Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Vor 58 Jahren wurde im Gloria-Kino die Weltpremiere von Fritz Langs „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ gefeiert. Nun hat Dodokay ebendort seine schwäbische Version des Klassikers vorgeführt.

Stuttgart - Normalerweise muss man schon dankbar sein, wenn es eine Deutschlandpremiere in Stuttgart gibt, bei den Musicals etwa. Aber eine Weltpremiere? Das gelingt wohl nur mit Schwabenstreichen wie „Die Kirche bleibt im Dorf“, „Laible und Frisch: Da goht dr Doig“ oder eben jetzt „Die 1000 Glotzböbbel vom Dr. Mabuse“ – bevor der Film dann in New York, Rio, Tokio läuft. Oder zumindest in Balingen, Biberach, Burladingen. Doch wir wollen das Licht nicht unter den Scheffel stellen: Dodokays neues Werk startet auch in Berlin, wo angeblich mehr Schwaben zu Hause sind als in Dominik Kuhns Homebase Reutlingen.

Als Dodokay hat er es mit der schwäbischen Synchronisation von Ausschnitten aus „Star Wars“ oder „24“ zu Ruhm gebracht und seitdem fleißig weiter an seiner „Welt auf schwäbisch“ gebastelt. Nun also hatte sein Remix von „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ nach einigen Previews, Uraufführungen und wie immer das verkauft wurde seine „Weltpremiere“ in Stuttgart. Genau an dem Ort, wo am 14. September 1960 das Original in Anwesenheit von Regisseur Fritz Lang und Produzent Artur Brauner erstmals der Weltöffentlichkeit gezeigt worden war. Seitdem ist viel Wasser den Nesenbach runtergeflossen und die Sehgewohnheiten haben sich stark verändert. Einige Längen des Lang-Films, der nicht gerade als eines seiner Meisterwerke wie „Metropolis“ oder „M – Eine Stadt sucht einen Mörder sucht“ gilt, kann auch Kuhn nicht überspielen. Aber er hat viel unfreiwillige Komik in voller Absicht verwandelt – und so kommt erstaunlich mehr von dem raus, was im Film der schwäbische Fabrikant Hartmut Österle vor seinem unfreiwilligen Ableben herstellte: Hirnsuppe.

Kollegen und Medienmacher sind zufrieden

Ob solche Grasdackel-Gags auch 90 Minuten am Stück zünden – da waren viele skeptisch. Während der Vorstellung gab es gut verteilte Lacher, danach Erleichterung nicht nur bei Dodokay, der zwischen zwei gut besuchten Sälen – macht zusammen sogar mehr als 1000 Glotzböbbel! – hin- und herspringen und sich danach durchgeschwitzt für die Premierenfeier umziehen musste. Carl Bergengruen sah die „wunderbare Übersetzung eines Klassikers“, aber okay: Die Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg, deren Geschäftsführer er ist, hat den Verleih auch gefördert. Der SWR-Marketingleiter Christoph Mohr zeigte sich positiv überrascht, obwohl sein Sender in der Produktion nicht mit drinsteckt: von der Idee, die 90 Minuten trage und auch Zeit zum Durchschnaufen lasse. Und Thomas Fröschle alias Topas habe Tränen gelacht, wenn er sich an den Ostalbhintergrund seiner Familie erinnert fühlte.

Schwerer tat sich Marcel Mann: „Selten war ein Nachname ein so leeres Versprechen“, wie er sich ankündigte. Der Exil-Schwabe aus Berlin hatte die undankbare Aufgabe, vor dem verspäteten Beginn mit Stand-up-Comedy die Stimmung anzukurbeln. Anstatt sich von ihm Glotzböbbelbrillen auf die Nase aufschwätzen zu lassen, wollten die Leute halt lieber den Film sehen. Selbstläufer hingegen waren als stumme Fotomotive das Äffle und Pferdle, die immer noch eine Riesenfangemeinde haben. Mehr als 200 000 seien es auf Facebook, wie ihre Stimmen Heiko Volz und Volker Lang stolz berichteten. Dabei sollte man doch diesem Netz der 1000 Augen stets misstrauen, so die Botschaft des Dodokay-Films, in dem ein gewisser Mark Sackerberg mit „Fleissbook“ und „Internetabfangeinrichtung“ eine dubiose Rolle spielt. Und dass Äffle und Pferdle nebenbei Geld mit Werbung für schwäbischen Sprudel verdienen – wer kann’s ihnen verdenken? Schließlich muss der Laden ja irgendwie laufen und taucht auch ein „fließend schwäbisches“ Bier von hinten durch die Brust in 1000 Glotzböbbel auf.

Auch OB Fritz Kuhn will den Film sehen

Das wurde dann auf der Premierenfeier in Carls Brauhaus fröhlich eingeschenkt, und dem ebenfalls sehr schwäbischen MC Bruddaal gelang es am DJ-Pult tatsächlich, die Leute zum Tanzen zu bringen, als auf der anderen Seite des Schlossplatzes schon die Läden runtergemacht wurden. Am Vorabend auf dem Weindorf hatte Fritz Kuhn, der weder verwandt noch verschwägert mit Dominik Kuhn ist, gesagt, dass er eine freundschaftliche Beziehung zu Dodokay habe. Der hatte ihn einst in seiner Synchronisation von Bundestagsdebatten vorgeführt und später beim Auftritt in der Porsche-Arena als Luftorgelspieler auf die Bühne geholt. Der OB revanchierte sich mit einer Einladung zu seinem 60. Geburtstag im Rathaus – und wolle sich natürlich auch die 1000 Glotzböbbel anschauen. Er schätze diese Art von komischer Dialektpflege, sagte er uns, weil es auf gut Schwäbisch so schöne Eigenheiten gebe. Halbdackel zum Beispiel. „Das ist durch die Verkleinerung das viel größere Schimpfwort.“

Wenn es der eine Kuhn ins Kino schafft, wird der andere Kuhn wohl schon auf Ibiza sein. Er macht dort Urlaub mit Laptop. Schließlich steht am 23. Oktober mit seiner Comedyshow „Genau mein Ding!“ die nächste Weltpremiere an: in Hechingen, wo auch die allererste Weltpremiere von „Die 1000 Glotzböbbel vom Dr. Mabuse“ war.