Western-Drama, USA 2015. 98 Minuten Foto:  

Diese Jane ist die starke Frau in einer typischen Wild-West-Szenerie des 19. Jahrhunderts. Allerdings hat Regisseur Gavin O’Connor der Schauspielerin Natalie Portman auch noch einen starken Mann zur Seite gestellt.

Stuttgart - Durchbohrende Schreie dringen aus der einsamen Hütte und hallen durch die Prärie von 1871. Im Innern liegt der bewegungsunfähige ehemalige Ganove Bill Hammond (Noah Emmerich). Seine Frau Jane (Natalie Portman) brennt ihm die Schusswunden aus. Die Schergen des Halunken John Bishop (Ewan McGregor) sind ihm auf den Fersen. Nun muss Jane Mann und Tochter verteidigen.

Der Feminismus erreicht den Western: Regisseur Gavin O’Connor inszeniert mit „Jane Got A Gun“ die vielversprechende Story um eine Revolverheldin. Allein: Hier liegt Etikettenschwindel vor. Einer Frau scheint man so viel Verantwortung dann doch nicht zuzutrauen. Mit Joel Edgerton, der Janes ehemaligen Verlobten Dan Frost mimt, stellt man ihr einen navigierenden Mann zur Seite, der das Gröbste richten muss. Vielleicht hätte es dem Streifen gutgetan, hätte die eigentlich vorgesehene Lynne Ramsay auf dem Regiestuhl Platz genommen. Doch die war nicht zum ersten Drehtag erschienen und zerstritt sich mit den Produzenten.

Natalie Portman beweist, dass sie eine toughe Pistolera spielen könnte. Als Jane lässt sie sich weder zur Härte einer omnipotenten Superfrau hinreißen, noch verfällt sie in die Hilflosigkeit eines orientierungsfreien Beinklotzes. Optisch wirkt sie zwar eher zierlich und erinnert kaum an eine Draufgängerin – aber das ist Klischeedenken. Letztlich hat das Drehbuch Schuld: Jane ist einfach nicht als kugelfeuernde Alleinheldin angelegt.

Allein durchs Freudenhaus

Rückblenden klären Janes Beziehung zu Frost und bringen genreuntypische Emotionskomponenten  ins  Spiel.  Western-Fundamentalisten könnte das stören. Ohne dieses Beziehungsgeflecht wäre der Streifen allerdings fad. Edgerton gibt den Ex als humorlosen Pragmatiker. Warum der Verflossene Kopf und Kragen riskiert, um Janes Geliebten zu schützen, veranschaulicht sein Spiel leider nicht.

Zudem fehlt es an spektakulären Auftritten kantiger Bösewichte. McGregor bleibt erstaunlich blass, sein John Bishop profillos. Auch die Handlanger machen niemandem Angst und fallen rasch. Ein paar einfallsreiche Szenen wie ein bewaffneter Alleingang durchs Freudenhaus kaschieren den Mangel an echten Auseinandersetzungen. Zusätzliche Spannung erzeugt eine Kindesentführung. Wer darüber hinwegsehen kann, dass die Erwartungen an einen avantgardistischen Western mit weiblicher Hauptakteurin gnadenlos enttäuscht werden, erlebt immerhin einen kurzweiligen 100-Minüter. In Erinnerung bleibt dieser jedoch kaum. Vom Meilensteinstatus ist „Jane Got A Gun“ meilenweit entfernt.