Grundvoraussetzung für angehende Meerjungfrauen: keine Angst vor dem Tauchen. Foto: Thomas Krämer

Es ist der Mädchentraum schlechthin: einmal Meerjungfrau sein. Im Fildorado in Filderstadt verwandeln sich Kinder einmal im Monat in Nixen. In einer halben Stunde lernen sie den richtigen Flossenschwung.

Filderstadt - Die Schwanzflossen schäumen das Wasser auf, spritzen kleine Fontänen in die Luft. Wie Kaulquappen tauchen die Meerjungfrauen-Schülerinnen durch die Ringe, greifen nach den Seesternen und schwimmen im Slalom um die Unterwasserpflanzen. Von oben sind ihre kleinen Körper schemenhaft am Beckengrund zu erkennen, und immer wieder die Schwanzflossen, wie sie von rechts nach links züngeln, von oben nach unten.

Heute ist Nixen-Tag im Fildorado. Im 30-Minuten-Takt lernen Kinder, wie es sich am besten mit einer Meerjungfrauenflosse schwimmt. Mitten im Getümmel ist die sechsjährige Dana aus Ehningen. Dass sie sich an diesem Samstag in eine Meerjungfrau verwandeln würde, hat Dana erst am Morgen erfahren, als sie das Adventskalendertürchen geöffnet hat. Dahinter der Gutschein für den Ausflug nach Bonlanden noch am selben Tag. Nun tummelt sie sich mit sechs anderen Mädchen im Becken und lässt sich von Nikolett Garbacz den richtigen Flossenschwung zeigen.

So meerjungfrauenhaft wie möglich

Für die halbe Stunde in der Unterwasserwelt sind sie vorher angestanden, haben sich mit Glitzerfarben schminken lassen und haben sich dann eine Flosse ausgesucht. Aufgereiht haben die Schwanzflossen an einer Säule neben dem Schwimmbecken gewartet. Verteilt werden sie nach Schuhgröße. Und nicht etwa die rosafarbenen Flossen waren als Erstes vergriffen, sondern die in Grün und Türkis. So meerjungfrauenhaft wie möglich eben.

Die erste Lektion gibt es am Beckenrand. Die Transformation. Die Mädchen schlüpfen mit den Füßen in die sogenannte Monoflosse und krempeln mal geschickter, mal weniger geschickt den Rest des legginshaften Schlauches den Körper hoch. Der elastische Halbkörperstrumpf macht aus zweibeinigen Mädchen Meerjungfrauen mit einem Schwimmmuskel. Hier klemmt’s noch, und dort muss der Schwanz verknotet werden. Dann ist Zeit für eine Trockenübung. Die Ober-Nixe winkt mit der Flosse, hoch und runter, die Kinder sitzen am Beckenrand, kichern und winken zurück. Es pflatscht auf der Wasseroberfläche wie nach einem Fischfang. Dann endlich geht es ins Wasser.

Es wird geschnauft, geprustet und gehustet

Die Meerjungfrauen zappeln den Beckenrand entlang. Die eine oder andere getraut sich schon, zu tauchen. Es wird geschnauft, geprustet und gehustet. Und es rollen die ersten Tränen. Alles soll klappen, die Mädchen sind doch heute die Stars, tauchen für eine halbe Stunde ein ins Rollenspiel. Sie fühlen sich dabei nicht etwa wie die rothaarige Arielle, die ist eher 90er Jahre. Vorbild ist die Serie „H2O – Plötzlich Meerjungfrau“. Am Beckenrand stehen die Mamas und Papas, mit all den Handykameras haben sie etwas von Paparazzi. Ein Vater hat sogar eine Unterwasserkamera dabei. „Super sieht das aus“, ruft eine Mutter.

Das Fildorado bietet seit 2015 Meerjungfrauen-Kurse an. Felix Schneider, der Geschäftsführer, sagt, die Nachfrage war sofort immens. „Jeder Kurs war gleich ausgebucht.“ Deshalb haben sie das Angebot erweitert. Den Kurs gibt es seither an jedem ersten Samstag im Monat und bei Ferienprogrammen. Allein an diesem Tag werden rund 60 Kinder – so gut wie nur Mädchen – durch die Nixen-Schule geschleust. Der Meerjungfrauen-Kurs ist mit das beliebteste Angebot im Fildorado, sagt Felix Schneider.

Eine Extra-Ausbildung zur Flossenkundlerin gibt es nicht

Nikolett Garbacz hat sich als Meerjungfrauen-Lehrmeisterin selbstständig gemacht. Sie ist Rettungsschimmerin und Schwimmlehrerin. „Wasser war einfach schon immer mein Grundelement“, sagt Garbacz. Eine Extra-Ausbildung zur Flossenkundlerin gibt es allerdings nicht. Sie hat es sich selbst beigebracht. Grundvoraussetzung für die Kinder, die an ihrem Kurs teilnehmen, ist, dass sie geübte Schwimmer sind und sich auch vor kurzen Tauchgängen nicht scheuen.

Sophie ist nicht zum ersten Mal Nixe. Die Sechsjährige aus Neuhausen hat ihre eigene Schwanzflosse mitgebracht. Die hat sie im Urlaub bekommen. „Die Übungen waren leicht und schwer“, sagt sie, nachdem sie wieder ein Mädchen mit zwei Beinen ist. „Schwer fand ich es, durch die Reifen zu schwimmen, denn da braucht man ja auch Luft.“ Das Gute: „Mit der Flosse kann man viel schneller schwimmen.“ Das Mädchen mit der Zahnlücke hat die Schwanzflosse inzwischen wieder eingepackt und wirft noch einen Blick auf die neue Gruppe, die um die Ober-Nixe herumsteht und sich gleich in einen Schwarm Meerjungfrauen verwandeln wird.