Streichprogramm bei der Deutschen Bank: Von den 750 Filialen sollen bis 2017 nur noch 550 übrig bleiben. Wie viele Jobs wegfallen ist offen – auch wie viele Filialen in der Region Stuttgart betroffen sind. Dort haben in der Vergangenheit bereits zahlreiche Geldhäuser ihr Filialnetz verkleinert.
Die Filialen
Die Deutsche Bank: Vor zehn Jahre unterhielt das größte deutsche Bankhaus bundesweit noch 1200 Filialen. Heute sind es nur noch rund 750, 75 davon in Baden-Württemberg. Bis 2017 will die Bank mehr als jede vierte der derzeit bestehenden Filialen schließen – also rund 200 Standorte.
Die Volks- und Raiffeisenbanken: Die Zahl der Filialen bei den baden-württembergischen Volks- und Raiffeisenbanken ist in den vergangenen zehn Jahren von 3042 auf 3036 gesunken.
„Angesichts von 1101 Städten und Gemeinden im Land ist dies immer noch eine flächendeckende Präsenz. Einen Kahlschlag wie bei den Privatbanken wird es bei unseren Banken nicht geben“, sagt Roman Glaser, Präsident des baden-württembergischen Genossenschaftsverbands. „Mitglieder- und Kundennähe sind die wichtigsten Bausteine des genossenschaftlichen Prinzips.“ Bundesweit sank die Zahl der Filialen seit 2004 um zwölf Prozent auf 12 770.
Die Sparkassen: In Baden-Württemberg unterhalten die Sparkassen 2003 Filialen und 370 Selbstbedienungs-Standorte. Vor zehn Jahren waren es noch 2206 Filialen, dafür gab es entsprechend weniger – 273 – SB-Standorte. Nur vier Prozent der Sparkassenkunden im Land wickeln ihre Bankgeschäfte ausschließlich online ab. Von den verbleibenden 96 Prozent macht mindestens die Hälfte ebenfalls Onlinebanking, nutzt aber bei Beratungsthemen die Filiale. Bundesweit gab es 2014 12 048 Filialen.
Die Commerzbank: Die Privatbank hat bundesweit rund 1100 Filialen, davon 100 in Baden-Württemberg. Darüber hinaus unterhält die Commerzbank bundesweit rund 90 Beratungszentren für Geschäftskunden. Vor zehn Jahren war noch nicht die Dresdner Bank in die Commerzbank integriert, deshalb sind die Filialzahlen nicht vergleichbar.
Die BW-Bank: Die Kundenbank der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hat aktuell 175 Filialen in Baden-Württemberg. Davon sind 70 Filialen in Stuttgart, wo die BW-Bank die Aufgaben der Stadtsparkasse wahrnimmt. Zusätzlich hat die Bank noch rund 60 SB-Standorte mit Geldautomaten – davon rund 30 in Stuttgart.
Vor zehn Jahren war das Filialnetz noch dichter. 2005 erfolgte der Zusammenschluss der LBBW und der damaligen BW-Bank AG, die beide ein separates Filialnetz unterhielten. Zusammen hatten sie in Baden-Württemberg 230 Standorte, davon rund 30 Parallelstandorte, die bis 2009 zusammengelegt wurden. In Stuttgart hatte die Bank vor zehn Jahren rund 90 Filialen.
Hypovereinsbank: Radikaler als jedes andere Institut treibt die Hypovereinsbank den Umbau voran. Bis Mitte des Jahres will die Privatbank bundesweit 240 von 580 Filialen geschlossen haben. In Baden-Württemberg werden von 24 Filialen dann noch 16 übrig bleiben.
Die Kunden, die Kosten
Die Kunden
Bankgeschäfte werden zunehmend im Internet erledigt. Während 2004 nach Zahlen des Bundesverbands deutscher Banken erst 30 Prozent der Deutschen Online-Banking nutzten, waren es 2014 schon 54 Prozent. Dagegen besucht laut einer Umfrage des Verbands nur noch etwas mehr als ein Viertel der Bevölkerung mindestens ein Mal die Woche eine Bank.
Dennoch bleiben die physischen Standorte vor allem für den Abschluss von Geldanlagen und Kreditgeschäften wichtig. Studien beobachten einen „Ropo“-Effekt: Research online, purchase offline – auf deutsch: Im Netz informieren, in der Filiale abschließen.
Sogar wenn Kunden zuerst im Internet auf ein Bankprodukt aufmerksam wurden, schlossen 41 Prozent von ihnen den Kauf dennoch in der Filiale ab. Das zeigt eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger und der Kreditkartenfirma Visa vom Februar 2015.
Die Kosten
Das zweite große Thema – neben dem Kundenverhalten – sind die regulatorischen Anforderungen. Dokumentationspflichten wie das Beratungsprotokoll bei Wertpapiergeschäften, Produkt-Beipackzettel und ähnliches verteuern die Beratung von Bankkunden. Es lohnt sich deshalb für Banken nicht mehr, teure Beratungskompetenz in kleineren Filialen, die seltener von Kunden besucht werden, vorzuhalten.
Die seit Langem anhaltende Niedrigzinsphase drückt obendrein auf das Ergebnis von Banken und Sparkassen. Mehr noch als in der Vergangenheit stellen deshalb die Institute ihre Kosten auf den Prüfstand. Der scharfe Wettbewerb um Privatkunden erschwert es, Kostensteigerungen über Preise an Kunden weiterzureichen.
Die Zukunft
Die Zukunft
Bei den Genossenschaftsbanken im Land gibt es langfristig keine Pläne, massive Einschnitte beim Filialnetz vorzunehmen, wenngleich Aufwand und Ertrag sich schon rechnen müssen. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken bauen ihr Online-Geschäft aus und setzen gleichzeitig nach wie vor auf die Filialen.
„Über die Nutzung des jeweiligen Zugangswegs zur Bank entscheiden letztlich die Kunden.“ Nicht überall werde daher die Filiale die ganze Woche über geöffnet bleiben können. „Auch die Öffnungszeiten werden sich an die Kundenfrequenz anpassen müssen“, sagt Geno-Präsident Glaser.
Der Trend geht bei den Sparkassen eindeutig zu weniger, aber größeren Filialen, wo entsprechend Experten für einzelne Beratungsthemen eingesetzt werden können.
Der Bankexperte wird immer öfter per Video zugeschaltet werden
„Die 1-bis-3-Personen-Filiale ist aufgrund regulatorischer Anforderungen fast nicht mehr machbar“, sagt ein Sprecher des baden-württembergischen Sparkassenverbands. „Jeder Sparkasse wird weiterhin in der Fläche präsent bleiben, aber nicht mehr in jeden Stadtteil oder Teilort mit persönlicher Beratung zu finden sein.“
Die LBBW stellt derzeit alle Vertriebswege auf den Prüfstand, um auf verändertes Kundenverhalten zu reagieren. Belastbare Ergebnisse sollen im Sommer vorliegen. Auch wenn tendenziell die Zahl der Filialen abnehmen wird, setzt die Bank auch weiterhin auf das Filialnetz.
In der Zukunft wird der Bankexperte zum Beratungsgespräch in der heimischen Filiale immer öfter per Video zugeschaltet werden.