Die höhere Fahrfrequenz und die Weiterführung der S-Bahn sind den Teilnehmern der Filder­städter Themis-Wahl sehr wichtig. Foto: Jacqueline Fritsch

An dem neu entwickelten Wahlverfahren Themis haben sich in Filderstadt mehr als 900 Bürger beteiligt. Die Auswertung der Ergebnisse ist jedoch auch auf Kritik gestoßen.

Filderstadt - Die Protagonisten sind insgesamt sehr zufrieden. Denn das Wahlexperiment ist erfolgreich gewesen. Es haben 973 Bürger teilgenommen. Und die Themen, die zur Wahl standen, wurden entsprechend ihrer Stimmenzahl aufgelistet. Damit haben die Gemeinderatsfraktionen jetzt entscheidende Hinweise darauf, was den Bürgern wichtig ist.

Zum Wahlverfahren, das von der Goethe-Universität Frankfurt entwickelt wurde: Anfang Juli hatten die Bürger die Möglichkeit, ihre Stimmen abzugeben. Im Gegensatz zur Kommunalwahl standen nicht Personen, sondern Themen zur Wahl. Die wurden von den im Gemeinderat vertretenen Gruppierungen vorgegeben. Die Wähler durften auch kumulieren. Man konnte also dem einzelnen Thema bis zu drei Stimmen geben.

Letztlich landete das Thema „Verkürzung der S-Bahn-Taktzeiten und die Erhöhung der Zuverlässigkeit der Verbindungen“ mit 1260 Stimmen auf Platz eins der 66 Themen starken Liste. Es folgten der Ausbau der digitalen Infrastruktur, die Verlängerung der S-Bahn-Trasse ins Neckartal und der barrierefreie Ausbau öffentlicher Einrichtungen und Wege.

Kritik kommt von der SPD

All diese Punkte wurden von mehreren Fraktionen des Gemeinderats unterstützt. Beim Punkt Barrierefreiheit wurde allerdings die SPD nicht aufgeführt. Dies kritisierte deren Fraktionsvorsitzender Walter Bauer bei der Bekanntgabe der Ergebnisse durch Jonathan Rinne, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität Frankfurt. Nur weil seine Partei differenzierter formuliert habe, werde sie bei diesem Punkt nicht erwähnt. „Diese Vorgehensweise erhöht die Gefahr der Verschlagwortung“, sagte er. Der Universitäts-Mitarbeiter Rinne rechtfertige seine Auswertung des Wahlverfahrens damit, dass die SPD neben der Barrierefreiheit auch die Inklusion thematisiert hatte. Deshalb sei der Punkt nicht mit dem der anderen Gruppierungen vergleichbar gewesen.

Deren Vertreter lobten vor allem das neue Wahlverfahren. „Es ist ein gutes Indiz dafür, ob wir mit unseren Themen richtig liegen“, sagte FDP-Stadtrat Dennis Birnstock. Das Verfahren könne begleitend zur Kommunalwahl eingesetzt werden, erklärte Willy Stoll (CDU). „Man kann damit ein Stimmungsbild abfragen“, sagte Armin Stickler (Grüne). Und Stefan Hermann (FW) zeigte sich überrascht, dass es das von seiner Fraktion gesetzte Thema „Ökologisch nachhaltige Entwicklung“ auf Platz sechs der Rangliste geschafft hatte. Im Wesentlichen seien die Themen, die nach vorne gewählt wurden, diejenigen, die auch beim Integrierten Stadtentwicklungs-Konzept (Isek) als wichtig bewertet worden seien, sagte Oberbürgermeister Christoph Traub. „Die Themis-Wahl hat Filderstadt in Bewegung versetzt“, erklärte er in Bezug auf die relativ hohe Wahlbeteiligung.

Es gebe eine aktive Beteiligungskultur

Auch Jonathan Rinne lobte die Wähler: „Es gibt eine sehr aktive Beteiligungskultur in Filderstadt.“ Es habe sich gezeigt, dass die Teilnehmer eine sehr große Bereitschaft gehabt hätten, sich mit den Themen auseinanderzusetzen. Sie hätten einen entscheidenden Schritt zur Entwicklung der Demokratie getan.