Dima (Stellan Skarsgård, vorne) zweifelt, ob Perry (Ewan McGregor) ihn retten kann. Foto: Studiocanal

Ein freundlicher Brite (Ewan McGregor) wird von einem Mitglied der Russenmafia (Stellan Skarsgård) umgarnt und genötigt: der Gangster braucht einen Kontaktmann zu den Behörden. Diese Verfilmung eines Romans von John Le Carré hat gute Charaktere. Aber es fehlt ihr auch etwas.

Stuttgart - Dima ist ein Typ, dem man gerne ausweichen möchte. Alles an seiner selbstbewussten, noch im jovialsten Satz drohenden Art schreit „Russenmafia“. Dima (Stellan Skarsgård) ist gerade darum ein Mann, dem man schlecht etwas abschlagen kann. Als er in „Verräter wie wir“ den britischen Akademiker Perry (Ewan McGregor) bittet, sich in einer marokkanischen Bar zu ihm und seinen Freunden zu setzen, wirkt das also wie eine peinsame Zwangssituation.

Aber der Autor der Vorlage, John Le Carré, der Großmeister des Spionageromans, arbeitet nicht mit so simplen Daumenschrauben. Perry ist fasziniert von diesem Mann. Und Dima, der Zahlenexperte einer Organisation, deren neuer Boss archaische Brutalität mit modernen Finanzmarktstrategien kombiniert, hat ein dringliches Anliegen. Er will die Bande verlassen, will mit seinem brisanten Wissen vom britischen Geheimdienst Sicherheit für sich und seine Familie kaufen. Dafür braucht er einen Kontaktmann, den die Mafiaaufpasser nicht verdächtigen.

Plötzlich mitten im Konflikt

„Verräter wie wir“, inszeniert von Susanna White („Nanny McPhee“), ist nach „Dame, König, As, Spion“(2011) von Tomas Alfredson und „A most wanted Man“ (2014) von Anton Corbijn bereits die dritte Le-Carré-Adaption innerhalb von fünf Jahren. Der Brite, der im Kalten Krieg einst selbst als Spion gedient hat, thematisiert Roman um Roman die neuen Konflikte zwischen dem Westen und dem Rest der Welt. Er tut das politisch hellsichtig, hebt die Stoffe aber stets auf die sehr persönliche Ebene. Jeder kann nun jederzeit in die Konflikte aus den Spitzenthemen der Nachrichten verwickelt werden – und in Konflikte, die es gar nicht erst in die Nachrichten schaffen.

Wird einer moralisch korrupt, wenn er einem Verbrecher gegen andere Verbrecher hilft? Ist er aus höheren Gründen gar zur Hilfe verpflichtet? Das sind die hehren Fragen, die dieser Film verhandeln kann. Es gibt aber auch praktische. Wie trifft man sich wiederholt mit einem Mann, der argwöhnisch überwacht wird? Vor allem, wenn man in dessen Milieu auffällt wie ein Damenfahrrad vor dem Rocker-Clubheim? Färbt ein brutales Milieu auf den ab, der sich in ihm konspirativ bewegt? Und wie stellt man sicher, dass die Profilügner eines Geheimdienstes Wort halten?

Unnötig vornehm

All das ist viel zu interessant, die Schauspieler sind zu gut, als dass „Verräter wie wir“ je ganz fade werden könnte. Aber White inszeniert anfangs mit einer gewissen gespreizten, unnötigen Vornehmheit, als wolle sie vermitteln, keineswegs nur ein Genrestück zu liefern. Das kommt eher pikiert als besonders tiefschürfend daher. In typischen Genreszenen fehlt ihr dafür der rechte Biss. Von allen Le-Carré-Verfilmungen ist dies die blasseste, auch die TV-Serie „The Night Manager“ ist klüger und packender. Vom Buch ganz zu schweigen.

Verräter wie wir. Großbritannien 2015. Regie: Susanna White. Mit Ewan McGregor, Stellan Skarsgård, Naomie Harris. 108 Minuten. Ab 16 Jahren.