Thilo Schramm hat den Gästen auf dem Waiblinger Marktplatz statt Wein ausnahmsweise mal Bier angeboten. Foto: Eva Herschmann

Thilo Schramm, Ortsvorsteher von Beinstein, macht beim Finale von „Waiblingen erfrischt“ selbst Weinliebhabern Bier schmackhaft.

Thilo Schramm ist schon seit einigen Jahren mit einer Mission im weinseligen Württemberg unterwegs. Der Ortsvorsteher von Beinstein ist leidenschaftlicher Bier-Genießer und ausgebildeter Biersommelier. Zum Finale von „Waiblingen erfrischt“ hat er am Freitag die Reihe der Winzer durchbrochen und den Gästen mit edlem Braustoff aus Birenbach das flüssige Gold mit Schaumkrone schmackhaft gemacht – musikalisch umrahmt mit Rockmusik von MFG, der Metzger Fuhrmann Group.

 

Der Bier-Connaisseur aus dem Beinsteiner Rathaus, der sich 2024 in zwei Wochen bei der Trumer Privatbrauerei in Obertrum nahe Salzburg die Qualifikation zum Biersommelier erarbeitet hat, wurde mit „Waiblingen erfrischt spielt verrückt“ angekündigt.

Biergenuss statt Weinkultur: Ein Ortsvorsteher mischt auf

So verrückt allerdings ist es in Deutschland, dem Land des Reinheitsgebots, nicht, das Gebräu aus Hopfen und Malz zu trinken. Die Hälfte der weltweit rund 12.000 Biersorten sind in Deutschland erhältlich und die allermeisten davon werden auch hier gebraut.

Thilo Schramm und die Macher von Eremita Braukunst aus Birenbach, Ola und Benjamin Wezel Foto: Julian Rettig

Doch Belgien, Tschechien, England und mittlerweile auch die USA sind die großen Biernationen, die durch Qualität, Innovation und sensationelle Geschmacksexplosionen zur Biervielfalt und zum Biergenuss auf höchstem Niveau beitragen. Ihre Bierkultur sei der deutschen weit überlegen, sagt Thilo Schramm.

Internationale Bierkultur überholt deutsche Vielfalt

Im Bierland Belgien, das er ebenso wie England und Schottland mit seinem Motorrad bereist hat, gebe es beispielsweise spezielle Bier-Cafés und jede „popelige Kneipe“ habe rund 15 verschiedene Biere auf der Getränkekarte. „Und in der gehobenen Gastronomie kann der Gast aus 200 Sorten wählen.“

„Ein Bier bitte“ ist ein in deutschen Kneipen – auch im Remstal – durchaus gängiger Spruch. Doch zumeist beschränkt sich das Angebot vor Ort auf Helles, Pils und Weizen – zum Bedauern von Schramm.

Craftbeer statt Einheitsgeschmack im Glas

„Mein großer Wunsch wäre es, dass Bier in der Gastronomie auf das Niveau von Wein angehoben wird.“ Immerhin gab es im nunmehr schon zwölften Jahr von „Waiblingen erfrischt“ zum ersten Mal eine Bier-Edition – und wer könnte besser dafür geeignet sein, als der Ortsvorsteher aus der Teilgemeinde der Stauferstadt, der längst auch als „Bierbaron“ bekannt ist.

Die Craftbeer-Bewegung sei seit ungefähr zehn Jahren in aller Munde, so Thilo Schramm. „Aber im Prinzip ist es nichts anderes, als ein handwerklich hergestelltes Bier im Gegensatz zum Industriebier.“

Jeder kleine Brauer mache also Craftbeer, weil er sein Bier noch selbst braut, erklärt Thilo Schramm, der bei der Verkostung von „kräftiger Würzung“, „hopfigem Schwänzchen“ oder „bitterem Abgang“ spricht. Und er schwärmt in blumigen Worten vom „fantastischen“ Rotbier namens „Solasta“: „Das ist die Karamellprinzessin mit rötlichen Reflexen vom Malz und gepaart mit roter Beere, die einen aber nur kurz toucht und dann weg ist.“

Schramm weiß auch, wie er Weinliebhaber zum Biertrinken bringt – mit Bieren, die mit Frucht spielen. Wie etwa „Frau Holle“, ein mit frischen Holunderblüten gebrautes Pale Ale mit einem „leichten Körper und Aromen von Pfirsich und Holunder“ oder „Triskel Saison“, einem spritzigen Aperitif-Bier mit Aromen von Nelke und Zitrusfrüchten.

Fruchtige Biere auch bei Feinschmeckern beliebt

Insgesamt sieben besondere Biere – vier aus dem Fass und drei aus der Flasche – hatten die Brauer von Eremita in Birenbach nach Waiblingen mitgebracht. Darunter auch das kaltgehopfte „Frida Pils“, das mit 36 ibu, was für „international bitter units“ steht, hinten raus „knackige Bitterkeit“ biete, so Thilo Schramm.

Und während sich in den Weinkellern die alkoholfreien Varianten lange schwer taten, mittlerweile aber zumindest bei einigen Erzeugern zu finden sind, gehört Bier ohne Umdrehungen schon längst zum Allgemeingut.

Auch in Waiblingen gab es eine alkoholfreie naturtrübe Variante von der Haderner Bio-Brauerei München, die Thilo Schramm dem Publikum als „süffig und voll“ vorstellte. Angesichts der vielen Geschmacksvariationen sei es doch längst überfällig, findet Thilo Schramm, dass das Genussmittel den gleichen Stellenwert in der Gastronomie bekomme wie Wein.„Heimskringla, ein Schwarzbier mit den kräftigen Aromen von Kaffee und Bitterschokolade, macht sich beispielsweise hervorragend zu einem Schokoladenkuchen oder Mousse au Chocolat.“