Der Kreis Böblingen will sparen – und sieht Möglichkeiten dazu beim ÖPNV. Foto: Eibner-Pressefoto/Edward Cheung

Der Böblinger Landrat Roland Bernhard hat seine Kreisrätinnen und -räte auf einen Perspektivwechsel eingeschworen. Die kommenden Jahre würden finanziell schwierig.

Deutlich weniger umfangreich als gewöhnlich war die Tagesordnung für die erste Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses des Böblinger Kreistags in der ersten Sitzung nach der Sommerpause. Nur drei Tagesordnungspunkte standen darauf. In der Vergangenheit waren 15 Punkte keine Seltenheit. Der Grund dafür: Es soll möglichst nichts mehr beschlossen werden, bevor es in den Haushalt eingestellt worden ist. Ein strenger Sparkurs könnte einiges treffen.

 

„Ich glaube, das macht keinen tieferen Sinn, dass wir jetzt einzelne Beratungspunkte zur Verbesserung des ÖPNV, des Verkehrs hier erörtern und dann nachher unter einen Haushaltsvorbehalt stellen müssen“, sagte Landrat Roland Bernhard (parteilos) den Kreisrätinnen und -räten. „Früher konnten wir uns das noch erlauben, jetzt sieht das anders aus.“

Landrat: Haushaltslage ganz schwierig

Die Kreisverwaltung wolle künftig das Thema Haushaltskonsolidierung in den Mittelpunkt rücken. Sicherlich noch bis einschließlich 2030, so seine persönliche Einschätzung, stehe der Kreis Böblingen vor einer „ganz, ganz schwierigen Haushaltslage“, sagte Bernhard. Darum der Appell, bei allen Projekten vorher zu schauen, ob sie finanzierbar sind.

Zwar sei der Kreis Böblingen nach wie vor einer der reichsten Kreise und habe damit eine „hohe Absprungkante“, aber auch die Fallhöhe sei in Baden-Württemberg am höchsten. „Es ist oft schwieriger, wenn man von einer hohen Steuerkraft möglicherweise schnell fällt.“

Gespräch mit Bund und Land suchen

Noch gehe es der Wirtschaft und auch der Steuerkraft im Kreis Böblingen gut, aber Themen wie die schwächelnde Automobilbranche und Zollpolitik beeinflussten zwangsweise auch den Kreis. „Das müssen wir sehr kritisch konstruktiv verfolgen und alles daran tun, dass unsere Wirtschafts- und Steuerkraft trotzdem hoch bleibt.

Ein besonders teurer Bereich sei der ÖPNV. Zwar sei man noch nicht in den Haushaltsverhandlungen, aber ein paar Zahlen stellte Bernhard dennoch vor. In der Zeit von 2015 bis 2025 seien allein die Zuschüsse des Landkreises für den Busverkehr um 145 Prozent gestiegen – von 4,49 Millionen auf 10,99 Millionen Euro im Jahr. Ähnlich sei es mit der Zweckverbandsumlage, bei der die Kosten im gleichen Zeitraum von 3,5 Millionen auf 12,6 Millionen Euro stiegen – 258 Prozent mehr. „Das kann so nicht weitergehen“, sagte der Landrat. Man könne jetzt aber auch nicht anfangen, alle ÖPNV-Angebote radikal zusammenstreichen. „Wir müssen gegenüber Bund und Land Tacheles reden.“

Schönbuchbahn braucht mehr Geld

Beim Land gehe es vor allem darum, dass der Betrieb der Schönbuchbahn „auskömmlich finanziert“ werde. Da liege die Aufgabenträgerschaft beim Land. Trotzdem, so Bernhard, bleibe dem Kreis ein Betriebskostendefizit von 15 Millionen Euro jährlich. Derzeit biete das Land eine Refinanzierung von zehn bis 15 Prozent der Kosten an. Bernhard hofft auf zwei Drittel. Ganz konkret will das Land dem Kreis im Jahr vier bis maximal fünf Euro pro auf der Schönbuchbahn gefahrenen Kilometer geben. „Wir haben aber Kosten von roundabout 30 Euro pro Kilometer“, so Bernhard. Man lasse derzeit rechtlich prüfen, ob eine Klage gegen diese Regelung Erfolgsaussichten hätte. Andererseits appellierte Bernhard an die Kreisrätinnen und -räte, ihre Verbindungen ins Landesparlament spielen zu lassen, um dort vielleicht ein Umdenken zu bewirken.