Begehrt und verachtet: Marokkanische Huren in „Much Loved“ Foto: Verleih

Die Ware Frau und die Doppelmoral des Islam – das ist das Thema des marokkanisch-französischen Regisseurs Nabil Ayouch, dessen sehr sinnlicher Film nach der Premiere in Cannes in seiner Heimat prompt auf den Index kam.

Brigitte Jähnigen

Marrakesch - In Marrakesch (übersetzt: „Land Gottes“) sagt die traditionelle Moral, Männer dürfen sich heimlich amüsieren, Frauen müssen sich fügen. Noha, Randa, Soukina und Hlima sind Prostituierte. Aufreizend frech strecken sie ihre Körperteile Freiern entgegen, die sie mit Geldscheinen garnieren. Sex ist ein Geschäft, mit dem die Frauen ihr Leben und das ihrer Familien finanzieren. Demütigungen sind inklusive. Die Ware Frau und die Doppelmoral des Islam – das ist das Thema des marokkanisch-französischen Regisseurs Nabil Ayouch, dessen sehr sinnlicher Film nach der Premiere in Cannes in seiner Heimat prompt auf den Index kam.

Der Regisseur legt in opulenten und quälenden Bildern den Finger in die Wunde: Wenn sich Sinnlichkeit nicht ausleben lässt, greift Gewalt. In Bordelle mit berauschend schöner Musik beobachtet die Handkamera (Amine Messadi) Menschen in all ihrer Enthemmtheit, mit all ihren versteckten Sehnsüchten. Das Frauen-Quartett hat Ayouch mit Laien besetzt, mit orientalischer Ausdruckskraft stürmen sie die Leinwand.

Doppelmoral erleben die Protagonistinnen auch in der eigenen Familie. Der Nachbarn wegen verwehrt Randas Mutter ihrer Tochter den Zutritt ins Haus; Randas Geld wird sie weiter nehmen. Was den Frauen bleibt, ist gegenseitige Geborgenheit. Auch in ihren Träume steckt Energie: „Ich sehe eine ferne Insel, auf der wir leben und auf der wir alle ehrbare Frauen sind“, sagt Randa.