Led Zeppelin, absolute Lieblinge der SWR-1-Hörer Foto: promo

Eine Hitparade, wie in Stein gemeißelt: Beim Jubiläum der SWR-1-Hörercharts hat wie vor 25 Jahren „Stairway To Heaven“ gewonnen. Beim Finale in der ausverkauften Schleyerhalle gab’s am Freitagabend auch was Neues: Helene Fischer ist mit „Atemlos“ auf Platz vier die höchste Neueinsteigerin des Jahres

Stuttgart - Eine Hitparade, wie in Stein gemeißelt: Beim Jubiläum der SWR-1-Hörercharts hat wie vor 25 Jahren „Stairway To Heaven“ gewonnen. Beim Finale in der ausverkauften Schleyerhalle gab’s am Freitagabend auch was Neues: Helene Fischer ist mit „Atemlos“ auf Platz vier die höchste Neueinsteigerin des Jahres.

Können sich 205 000 täuschen? So viele Hörerinnen und Hörer haben, quer durchs Land, bei der 25. Ausgabe der SWR-1-Hitparade abgestimmt. Wenn sich der Kreis schließt, nach einem Vierteljahrhundert Led Zeppelin wie beim ersten Mal und auch zwischendurch fast immer gewinnt, wenn sich alles also abrundet, gehören runde Moderatoren unbedingt dazu.

„Oh, der ist aber aufgegangen“, bemerkte Bernd Vögelein, der bei unserer Verlosung den Eintritt fürs Finale mit Status Quo in der Schleyerhalle gewonnen hatte, als er Thomas Schmidt erspähte, einen seiner Radioheros. Zuletzt hatte er ihn vor 25 Jahren im Park der Villa Berg gesehen – zum Abschluss einer „Woche im Ausnahmezustand“. Schon beim Weltrekord der „Top 1000 X“, der längsten Hitparade, ging’s am Ende raus aus dem Studio. Da war Herr Schmidt 25 Jahre jünger. Kann ein Moderator ein dünner Hering sein, der bei seinen Hörern für Gemütlichkeit bekannt ist und sich stets mit „Bloß kein Stress“ verabschiedet? Natürlich nicht. Älterwerden – das ist die unerbittliche Natur. Doch es gibt einen Trick: Wenn wir auf die Idole unserer Jugend abfahren, sinkt das gefühlte Alter. Und darauf kommt es an: Man ist immer so alt, wie man sich anfühlt. Na gut, dieser Spruch ist so abgenudelt wie „Stairway To Heaven“.

Bernd Vögelein („ich bin so alt wie mein Jahrgang – 57“) war mal ein großer Fan des Led-Zeppelin-Klassikers, mit dem die Band angeblich bis heute 500 Millionen Dollar eingespielt hat. Doch für dieses Jahr hätte sich unser Gewinner was anderes gewünscht. Seit 25 Jahren ist für den Busfahrer die SWR-1-Chartswoche das Musikereignis des Jahres. Mit einem Kumpel hatte er 1989 in zwei Schichten die „Top 1000 X“ auf VHS-Kassetten im Longplay-Modus aufgenommen, acht Stunden pro Tape. Bei Doppelkopfabenden liefen die Bänder noch Jahre später. „Manchmal wurden wir erst bei den Nachrichten stutzig“, erzählt er.

Was seit vergangenen Montag im Programm von SWR 1 geschah, bezeichnete Intendant Peter Boudgoust, ein Genesis- und Beatles-Fan, als Gast in der Sendung als „Anarchie“. Wenn Hörer die Macht übernehmen, geht alle Formatierung flöten. Wer morgens das Radio eingeschaltet hat, wusste nicht, in welchem Programm er sich befand. Sind wir bei SWR 4, wenn Udo Jürgens mit „Und immer wieder geht die Sonne auf“ kommt? Aber nein, gleich darauf folgt ein Heavy-Metal-Titel. Das Formatradio, von Programmberatern als Quotenbringer angepriesen, hat ausgedudelt und muss für eine bunte, schöne Woche Platz machen für eine akustische Wundertüte.

So sehr die Wundertüte auf unteren Plätzen mit einem Durcheinander erfreut, so wenig überraschend ist die Spitze. „Bohemian Rhapsody“ von Queen, kam auf Platz zwei, gefolgt von Deep Purple mit „Child in Time“, den ewigen Dritten. Die erste Überraschung, die im Grunde auch keine ist, auf Platz vier: Schlagerstar Helene Fischer hat sich mit „Atemlos“ in ein Radioprogramm hochgelächelt, für dessen Hörer – meist zwischen 40 und 65 Jahre alt – die Schlagerwelt einst mal ein anderer Stern war und als Synonym für Spießertum galt. Zwei weitere deutsche Titel schafften es in die Top Ten: „Tage wie diese“ von den Toten Hosen auf Platz sieben und „Ein Hoch auf uns“ von Andreas Bourani auf Platz zehn. Queen, die Led Zeppelin im vergangenen Jahr den Spitzenplatz abgenommen haben, landeten zwar „nur“ auf der Zwei, dafür waren sie mit 26 Titeln die am häufigsten vertretene Band in der Hitparade, gefolgt von den Rolling Stones (25 Titel) und Abba (21 Titel).

Seit Freitag, 21 Uhr, ist die „Anarchie“, von der Intendant Boudgoust sprach, mit dem Abspielen von „Stairway To Heaven“ beendet. Was heißt hier Anarchie? SWR-1-Hitparade ist, wenn über 1000 Titel gespielt werden und am Ende Led Zeppelin gewinnt. Wie das möglich ist, ist mir ein Rätsel. Wen ich auch frage, alle reagieren auf „Stairway“ mit einem Gähnen. Das Lied beginnt ruhig und gipfelt in einem wilden Gitarrensolo. Ist es nicht das, wonach wir uns sehnen? Ein Leben zwischen Sanftheit und Ekstase? Es mag beruhigend sein, dass der Himmel voller Rockgitarren hängt. Aber nächstes Jahr brauchen wir ’ne neue Nummer eins. Obwohl es beim Schwelgen in alten Zeiten nicht auf den Platz ankommt.