfte der Schuldenstand bis zum Jahr 2027 um 17 auf 21,6 Millionen Euro steigen. Jeder Bürger hätte damit rund 1000 Euro Schulden. Für Ende nächsten Jahres erwartet die Stadt 289 Euro pro Kopf.

Ansiedlung von mehr Gewerbe

Was tun? „Die Stadt braucht höhere Einnahmen“, sagt Alexander Noak. Allerdings seien höhere Steuern und Gebühren keine Option. Die Wirtschaft befinde sich in der Rezession, und auch den Bürgern sei in der derzeitigen Situation mit einer historisch hohen Inflation nicht noch mehr zuzumuten. „Die einzige Möglichkeit erkenne ich in der Ansiedlung neuer, leistungsstarker Gewerbebetriebe“, sagt der Erste Beigeordnete. Höchste Priorität hätten der regionale Gewerbeschwerpunkt nördlich von Müllerheim und die Erweiterung des Areals Nördlich Kornwestheimer Straße. Zugleich gelte es, das Potenzial im Bestand auszuschöpfen.

Alexander Noak betont, über Sparmaßnahmen und Reduzierungen allein werde Korntal-Münchingen keinen nachhaltigen Erfolg erzielen. Ein Fehler wäre es aus seiner Sicht, „unsere gemeinschaftsstärkenden Vereins-, Kultur- und Freizeitstrukturen so sehr zu beschneiden, dass nicht mehr als der schiere Verwaltungsapparat einer Stadt übrig bleibt“. Denn: „Ohne diese Angebote in unserer Stadt sähen wir beim Blick in den Spiegel doch sehr traurig aus.“