Erfahrung in Lehre und Praxis, regional wie international: Der Animationsfilmer und neue Institutsleiter Andreas Hykade Foto: Reiner Pfisterer

Andreas Hykade leitet ab sofort das Animationsinstitut an der Filmakademie Baden-Württemberg. Bei seiner Vorstellung im Kunstministerium formulierte er seine wichtigsten Ziele: Unter anderem möchte er die Synergien zwischen Animation und interaktiven Medien fördern.

Als Andreas Hykade am Dienstagvormittag im Kunstministerium zu sprechen anhebt, scheint ein Energieschub durch den Raum zu gehen. Das liegt nicht nur an seiner markanten rauen Stimme, sondern auch an seiner Fähigkeit, prägnante, nicht gestanzt wirkende Sätze zu formulieren: „Wir müssen jungen Studierenden eine Umgebung bieten, in der sie Empathie finden“, sagt Hykade, „eine Umgebung, in der sie lachen könnten, damit sich dieses Lachen in ihren Arbeiten widerspiegelt, in der sie aber auch weinen können, das ist genauso wichtig.“

Hykades lebendige Rhetorik geht einher mit ansteckender Begeisterung für sein Metier, den Animationsfilm. Diese Begeisterung gibt er seit zehn Jahren auch als Lehrender weiter. Nun wird Hykade neuer Leiter des Animationsinstituts an der Filmakademie in Ludwigsburg – in der Nachfolge des Gründervaters Thomas Haegeles.

Sechs Kandidaten seien zur Wahl gestanden, sagt Kulturstaatssekretär Jürgen Walter (Grüne), man habe sich viele Gedanken gemacht. Doch zweifellos kam die Wahl von Andreas Hykade nicht ganz überraschend.

Hykade hat ein großes Netzwerk

Der in Altötting geborene Trickfilmer hat an der Filmakademie studiert und ist dort seit 2006 Dozent. Er gilt als einer der renommiertesten Animationsfilmer Deutschlands, seine Filme wie „Wir lebten im Gras“ und „Ring Of Fire“ wie auch seine Kinderserie „Tom und das Erdbeermarmeladebrot mit Honig“ erhielten internationale Preise.

Diese Mischung aus Lehre und Praxis sowie die internationale Erfahrung waren für Walter entscheidend, der sagt: „Damit junge Talente sich nicht gezwungen sehen, den Standort zu verlassen, ist eine starke Vernetzung des Animationsinstituts mit der Branche notwendig – das war auch ein Kriterium.“ Und Hykade kenne nicht nur die regionale Filmbranche, er habe auch ein großes Netzwerk.

Hykade skizziert in einem Drei-Punkte-Programm, was er vorhat: „Wir werden uns auch weiterhin dem Wort ,Animation‘ verpflichtet fühlen, das ja ,Belebung‘ und ,Beseelung‘ bedeutet.“ Studierende sollten eine Umgebung vorfinden, in der sie Empathie fänden, in der sie lernen könnten, für ihr Werk sowohl emotionale Ausdrucksweisen zu finden als auch präzise zu denken. „Zentral wichtig für uns ist, dass die Studierenden einen eigenen künstlerischen Standpunkt entwickeln.“

Neue Akzente für das Trickfilminstitut

Es gehe weiterhin um „das gesamte Spektrum der Animation“, in der künstlerischen aber bestehe die Möglichkeit zum individuellen Ausdruck – was schon das Steckenpferd von Hykades Lehrer und Filmakademie-Gründer Albrecht Ade war. Zugleich werde man weiter auf Visuelle Effekte (VFX) setzen, „um in Kontakt zu bleiben mit unserer Mutter, der Filmakademie“, sagt Hykade mit einem Grinsen zu Filmakademie-Direktor Thomas Schadt.

Das alles klingt nach Kontinuität, doch Hykade möchte auch neue Akzente setzen: Die Verbindung von Animation und interaktiven Medien wie Games solle gefördert werden, „denn wir merken, dass von dort enorme Impulse ausgehen“. Einen besonderen Fokus legt Hykade auf Forschung und Entwicklung, er möchte „technische Innovation mit künstlerischer Animation in eine Schwingung bringen“.

Der dritte Punkt seines Kurzprogramms: „Wir wollen weiterhin Motor für den Standort bleiben, und wir hoffen, dass der Standort diese Impulse aufnimmt“, sagt Hykade und nennt die Fachkonferenz FMX mit Branchenvertretern aus aller Welt, die 2015 zum 20. Mal stattfindet, sowie das Internationale Trickfilmfestival: „Dort werden die künstlerisch wichtigen Arbeiten gezeigt, die sind für uns immer eine Art Jungbrunnen.“

Kultureller Austausch als Schlüssel

Das langfristige Ziel des Animationsinstituts? „Am Standort eine kulturelle Identität bilden, die Basis bietet für ökonomische Nachhaltigkeit“, formuliert Hykade. Kultur als Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg zu betonen, das scheint im Tüftlerland immer noch keine Selbstverständlichkeit zu sein.

Zugleich denkt er international: „Ich glaube, dass der kulturelle Austausch ein Schlüssel ist. Die talentiertesten Studenten kommen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Brasilien, Korea, Polen, Österreich“, sagt Hykade, der schon mit 22 als Animator in London arbeitete und auch an der US-Uni Harvard lehrte. Als Beispiel nennt er den israelischen Animationsfilmer Gil Alkabetz, den Albrecht Ade in den 1990er Jahren an die Filmakademie holte und der entscheidende Impulse gesetzt habe.

Wird er noch Filme machen können? „Das Animationsinstitut wird in den nächsten Jahren mein Herzensprojekt sein“, sagt er – daher habe er „schon vor einem halben Jahr alle kommerziellen Arbeiten eingestellt. Ich hoffe aber, dass mir auch weiterhin der Raum bleibt, an meinem künstlerischen Werk zu arbeiten und dieses durch den Verzicht auf kommerzielle Kompromisse vielleicht auch purer zu halten.“

Stand Hykades Wahl also schon länger fest? Filmakademie-Direktor Schadt müht sich, diesen Verdacht zu entkräften: Es sei schon länger klar gewesen, dass Hykade während des Findungsprozesses zunächst stellvertretend die Leitung des Instituts übernehmen werde. Wie auch immer: Eine schlechte Wahl ist er garantiert nicht.