Rita Süssmuth trägt sich ins Goldene Buch ein, umrahmt von den anderen Rednern (v. l.): Christoph Traub, Hedy Barth-Rößler, Nikolaus Back. Carina Beck und Pelin Toy. Foto: Häusser

Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth setzt sich bei der Jubiläumsfeier zum Frauenwahlrecht für eine bessere Welt ein. Um dies zu erreichen, müsse man die Männer verändern. Und die Gesellschaft brauche eine Frauenquote.

Bernhausen - Eines wurde bei der Festrede in der Filharmonie zum Frauenwahlrecht, das am Montag vor hundert Jahren eingeführt wurde, schnell klar: Die frühere Bundestagspräsidentin und Familienministerin Rita Süssmuth brennt auch im Alter von 81 Jahren immer noch für die Frauenrechte. Die Begrüßung von Oberbürgermeister Christoph Traub fiel überschwänglich aus. Er sagte: „Es freut uns ganz besonders – auf schwäbisch würde man sagen saumäßig, dass sie heute hier sind.“

„Mehr Integration für Flüchtlinge“

Die Referentin lenkte in ihrer Rede immer wieder den Blick auf das Weltgeschehen. Auffallend war, dass dabei Flüchtlinge und die Forderung nach einer aktiveren Integration einen breiten Raum einnahmen. Im Jahr 2015, als viele nach Deutschland wollten, hätten sich insbesondere Frauen ehrenamtlich engagiert. „Der Staat war völlig überfordert“, sagte Süssmuth.

Früher hätten die Männer nicht viel von den Frauen gehalten. Dies zeige sich auch daran, dass bis 1902 keine Frau Mitglied eines Vereins werden durfte. „Das Frauenwahlrecht war schließlich für die Demokratie ein unverzichtbarer Durchbruch“ sagte Süssmuth. Sie lobte Filderstadt dafür, dass es als eine der ersten Städte vor 30 Jahren eine Frauenreferentin eingestellt hat, und freute sich darüber, dass der Jugendgemeinderat paritätisch mit Mädchen und Jungen besetzt ist.

Süssmuth: nach vorne schauen

Es gelte aber weiterhin daran zu arbeiten, dass auch in anderen politischen Gremien und bei den Führungsposten in Wirtschaft und Politik mehr Frauen zum Zuge kommen. In diesem Zusammenhang bezeichnete sie die Frauenquote als „einen Krückstock, den wir brauchten“. Wenn man was erreichen wolle, müsse man einen langen Atem haben. Man solle nicht darauf schauen, was nicht erreicht wurde, sondern konsequent nach vorne blicken und dabei beachten, dass es keiner alleine schaffe.

Die beiden Vertreterinnen des Jugendgemeinderats, Pelin Toy und Carina Beck lobten einerseits die in Deutschland errungenen Erfolge bei der Gleichberechtigung, forderten aber auch die paritätische Besetzung wichtiger Ämter und Posten. Die Arbeit des Frauenbeirats brachte den Besuchern Hedy Barth-Rößler nahe. Das Gremium leiste einen wichtigen Beitrag, um Frauenthemen in den Gemeinderat hineinzutragen. In Zukunft wolle man die Arbeit publik machen, indem weniger nicht-öffentlich getagt werde. Stadtarchivar Nikolaus Back skizzierte schließlich die Auswirkungen des Frauenwahlrechts auf die Filder. Es habe sehr lange gedauert bis die erste Frau in einen Gemeinderat der früheren Filderstädter Gemeinden gewählt worden sei. Emilie Sedlatschek sei 1946 in den Bonländer Gemeinderat eingezogen.