Zehra Blume ist Muslima, ihr Mann Michael Christ. Sie sind seit 18 Jahren verheiratet. Beide leben ihren Glauben und respektieren den des jeweils anderen. Ein Gespräch über Religionen im Advent.
Plattenhardt - Auf dem Esstisch von Familie Blume in Plattenhardt stehen an diesem Tag Sesambrötchen nach türkischem Rezept und Gutsle nebeneinander. Das ist kein Zufall. Denn das Gebäck auf den Tellern steht für die Herkunft der beiden Kulturen der Familie Blume: Deutschland und die Türkei. Gebacken hat beide die 38-jährige Zehra Blume. Sie ist in Filderstadt geboren und aufgewachsen. Aber ihre Eltern stammen aus der Türkei und sind genau wie sie selbst Muslime.
Seit sie und der evangelische Michael Blume vor fast 18 Jahren geheiratet haben, leben sie beide Kulturen und Religionen. „Wir sind eine ganz normale Familie. Von anderen unterscheiden wir uns nur dadurch, dass wir doppelt so viele Feiertage haben“, sagt der 38-jährige Michael Blume und ergänzt: „Eigentlich feiern wir ständig.“
Advent als stimmungsvolle Zeit
Und so ist auch der Advent für die Blumes eine besondere Zeit. „Ich mag sie, weil sie mit den vielen Lichtern so stimmungsvoll ist. Der Advent ist auch für unsere Kinder sehr wichtig“, sagt Zehra Blume. Ihre Tochter ist elf, die Söhne sind neun und drei Jahre alt. Dass die dunkle Jahreszeit mit Lichtern etwas heller wird, dazu tragen Blumes auch bei. Vor dem Fenster hängt eine Lichterkette und auf dem Esstisch steht ein Gesteck mit vier Kerzen. Michael und Zehra Blume erzählen, wie sie die Zeit bis zu dem christlichen Fest erleben.
„Die Vorweihnachtszeit erinnert mich sehr an meine Kindheit. Weil meine Eltern beide gearbeitet haben, war ich oft bei den Nachbarn und habe da die Weihnachszeit erlebt“, erzählt Zehra Blume. „Anfang Dezember haben mir die Nachbarn einen Versandhauskatalog gegeben und mich gefragt, was ich mir wünsche.“ Den Heiligen Abend feierte sie gemeinsam mit der Nachbarfamilie und erinnert sich noch daran, wenn das Glöckchen zur Bescherung läutete. Dann gab es auch für sie Geschenke.
Am Heiligen Abend gehen sie gemeinsam in die Kirche
Mittlerweile feiert sie den Heiligen Abend gemeinsam mit der eigenen Familie und sie gehen nachmittags gemeinsam in die Kirche. Für Zehra Blume ist das nichts Ungewöhnliches. Schließlich ging sie als Mädchen auf eine katholische Schule in Stuttgart. „Ich habe nur mit der Dreieinigkeit ein Problem. Denn für uns Muslime vermehrt sich Gott nicht. Es gibt nur einen.“ Allerdings: Jesus komme auch im Koran vor. „Er ist auch für uns ein wichtiger Prophet.“
Nach dem Gottesdienst feiern Blumes gemeinsam Weihnachten. „Es gibt am Heiligen Abend allerdings keine Würstchen mit Kartoffelsalat“, erzählt Michael Blume. Denn Schweinefleisch ist tabu. Stattdessen essen sie Raclette. „Zehras Eltern feiern mit uns gemeinsam den Heiligen Abend.“ Das ist ihnen wichtig. „Viele Familien feiern im engsten Kreis. Darum öffnen wir den Kreis etwas“, erzählt Michael Blume. Er schätzt dies auch sehr am Bajram, dem Zuckerfest zum Ende des Ramadan. „Viele Muslime wissen gar nicht, wie wir Weihnachten feiern. Sie kennen das nur aus Filmen.“ Er selbst nimmt auch an islamischen Festen teil und isst im Ramadan nur vor dem Sonnenauf- und nach dem Sonnenuntergang. Michael Blume sagt, dass die Eltern seiner Frau es sehr schätzen, dass der Schwiegersohn ihre Religion respektiert. Er selbst ist und bleibt aber Christ.
Kennengelernt im Ethikunterricht
Zehra und Michael Blume haben sich im Ethikunterricht in der Schule kennen gelernt. „Ich habe sie nach dem Koran gefragt und sie hat mir von ihrer Religion erzählt.“ Auch dadurch entwickelte Blume ein großes Interesse an den verschiedenen Glaubensrichtungen, studierte später Religionswissenschaft und promovierte darin. Nun arbeitet er als Referatsleiter Kirche und Religion, Integration und Werte im Staatsministerium des Landes Baden-Württemberg.
Als Michael und Zehra Blume Mitte der 1990er-Jahre heirateten, war das etwas Besonderes. Heute sei es üblicher, dass ein christlicher Mann eine muslimische Frau heiratet. Ihre Kinder haben sie christlich und islamisch segnen lassen. „Das Fest haben wir immer mit beiden Familien und vielen Freunden gefeiert“, erzählt Michael Blume. Als Geschenke bekamen die Kinder genauso eine Bibel wie einen Gebetsteppich. „Uns ist wichtig, dass sie an Gott glauben. An welchen, das entscheiden sie selbst“, sagt Zehra Blume.
„Eine interreligiöse Ehe kann sehr glücklich sein“
Wichtig für ihre Beziehung sei gewesen, dass sie viel über die Religionen und die Feste gesprochen haben. „Eine interreligiöse Ehe kann sehr glücklich sein“, bringt Michael Blume ihre Beziehung auf den Punkt.