Der X-Faktor beim Sieg gegen Bayern München: Der Ludwigsburger Hans Brase (mit Ball) überrascht im Viertelfinal-Hinspiel mit 18 Punkten. Foto: Pressefoto Baumann

Im Basketball ist Englisch die Amtssprache. Doch es gibt Ausnahmen – siehe die MHP Riesen Ludwigsburg. Bei denen geht selbst der US-Coach mit gutem Beispiel voran.

München/Ludwigsburg - Vielleicht hat es ja diese ungewohnte Geisterspiel-Atmosphäre gebraucht, damit die MHP Riesen Ludwigsburg ihren Bayern-Fluch endlich besiegen. 13 Mal waren sie seit dem Bundesliga-Aufstieg der Münchner Basketballer im Audi Dome angetreten – 13 Mal hatten sie den Kürzeren gezogen.

Am Mittwochabend sah es lange so aus, als würde sich diese Serie im Viertelfinal-Hinspiel des Finalturniers um den Meistertitel fortsetzen, nachdem der Favorit zwischenzeitlich schon mit elf Punkten geführt hatte. Parallel dazu hatten die drei Musketiere der Ludwigsburger bis dahin einen schwachen Tag erwischt – doch im letzten Viertel drehte die Mannschaft nochmals auf, trotz einer hohen Foulbelastung. Angeführt von Thomas Wimbush (16) traf auch das Energiebündel Marcos Knight (17), lediglich Nick Weiler-Babb (7) fiel ein klein wenig ab aus diesem Trio. „Ich bin stolz, die Mannschaft hat eine super Moral gezeigt“, sagte Trainer John Patrick. „Es war ein sehr intensives Spiel. Ich glaube sogar, dass es eines der intensivsten Spiele war, die ich in meiner 20-jährigen Karriere gecoacht habe.“

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Der Trainer konnte sich dabei erneut auf seine zweite Garde verlassen, angeführt dieses Mal von Hans Brase, der 18 Punkte beisteuerte – sein persönlicher Rekordwert in der Bundesliga. „Ich habe ein paar offene Würfe bekommen“, sagte der 26-Jährige – und getroffen. Von wegen Söldnertruppe. In München haben bisher nicht nur die Youngster und Nachwuchs-Nationalspieler Ariel Hukporti (inzwischen wegen Schulprüfungen wieder zu Hause) oder Trainersohn-Talent Jacob Patrick die nationalen Farben vertreten, daneben steht auch ein Jonas Wohlfarth-Bottermann seinen Mann. Den 30-Jährigen hatte der Trainer in Abwesenheit des etatmäßigen Kapitäns Konstantin Konga vor dem Turnier (mit Marcos Knight) zum neuen Spielführer ernannt, um Verantwortung zu übernehmen. Gesagt, getan. Dem Center gelangen zum Beispiel gegen Bamberg 13 Punkte und sieben Rebounds. In der Ruhe liegt die Kraft des Hobby-Anglers, der immer mal wieder seine Familie besucht, die in Irland lebt.

Auch Brase fällt nicht unbedingt durch große Worte auf, gegen die Bayern ließ er lieber Taten sprechen. Aufgewachsen ist er in den USA, wohin seine Eltern ausgewandert waren. Aber auch dort war er schon im Blickfeld der deutschen Nachwuchs-Nationalteams. Und am Mittwoch war er der „X-Faktor“, so Patrick, ein Überraschungsmoment, das die Bayern (und vielleicht selbst die Riesen) nicht auf der Rechnung hatten. In der sogenannten Plus-Minus-Statistik wies Brase mit 17 Punkten die beste Bilanz auf.

Merke: Man spricht Deutsch bei den Riesen. Da geht selbst Coach Patrick mit gutem Beispiel voran, als einer der ganz wenigen US-Coaches in der Liga. Was mit seinen Prinzipien zu tun hat: „Wenn ich wo lebe, möchte ich auch die Sprache sprechen.“ Also beherrscht der polyglotte Coach inzwischen fünf, darunter auch Japanisch, seit er einige Zeit im Land der aufgehenden Sonne gespielt hat.

Vier Punkte Vorsprung sind nicht viel

Ob die Riesen in der nächsten Woche beim Finalturnier nach den Sternen sprich dem Titel greifen, entscheidet sich an diesem Freitag (16.30 Uhr) im Rückspiel, deshalb betont Patrick: „Es ist erst Halbzeit.“ In diesem typischen Play-off-Kampf zählt kein Schönheitspreis, sondern nur das Weiterkommen. „Am Freitag müssen wir den Job zu Ende bringen“, sagt der Coach. Dieses Ziel hat weiterhin auch der große Favorit: „Es ist eine einfache Rechnung, wir haben die Chance, mit mehr als vier Punkten zu gewinnen“, sagt Bayern-Geschäftsführer Marco Pesic.

Während in diesem Duell noch alles offen ist, steht der Gegner im Halbfinale praktisch fest: Ratiopharm Ulm, das sein Viertelfinale gegen die Skyliners Frankfurt mit satten 40 Punkten gewann. Ulms Routinier Per Günther sagt: „Das heißt aber nicht, dass wir ins zweite Spiel gehen und Joggen.“ Aber zumindest etwas lockerer, während Patrick bei nicht einmal 48 Stunden zwischen den Spielen betont: „Unser wichtigster Mann ist der Physio.“ Jan Braun – noch ein deutsches Element.