Am Mittwoch beginnt im Metropol die 17. Filmschau Ba-Wü - Gespräch mit Festivalleiter Mahn.

Stuttgart - Was die südwestdeutsche Filmszene alles kann, zeigt von Mittwoch an die Filmschau Baden-Württemberg, die sich vom Szenetreffen zum veritablen Festival gemausert hat. Ein Verdienst der Filmemacher, aber auch des Filmbüros unter Leitung von Oliver Mahn.

Herr Mahn, die Filmschau hat deutlich an Bedeutung und Professionalität gewonnen. Was waren für Sie die wichtigsten Lehren?

Dass man Kontinuität bei den Mitarbeitern braucht und eine Vernetzung in der Branche. Außerdem sind der Aufwand und das äußere Erscheinungsbild wichtig. Ich habe erlebt, dass viele Filmschaffende die Filmschau erst seit 2009 richtig wahr- und ernst nehmen, als wir das Festival dank des erhöhten Etats etwas aufpolieren konnten. Kurz gesagt: Geld ist nicht ganz unwichtig.

Was wäre für Sie der nächste logische Schritt?

Die Filmschau noch stärker zum Landesfilmfestival zu machen, das einen repräsentativen Querschnitt der Produktionen des Jahres zeigt. Dazu müssen die Hochschulen stärker eingebunden werden, damit Synergien entstehen, von denen alle Filmschaffenden profitieren. Da schmort mir noch jeder zu sehr im eigenen Saft. Dann müsste natürlich ein Etat her, der neben einem großartigen Festival auch Aktivitäten übers Jahr ermöglicht - und eine Vorbereitungsphase, die im Grunde gleich im Januar beginnt.

Der Dokumentarfilm scheint noch stärker vertreten zu sein als sonst.

Er hat hierzulande eine lange Tradition mit der Stuttgarter Schule, nicht umsonst sitzt hier das Haus des Dokumentarfilms. Die Zahl der guten Produktionen steigt, das Sichten ist ein reines Vergnügen. Unangenehm wird es bei der Auswahl, weil der Programmplatz viel zu beschränkt ist und wir so viele Filme ablehnen müssen. Glücklicherweise gibt der Dokville-Kongress dem Genre die verdiente Aufmerksamkeit.

Nach einer Fußball-Dokumentation mit VfB-Profis 2010 zeigen Sie nun einen Film über den Weltmeister-Trainer Conny Mittermeier mit Gästen wie Fritz Sdunek. Haben Sportler ein besseres Gespür für Öffentlichkeit?

Zumindest Spitzensportler sind aus meiner Sicht oft besser trainiert, sich öffentlich in Szene zu setzen, als mancher Filmemacher. Das ist schade, denn das Publikum mag ja auch immer gerne etwas Show. Das ist tatsächlich eine Weltpremiere und für den Samstagabend bestens geeignet.

Jürgen Prochnow kommt ohne Film für einen Wohltätigkeitspreis nach Stuttgart - wie wichtig ist Prominenz für ein Festival wie die Filmschau?

Jürgen Prochnow ist derzeit an zwei Produktionen im Land beteiligt, und die Würdigung eines Schauspielers dieses Kalibers ist für uns eine große Ehre. Für die Zuschauer gehört es zum Festivalerlebnis, dass sie dort Schauspieler treffen, die sie sonst nur aus Presse, Kino oder Fernsehen kennen. Große Namen wirken sehr motivierend aufs Publikum, das im Übrigen auch den größten Teil der bei uns laufenden Filme sonst nicht sehen könnte, besonders die Kurzfilme, für die es leider zu wenig Foren gibt. Ich erlebe immer wieder, wie begeistert Leute sind, die nur zufällig mal reingeschaut haben.

"Und wenn wir alle zusammenziehen?" ist ein Film mit Jane Fonda und Geraldine Chaplin in Hauptrollen. Was müsste passieren, damit solche Leute zur Filmschau kommen?

Frühzeitige Planung spielt eine große Rolle, solche Stars haben volle Terminkalender. Der zweite Punkt ist die Außenwirkung, das Medien- und Publikumsinteresse, was wieder am Etat hängt. Auch die Anreise und Unterbringung der Stars selbst kosten viel Geld. Wir haben schon Schauspieler nicht angefragt aus Sorge, die entstehenden Kosten nicht zahlen zu können. Schlussendlich müssen Produzenten und Verleiher davon überzeugt sein, dass es sich lohnt, ihren Film in Stuttgart groß zu präsentieren.

Der SWR präsentiert "Fuchs und Gans", seinen Beitrag zur ARD-Vorabendserie "Heiter bis tödlich". Sie wird in den Kulissen in Bad Urach gedreht, in denen der Filmakademie-Absolvent Frieder Scheiffele die Mundart-Bäckerserie "Laible und Frisch" produziert hat. Der Sender hat die Zusammenarbeit mit ihm trotz guter Quoten beendet. Das kann der Politik nicht gefallen, die ja findige Produzenten hier halten möchte. Muss so etwas auf einer Landesfilmschau diskutiert werden?

Zunächst tut mir das für Frieder Scheiffele natürlich sehr leid, ich erinnere mich noch, wie wir seine Pilotfolge auf der Filmschau gezeigt und ihm die Daumen gedrückt haben. Die Filmschaffenden diskutieren natürlich über solche Dinge, die Entscheidung, den Vorabend künftig mit augenzwinkernden Krimis zu füllen, fiel meines Wissens bei der ARD. Aber jeder ist eingeladen, am 1. Dezember um 18.30 Uhr im Metropolkino Fragen zu diesem neuen Projekt zu stellen.

Beim parallel stattfindenden Jugendfilmpreis waren zuletzt erstaunlich gewitzte Produktionen zu sehen - was erwartet uns diesmal?

Die Wettbewerbsfilme kann ich allen - vor allem Erwachsenen - nur empfehlen, einen aufschlussreicheren Blick in Jugendzimmer und die Köpfe von deren Bewohnern gibt es nicht. Jugendliche wollen immer großes Kino machen, was ihnen oft auch gelingt, dabei sind sie ganz unverkrampft und lassen ihrer Fantasie freien Lauf. Bei Workshops rund ums Thema Filmproduktion versuchen wir Impulse zu geben für weitere Produktionen und für die Berufswahl.

Das Filmbüro sitzt noch im Stuttgarter Filmhaus. Zum Jahresende soll dort Schluss sein, obwohl der Mietvertrag noch ein Jahr läuft. Haben Sie schon ein neues Quartier?

Die Stadt hat uns eine Gnadenfrist bis Jahresende eingeräumt. Falls es weitergeht, was ich hoffe, bleiben wir natürlich, solange es möglich ist. Das Filmhaus ist aus meiner Sicht prima; leider haben sich die Mitglieder des Vereins für ein neues Kommunales Kino mehrheitlich für eine andere Lösung ausgesprochen. Hier ist alles noch an seinem Ort, die Projektoren wären schnell wieder aufgestellt, und der Filmwinter 2011 wie auch der Jugendfilmpreis vor einem Jahr haben gezeigt, dass man dieses Haus gut bespielen kann.

Die Stadt sieht die institutionelle Förderung eines neuen Kommunalen Kinos skeptisch und schlägt punktuelle Projektförderung vor. Kann das funktionieren?

Der Ansatz ist, eine solide Finanzierung zu schaffen, die nicht alle zwei Jahre wieder infrage steht. Das Filmbüro weiß aus leidiger Erfahrung, wie schwierig es ist, gute Mitarbeiter an etwas zu binden, das vielleicht ein Jahr später nicht mehr gefördert wird.