Besucher genießen eine Filmvorführung auf der Piazza Grande während des 74. Internationalen Filmfestivals in Locarno. Foto: dpa/Urs Flueeler

Die Jurys des Filmfestivals Locarno haben überwiegend den Erwartungen des Publikums entsprochen. Die deutsche Co-Produktion „Die Rache ist mein, alle anderen zahlen bar“ gewinnt den Hauptpreis. Eine Ehrung geht auch an die deutsche Schauspielerin Saskia Rosendahl.

Locarno - Zum Finale des 74. Internationalen Filmfestivals in Locarno hat der Spielfilm „Die Rache ist mein, alle anderen zahlen bar“ des indonesischen Regisseurs Edwin den Goldenen Leoparden gewonnen. Das von deutschen Produzenten mitfinanzierte Historiendrama fesselt mit künstlerischer Originalität und einer gedankenreichen Spiegelung der Historie Indonesiens sowie spannenden Fragen der Geschlechtergerechtigkeit.

Wie beim Hauptpreis haben die Jurys überwiegend Filme und Einzelleistungen gewürdigt, die Publikumswirksamkeit und Anspruch klug miteinander verbinden. So gewann im Nachwuchs-Wettbewerb „Cineasti del presente“ („Filmemacher der Gegenwart“) Saskia Rosendahl („Fabian oder der Gang vor die Hunde“) die Auszeichnung als beste Schauspielerin. Sie verkörpert in der sensiblen Romanverfilmung „Niemand ist bei den Kälbern“ der deutsch-iranischen Autorin und Regisseurin Sabrina Sarabi eine junge Frau, die mit dem Leben auf dem Lande hadert.

Erfolg für „Zeros and Ones“

Einen weiteren Erfolg konnten Produzenten aus Deutschland mit der internationalen Gemeinschaftsproduktion „Zeros and Ones“ verbuchen. Hollywood-Legende Abel Ferrara („Bad Lieutenant“) bekam die Auszeichnung als bester Regisseur, auch wenn dieser Polit-Thriller mit Ethan Hawke („Boyhood“) in der Hauptrolle von Publikum und Kritik in Locarno wegen seiner verklausulierten Erzählweise sehr kontrovers aufgenommenen wurde.

Einhelligere Zustimmung fand die Vergabe des Spezialpreises der Jury des Hauptwettbewerbs an das Historiengemälde „A New Old Play“ des chinesischen Regisseurs Qiu Jiongjiong. Der bisher als bildender Künstler und Dokumentarfilmer bekannte Qiu Jiongjiong gibt damit sein Debüt als Spielfilm-Regisseur. Er überrascht mit einer fast magischen Poesie, indem er keine realistischen Bilder anbietet, sondern ausschließlich Szenen in Theaterkulissen.

Russische Newcomerin als beste Schauspielerin geehrt

Als beste Schauspielerin im 17 Filme umfassenden Hauptwettbewerb wurde die russische Newcomerin Anastasiya Krasovskaya in der deftigen Milieustudie „Gerda“ von Regisseurin Natalya Kudryashova (Russland) ausgezeichnet. Auch dies ein Preis, der viel Zustimmung findet. Ebenso die Ehrung von Mohamed Mellali und Valero Escolar in der pointenreichen Arbeiter-Komödie „Sis dies corrents“ („The Odd-Job Men“) der spanischen Filmregisseurin Neus Ballús („Die Plage“).

Alle Gewinnerinnen und Gewinner der Preise sollen am Samstagabend in einer Gala auf der Piazza Grande des malerischen Urlaubsortes am Schweizer Ufer des Lago Maggiore dem Publikum vorgestellt werden. Die Gala darf auch als Würdigung der Leistung des neuen künstlerischen Direktors Giona A. Nazzaro gewertet werden.

Dem italienischen Filmkritiker ist es trotz der durch die Pandemie erschwerten Bedingungen mit seiner ersten Ausgabe des Festivals in Locarno gelungen, nicht nur ausgewiesene Filmkunstfreunde, sondern ein großes Publikum anzusprechen. Und er hat deutlich gezeigt: Wie gut digitale Angebote auch sein mögen – sie können das wirkliche Kinoerlebnis nicht ersetzen.