Am Set bringen die Kinder die Tonangel selbst in den Einsatz. Foto: Leonie Thum

Im Kinder- und Jugendhaus Vaihingen drehen Studenten die Serie „My Hostel“. In einer Mittagspause durften Kinder ans Set und die hatten natürlich jede Menge Fragen.

Vaihingen - Vor einem Fernsehbildschirm inmitten eines Hostel-Gemeinschaftsraumes stehen drei Mädchen. Sie beobachten kichernd den blonden Jungen im Fernsehen, der eine Filmklappe ins Bild hält und sie zuknallen lässt. „Wer will als Nächstes?“, fragt eine junge Frau die begeisterten Kinder. Fingerschnipsende Hände gehen in die Luft, alle wollen die Filmklappe. Und da spaziert wie selbstverständlich der Blondschopf aus dem Fernsehen zur Tür herein. Er war die ganze Zeit im Nebenraum, wo eine große Kamera aufgebaut ist. Das Bild der Kamera wird mit einem Kabel auf den Fernsehbildschirm übertragen. Schon verschwindet das nächste Kind durch die Tür nach nebenan, um „auch mal im Fernsehen zu sein“.

Die Szene spielt sich an einem Film-Set ab, das in der vergangenen Woche von Studenten im Jugendhaus Vaihingen aufgebaut wurde. Momentan sind die Dreharbeiten voll im Gange – und das, während im Rest des Jugendhauses ganz normaler Betrieb herrscht. Innerhalb einer Woche soll die erste Folge einer Serie namens „My Hostel“ entstehen, die in einem Hostel spielt und sich um das Thema Reisen dreht. „Ich wurde von Masterstudenten der Hochschule der Medien angerufen, weil sie auf der Suche nach Räumlichkeiten waren und fand die Idee mit dem Hostel von Anfang an charmant“, sagt Klaus Hausch, der Leiter des Jugendhauses. Damit auch die Kinder etwas davon haben, findet gerade eine kleine Führung für eine Handvoll Zweit- und Drittklässler statt, die dort normalerweise zu Mittag essen.

„Der Bildschirm steht hier, damit wir sehen, was im Nebenraum gefilmt wird“, erklärt Samira Wolf den Kindern. Sie ist die Produzentin und stellt den jungen Zuschauern das Team vor. Dazu gehören Beleuchter, ein Kameramann, Assistenten für die Technik, Tonmänner, Setdesigner, aber auch die Maske, Kostüm, Catering und selbstverständlich die Schauspieler. „Wie viele Schauspieler machen bei euch mit?“, fragt eines der Kinder nach. „Professionelle Schauspieler haben wir acht“, lautet Wolfs Antwort, „aber dazu kommen noch viele Komparsen, die kleine Nebenrollen übernehmen.“ Da könnten schon mal fünfzehn Leute am Set sein. „Und wie lange dauert es, eine Serie zu machen?“, fragt bereits das nächste neugierige Kind. „Da steckt natürlich sehr viel dahinter, das können viele Monate oder auch Jahre Vorbereitung sein“, antwortet Wolf .

Die Kinder erkennen das Jugendhaus nicht wieder

Die Studenten drehen die Pilotfolge ihrer Serie an sechs Tagen ab. Bei einer Länge von 22 Minuten macht das zwischen drei und vier Minuten am Tag – ein hartes Pensum, findet der Regisseur Jonathan Behr. „So viel in kurzer Zeit abzudrehen, ist schon eine Herausforderung“, sagt der 27-Jährige, der ab dem Wintersemester Regie an der Filmakademie in Ludwigsburg studieren wird. Doch bisher laufe alles gut. „Die Chemie zwischen den Schauspielern stimmt einfach und es macht großen Spaß, da zuzuschauen“, sagt er. Eine Herausforderung sei es gewesen, das Gefühl eines Hostels in den Räumen zu erschaffen.In den Augen der Kinder haben sie das geschafft, denn die erkennen ihr Jugendhaus nicht wieder. An den Wänden hängen große gemusterte Tücher, der Boden ist bedeckt von bunten Teppichen und einem Schaffell. Auch viele Fotos von lachenden jungen Menschen sind überall aufgehängt, zwischendrin prangt ein Surfboard an der Wand. Eine aus Paletten gezimmerte Theke ist das Herzstück des Raumes. Man fühlt sich nicht, als ob hier etwas aufgebaut wurde, sondern als ob dieser Ort genau so echt ist. „Die Studenten haben eine Woche vor Drehbeginn angefangen, die Räume zu gestalten und Kulissen zu bauen“, sagt Hausch. „Viele, die die Kulissen oben gesehen haben, meinten: Das können wir eigentlich gleich so lassen.“

Dabei müssen die Studenten mit wenig Geld auskommen, denn insgesamt stehen ihnen für das Projekt nur 3000 Euro zur Verfügung. Davon kam einiges an Spenden zusammen, aber auch die Hochschule hat einen Teil geleistet und stellt daneben die Technik im Wert von 100 000 Euro. Die professionellen Schauspieler arbeiten alle kostenlos. „Dabei haben einige von ihnen bereits in Tatorten oder größeren deutschen Produktionen mitgespielt“, sagt Wolf. Es sei schön zu sehen, wie motiviert alle an dem Projekt mitarbeiten. Wolf hatte vor über einem Jahr die Idee für die Serie „My Hostel“, seither sind unzählige Stunden Arbeit in ihr Herzensprojekt geflossen. Doch der Aufwand wird jetzt belohnt: „Es ist unfassbar, wenn etwas, das in deinem Kopf entstanden ist, plötzlich real wird und die Figuren zum Leben erweckt werden“, sagt die 25-Jährige.

Jugendhausleiter ist gespannt auf das Ergebnis

Nachdem die Serie fertig abgedreht ist, wird das Videomaterial in den Schnitt und die Postproduktion gegeben, was einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Sobald dies fertig ist, würde Hausch die Serie gern im Jugendhaus zeigen. „Ich bin schon sehr gespannt auf das Endergebnis. Und natürlich darauf, wie unsere Räume nachher rüberkommen“, sagt der Jugendhausleiter.

Die Kinder am Set testen mittlerweile den Ton. Die siebenjährige Julia hat überdimensionale Kopfhörer auf und hält eine Tonangel über die Köpfe ihrer Freunde, die abwechselnd in das Mikrofon sprechen und von ihrem Mittagessen berichten. „Vielleicht stehe ich auch mal vor der Kamera, wenn ich groß bin“, sagt Fiona. Sie ist acht Jahre alt und spricht drei Sprachen, da lernt man sicherlich auch gut Texte auswendig. Der gleichaltrige Ruven hat Erfahrungen mit der Schauspielerei gesammelt, er hat in einer Theatergruppe mitgemacht. Die Erzählungen der Kinder rufen bei den Teammitgliedern lächelnde Gesichter hervor. Und einer der Schauspieler meint zu Ruven: „Siehst du, ich habe auch mal in einer Theatergruppe angefangen.“