Johnny Depp (li.) als Ludwig XV. und Maïwenn als seine Mätresse Foto: dpa/Stephanie Branchu

Das Historiendrama „Jeanne du Barry“ mit Johnny Depp in der männlichen Hauptrolle hat die Filmfestspiele in Cannes eröffnet – und gleich viel Gesprächsstoff geliefert. Die Debatte dreht sich um Missbrauch und Sexismus in der Filmbranche.

Mit der Weltpremiere des außer Konkurrenz laufenden „Jeanne du Barry“ wurden am Dienstagabend die 76. Internationalen Filmfestspiele in Cannes eröffnet, und gemessen daran, dass es sich dabei um einen recht klassischen Kostümfilm handelt, erzeugte diese Wahl zum Auftakt ungewöhnlich viel Gesprächsstoff.

In der Vergangenheit schien das Festival selten besonders darum bemüht, Filmemacherinnen zu fördern. So gut es dem Filmfest nun zu Gesicht steht, dass mit der Französin Maïwenn eine Frau für den Eröffnungsfilm verantwortlich zeichnet, so sehr stießen sich einige schon im Vorfeld an ihrem neuen Werk. Die männliche Hauptrolle spielt Johnny Depp, der zwar im vergangenen Jahr in den USA von einem Gericht freigesprochen wurde, was die Vorwürfe häuslicher Gewalt seitens seiner Ex-Ehefrau anging. Sein Ruf ist aber mindestens in Hollywood trotzdem derart angeschlagen, dass die Rollen für ihn dort zuletzt eher nicht auf der Straße lagen.

„Kein Festival der Vergewaltiger“

Mit Kontroversen und Skandalen kennt allerdings auch Maïwenn sich aus. Auf ihren früheren Ehemann Luc Besson, der zuletzt mehrfach der Vergewaltigung und sexueller Gewalt bezichtigt wurde, lässt sie bis heute nichts kommen. Darüber hinaus wurde sie selbst erst vor einigen Wochen von einem Journalisten angezeigt, den sie in einem Restaurant tätlich angegangen und bespuckt haben soll. Dass obendrein die Schauspielerin Adèle Haenel in einem offenen Brief der französischen Filmbranche wie dem Festival vorwarf, Missbrauch und Sexismus zu decken, befeuerte die Aufregung zusätzlich. Und führte dazu, dass der künstlerische Leiter Thierry Frémaux sich am Montag zu der Aussage genötigt sah, Cannes sei kein Festival der Vergewaltiger.

Mühlen der Monarchie

Aus filmischer Sicht entpuppte sich „Jeanne du Barry“ dann als nicht annähernd so spektakulär. Maïwenn, die selbst die Titelrolle spielt, widmet sich jener Lieblingsmätresse von Ludwig XV., der sich auch schon Ernst Lubitsch, Cole Porter und japanische Mangas angenommen haben.

Bei ihr ist Jeanne eine unangepasste, selbstbewusste und kluge Frau, die gegen die starren Regeln bei Hofe rebelliert und ihrer Zeit weit voraus ist, aber am Ende trotz der aufrichtigen Liebe zwischen ihr und dem König (Depp in seiner ersten französischsprachigen Rolle) nicht gegen die Mühlen der Monarchie bestehen kann. Anders als die Protagonistin kommt das visuell prächtig umgesetzte Historiendrama dann aber doch eher konventionell und auch ein bisschen flach daher.