Trotz widriger Voraussetzungen haben es Leonie Adam (rechts) und Aileen Rösler bei den Europameisterschaften in Russland aufs Podest geschafft. Foto: privat/z

Die Trampolinturnerin Leonie Adam gewinnt mit ihrer Partnerin Aileen Rösler in Sotschi Bronze. Aus der zweiten Olympia-Teilnahme wird aber wohl nichts werden.

Bonlanden - Die Vorzeichen standen nicht gerade gut – und trotzdem hat Leonie Adam aus Bonlanden bei den Europameisterschaften der Trampolinturner im russischen Sotschi einen großen Erfolg gefeiert: Mit ihrer Partnerin Aileen Rösler gewann die 28-Jährige im Synchronwettbewerb Bronze. Es war die erste Medaille für sie bei einer internationalen Meisterschaft. „Ich bin überglücklich“, sagt Adam.

Zu erwarten war der Erfolg nicht. Zum einen hatten die beiden Trampolinturnerinnen des MTV Stuttgart wegen der Corona-Pandemie lange nicht mehr zusammen geübt – zuletzt war das bei der Vorbereitung auf die deutschen Titelkämpfe 2019 der Fall gewesen. Zum anderen handelte es sich um ihren ersten gemeinsamen internationalen Auftritt. Zuvor war die sechs Jahre ältere Adam noch mit einer anderen Partnerin gestartet. Und zudem ging Adam aktuell gehandicapt in den Wettkampf. Die Olympia-Teilnehmerin von 2016 hatte sich beim letzten von zwei internen Qualifikationswettkämpfen Ende März das Syndesmoseband im rechten Fuß angerissen – und drei Wochen pausieren müssen.

Hilfe von der Schwester

Den abschließenden EM-Vorbereitungslehrgang in Bad Kreuznach ließ Adam sausen, bereitete sich stattdessen mit ihrem Heim- und Bundestrainer Michael Kuhn im Bundesstützpunkt in Ruit vor. Nebenbei begab sich die Betriebswirtschaftlerin, die inzwischen pro Woche drei halbe Tage in der Firma ihre Schwagers in Bonlanden arbeitet, in die Obhut ihrer Schwester, der Physiotherapeutin Miriam Lauxmann. Auch in Schwäbisch Gmünd war sie regelmäßig in Behandlung. Einen Tag vor dem Abflug nach Moskau gab es schließlich grünes Licht vom Arzt.

In Sotschi übertraf sich das deutsche Duo im Vorkampf der Synchronkonkurrenz dann selbst. „Das war eine perfekte Pflicht. Ich glaube nicht, dass man synchroner turnen kann“, sagt Adam. Und weil auch die anschließende Kür „ganz gut“ war, zog das Paar ins Finale der besten acht ein. Auch dort wussten die beiden zu überzeugen. „Bis auf die letzten zwei Sprünge hat alles super gepasst“, sagt Adam. Der Lohn: Bronze (45,990 Punkte). Gold ging an die Russinnen Kornetskaya/Kochesok (48,700), Silber an Yarshova/Kuidan aus Belarus (47,560).

Auch im Einzel qualifizierte sich Adam unter 32 Teilnehmerinnen fürs Finale. In diesem unterlief ihr aber nach dem sechsten von zehn Sprüngen „ein blöder Fehler“, der zum Abgang vom Trampolin führte. Dies bedeutete den achten Rang. Die Enttäuschung sei zunächst groß gewesen. Andererseits: „Ich war jetzt bei drei Europameisterschaften dabei und habe es bei allen sowohl im Einzel als auch im Synchron ins Finale geschafft“, sagt Adam.

Nur noch vage Olympia-Chance

Wie es nun weitergeht, hängt ganz vom Pandemiegeschehen ab. Anfang Juni soll in Italien noch der sechste und letzte Weltcupwettbewerb dieses Jahres stattfinden. Die vier besten Ergebnisse gehen unter anderem in die Qualifikationswertung für die Olympischen Spiele im Sommer ein. Bisher hat Adam drei Ergebnisse zu Buche stehen. „Stand heute bin ich in Tokio nicht dabei“, sagt die Filderstädterin. Daran werde sich wohl auch nichts ändern. Zumal bei den Spielen nur 16 Frauen am Start sein werden und Deutschland nicht automatisch einen Startplatz hat. „Ich werde mich trotzdem auf den Wettkampf vorbereiten – ob er dann überhaupt stattfindet, wird sich zeigen“, sagt Adam, die aber auf jeden Fall bei den deutschen Meisterschaften Anfang Oktober und bei den Weltmeisterschaften Ende November in Baku dabei sein will.

In den nächsten Tagen wird Leonie Adam jedoch erst einmal den noch lädierten Fuß hochlegen, um dann wieder voll durchstarten zu können. Nach wie vor trainiert die Nationalkaderathletin siebenmal in der Woche in Ruit.

Hintergrund Trampolinturnen

Geschichte:
Der Amerikaner George Nissen baute 1928 ein erstes Sportgerät, das er sich bei Zirkusartisten abgeschaut hatte. In vergrößerter Ausführung wurde das Trampolin nach dem Zweiten Weltkrieg von Kunstturnern zum Training genutzt und erreichte über die Schweiz Europa. 1957 erstellte Nissen ein erstes Standardwerk zu Trampolinlehre und -regeln. 1964 fanden die ersten Weltmeisterschaften statt. Seit 2000 ist Trampolinturnen olympisch.

Disziplinen: Es gibt die Disziplinen Einzel, Synchron (zwei Turner auf zwei Trampolins) sowie das Teamspringen. Ein Team besteht dabei aus vier Sportlern, von denen jeder für sich alleine turnt. Die drei besten Wertungen ergeben das Gesamtergebnis. Olympisch ist bei den Frauen und Männern nur der Einzelwettbewerb. Eine Sonderform ist das Tumbling. Dabei absolvieren die Athleten auf einer 42 Meter langen Akrobatikbahn eine Reihe von Sprüngen und Überschlägen.

Übungen: Eine Trampolinübung besteht aus zehn Sprüngen, die nacheinander ohne Unterbrechung geturnt werden müssen. Die Übung soll nach dem letzten Sprung im sicheren Stand enden. Das Trampolin ermöglicht Sprünge in einer Höhe von bis zu sieben Metern. Der Kontakt vor dem erneuten Absprung auf dem Tuch kann als Fuß-, Bauch-, Sitz- oder Rückenlandung erfolgen. Bewertet werden Schwierigkeitsgrad, Ausführung und Sprunghöhe. Es gibt Pflicht und Kür.