Carl Laemmle aus Laupheim hat in den USA das Kino, den Filmverleih und die Filmproduktion von Grund auf verändert. Foto: Museum Schloss Laupheim

Der deutsch-jüdische Einwanderer Carl Laemmle war ein gemachter Mann in den USA, als er 1906 das junge Kinogeschäft entdeckte. Er verlagerte die Filmproduktion aus New York ins damals völlig unbekannte Hollywood. Das Haus der Geschichte ehrt den Mann, dessen Andenken die Nazis löschen wollten.

Stuttgart - Ein Schwabe schafft, spart, tüftelt. Das Träumen, das Amüsieren, die nichtigen Freuden überlässt er anderen. So lautet das gängige Klischee vom schaffigen Süddeutschen. Doch wenn es nun unter all den schwäbischen Unternehmerhelden einen gegeben hätte, der solide Geschäfte und die Träume der Millionen zusammengebracht, der obendrein die kniffligste Pfennigfuchserei mit den glückenden Würfen des begnadeten Risikozockers verbunden hätte – dieser Schwabe müsste doch wirklich jedem Kind bekannt sein, oder?

 

Aber es gab so einen Schwaben, Carl Laemmle aus Laupheim, geboren 1867, der in die USA auswanderte, dort der jungen, chaotischen Filmindustrie die Organisation eines profitablen Geschäfts vorexerzierte und danach nicht nur das bis heute bestehende Großstudio Universal, sondern gleich die Traumfabrik Hollywood aus dem Boden gestampft hat. Und er ist keinesfalls jedermann bekannt. Jetzt erst gibt es in der Landeshauptstadt eine große Würdigung des Lebenswerks dieses Pioniers der Medienindustrie: Von 9. Dezember an bis Ende Juni 2017 zeigt das Haus der Geschichte die Ausstellung „Carl Laemmle presents: Ein jüdischer Schwabe erfindet Hollywood“.

Das Glück in der Neuen Welt

Schon zuvor feiert die am 30. November startende 22. Filmschau Baden-Württemberg Laemmle sowie einen weiteren Schwaben in Hollywood, den in Stuttgart geborenen Filmregisseur Paul Leni (1885–1929). Am Freitag, dem 2. Dezember, um 22 Uhr läuft im Metropol Tod Brownings „Dracula“ aus dem Jahr 1931 mit Bela Lugosi in der Titelrolle, einer der Gruselklassiker der Universal. Und am Tag darauf wird um 20 Uhr im Rahmen einer Carl-Laemmle-Gala die restaurierte Kopie von Paul Lenis Stummfilmklassiker „The Last Warning“ aus dem Jahr 1929 gezeigt.

Der Untertitel der Ausstellung verrät, warum Laemmle den Laupheimern und anderen Deutschen nachhaltig aus dem Sinn geraten war: Er war Jude. Wobei das bei seiner Auswanderung keine treibende Rolle gespielt haben muss, wie sein wichtigster Biograf Udo Bayer in „Carl Laemmle und die Universal“ (Königshausen & Neumann) nachvollziehbar darlegt. Als Carl Laemmle 1884 via Bremerhaven in die USA aufbrach, suchten viele Deutsche aller Konfessionen ihr Glück in dieser Neuen Welt.

Die Entdeckung des Kinos

Zunächst verlief Laemmles Existenzgründung achtbar, aber unspektakulär: Er brachte es vom Zeitungsausträger zum Geschäftsführer der Continental Clothing Company in Oshkosh, Wisconsin. Im Alter von 39 Jahren aber wurde er von einer großen Unruhe befallen, vom Gedanken, wer mit vierzig nicht selbstständig sei, werde das wohl nimmermehr schaffen. Und so suchte er in Chicago nach geeigneten Räumlichkeiten, um ein kleines Kaufhaus mit Billigartikeln zu eröffnen. Was dann passierte, hat er im Detail unterschiedlich, im Kern immer gleich erzählt: Ihm kam bei der Suche nach einem Leerstand die frühe Form des Kinos, Flackerfilme in einem ehemaligen Ladengeschäft, zufällig in die Quere.