Ayhan Akpinar außen am Fildorado, hinein will er nicht mehr. Foto: Holowiecki

Ayhan Akpinar stört sich an Ganzkörperbadeanzügen von Musliminnen im Fildorado in Filderstadt. Sie implizierten, dass Frauen sich vor Männerblicken schützen müssten, findet er und wünscht sich eine öffentliche Debatte. Die Haltung des Bäderchefs ist indes eindeutig.

Bonlanden - Auch Tage später ist Ayhan Akpinar noch etwas aufgewühlt. Der Familienvater aus Bonlanden war mit seiner großen Tochter am Wochenende zum Schwimmen im Fildorado und kam verärgert nach Hause. Erzürnt haben ihn zwei Frauen, die mit ihren Familien ebenfalls das Spaßbad besucht hatten – in Burkinis. Die schwarze Badekleidung verdeckte das Haar und bis auf die Gesichter den gesamten Körper der Frauen. „Das hat mich sehr, sehr gestört“, sagt der 41-Jährige. Auch andere Besucher hätten den Kopf geschüttelt, will er beobachtet haben. Gesagt habe keiner etwas.

Ayhan Akpinar aber möchte sich öffentlich äußern, und dies, weil er sich als Mann diskriminiert fühlt. Die Frauen hätten offenbar das Bedürfnis verspürt, sich vor den Blicken der männlichen Gäste zu schützen, und Ayhan Akpinar findet: „Dadurch werden Männer pauschal als triebgesteuert hingestellt. Das ist ein No-Go.“ Auch einen unerwünschten Einfluss auf seine Töchter befürchtet er. „Welche Antwort gebe ich meinem Kind, wenn es fragt, warum die Frauen sich so kleiden und ihre Mutter nicht? Welches Männerbild soll ich meinem Kind vermitteln?“

Im Fildorado besteht kein grundsätzliches Burkiniverbot

Mit den verhüllten Frauen hat Ayhan Akpinar nicht gesprochen, wohl aber mit dem Badepersonal. Das habe von Duldung gesprochen, dies genügt dem Stammgast aber als Antwort nicht. Er fordert von diesem und anderen Bädern eine klare Positionierung. „Entweder man steht dazu oder nicht. Dann kann ich mich als Gast darauf einstellen“, sagt er.

Die Haus- und Badeordnung gibt wenig Aufschluss darüber, wie es um den Ganzkörperanzug steht. „Außerhalb des textilfreien Bereiches ist allgemein übliche Badekleidung erforderlich. Andere Kleidung, die nicht handelsüblicher Badekleidung entspricht, ist nicht gestattet“, heißt es dort. Dass die Frage nach der Angemessenheit des Burkinis durchaus zur Kontroverse taugt, zeigt der Fall Konstanz. Dort musste 2014 erst ein Gemeinderatsbeschluss her, nachdem eine abgewiesene Muslimin gedroht hatte zu klagen.

Felix Schneider, der Fildorado-Geschäftsführer, bringt Licht ins Dunkle. „Im Fildorado besteht kein grundsätzliches Burkiniverbot“, stellt er klar, es dürfe aber kein Sicherheitsrisiko davon ausgehen, etwa durch überstehende Stoffe bei den Ansaugpumpen. Die heutigen Burkinis seien eng anliegend und ähnelten Neoprenanzügen. Dagegen sei nichts einzuwenden, vor allem nicht, wenn man sie mit der Badekleidung vieler Jugendlicher vergleiche, etwa Boardshorts oder UV-Shirts. Im Online-Portal des Fildorado-Badeshops würden auch Burkinis zum Kauf angeboten.

Der Verein Integra wirbt für mehr Toleranz

Mehmet Havlaci, Geschäftsführer des Vereins Integra Filder aus Plattenhardt, der sich für Bildung, Integration und ein gutes Miteinander einsetzt, wirbt für Respekt und Toleranz. Jeder solle tragen dürfen, was er möchte, solange es das Zusammenleben nicht stört. Er betont: „Als Gesellschaft muss man darüber reden.“ Ayhan Akpinar ist selbst Migrant. 1988, mit zwölf Jahren, kam er aus der Türkei nach Deutschland. Er und seine Familie gehören der Religionsgemeinschaft der Aleviten an. Eine Verschleierung der Frau ist dort nicht vorgesehen.

„Es gibt keine Trennung zwischen Mann und Frau“, betont er. Dass das in seiner Wahlheimat auch so ist, gefällt ihm. Durch die Burkinis sieht er diese Offenheit jedoch konterkariert und hinterfragt die Integration. Religionsfreiheit, betont er, sei ein Grundrecht, jedoch dürfe die Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht tangiert werden. „Die deutsche Gesellschaft hat Angst, über das Thema zu reden wegen ihres geschichtlichen Hintergrundes. Aber das darf nicht zu einer falschen Toleranz führen“, findet er. In Sachen Fildorado sieht Ayhan Akpinar keinen Redebedarf mehr. Das sei für ihn ab sofort tabu.

Der Burkini wurde in Australien erfunden

Der Name Burkini entstand durch die Verbindung von Burka und Bikini. Der Burkini besteht aus dünnem Stoff, verschleiert den gesamten Körper und spart nur das Gesicht aus. Entstanden ist der Burkini in Australien, wo ihn die Modedesignerin Aheda Zanetti Anfang der 2000er Jahre entwarf und 2004 auf den Markt brachte. In Australien tragen sogar Rettungsschwimmerinnen den Burkini.

In Frankreich ist der Schwimmanzug hoch umstritten. Im Sommer 2016, ein halbes Jahr nach den Anschlägen von Paris, verboten mehrere Städte das Tragen von Burkinis am Strand, weil sie darin ein Zeichen für die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung sahen. Das Verbot wurde später gekippt. In Deutschland sind Burkinis grundsätzlich durch die Religionsfreiheit erlaubt. Schulen können sie muslimischen Mädchen sogar vorschreiben, wenn sie ansonsten nicht am Schwimmunterricht teilnehmen würden. Ungeklärt ist aber, ob – wie im Fildorado-Fall – das Recht auf Teilhabe an einer öffentlichen Einrichtung höher einzustufen ist als das Gewohnheitsrecht der übrigen Gäste.