Susanne Schreiber hat drei Kinder und keine klassische Laufbahn. Foto: Holowiecki

Susanne Schreiber ist das neue Gesicht im Filderstädter Rathaus. Sie ist die erste Frau, die in der Stadt Baubürgermeisterin wird. Ein Besuch bei einer, die kaum zu bremsen ist.

Filderstadt - In Rosa und Lila leuchten die Blumen. Susanne Schreiber wurden dieser Tage viele Sträuße auf den Schreibtisch gestellt. Fast alle sind wieder verblüht, nur dieser eine hält sich noch wacker. Etwas seltsam fühlen diese Blumengrüße sich für die Leiterin des Stadtplanungs- und Umweltamts in Nürtingen dennoch an. Kollegen und Mitarbeiter haben sie beglückwünscht – zum neuen Job. Der Filderstädter Gemeinderat hat Susanne Schreiber zur Baubürgermeisterin gewählt, ihr Vorgänger Reinhard Molt ist jetzt Rathauschef in Remshalden. Noch sitzt sie aber im alten Büro in Nürtingen, hat Pläne von Innenentwicklungsgebieten und Neubauarealen an der Wand. „Gerade war mein Chef da“, sagt sie, und man fragt sich: welcher denn?

Es ist ein Sitzen zwischen den Stühlen, bekennt sie. Die aktuellen Projekte benötigen ihre volle Aufmerksamkeit, nach Feierabend kreisen ihre Gedanken bereits um ihre neue Aufgaben. Überlegungen zu Filderstadt hat sie schon einige angestellt. Bei ihrer Bewerbung vor den Stadträten hat sie betont, für wie wichtig sie die Entwicklung von Quartierskonzepten hält. „Dem großen Ganzen hinterherzurennen, wäre fatal“, glaubt sie. Dass sie just in einer Umbruchphase dazustößt, findet sie ideal. Gerade erst hat die Verwaltung einen neuen Beteiligungsprozess angestoßen. In Workshops sollen in allen Ortsteilen spezifische Entwicklungskonzepte festgezurrt werden. Zum ersten Ende Oktober in Plattenhardt will Susanne Schreiber kommen – privat. Wann sie offiziell ihr neues Büro beziehen wird, sei noch nicht abschließend geklärt. Ihr Ziel sei der Jahreswechsel.

Lieber den OB mal geschwind selbst anrufen

Dass ihr bis dahin die Doppelbelastung über den Kopf wächst? Unwahrscheinlich. Susanne Schreiber wirkt, als würde sie vor lauter Energie gleich platzen. Sie strahlt und gestikuliert und sprudelt. „Ich bin schon ein Treiber“, sagt sie und spricht von Ergebnisorientiertheit und Dynamik, „das bin ich“. Lieber mal den Hörer in die Hand nehmen und den OB geschwind selbst anzurufen, als lang rumzumachen.

Susanne Schreiber hat keine klassische Verwaltungslaufbahn. Nach dem Studium hat die Architektin in einem freien Planungsbüro gearbeitet, bis sie vor zehn Jahren als Bauverständige ins Reutlinger Rathaus wechselte. Eine 180-Grad-Wende, und sie offenbart: „Die Hierarchien musste ich lernen.“ Besonders lägen ihr Beteiligungsprozesse, die sie im darauffolgenden Job als Projektleiterin bei der Stadtentwicklung in Reutlingen kennengelernt habe. „Ich kommuniziere sehr gern“, zudem empfinde sie die Arbeit mit den Menschen vor Ort als befruchtend. „Ich habe noch nie einen Prozess erlebt, der durch die Bürgerbeteiligung schlechter geworden ist.“ 2015 habe sie sich auf ihre derzeitige Stelle beworben. Auch, weil sich die Bereiche Stadtplanung und Umwelt „ganz toll ergänzen“.

Die Neue hat drei Kinder

44 Jahre alt ist Susanne Schreiber, tatsächlich wirkt sie jünger. Die leichten Sommersprossen und das Blumenkleid machen das, vor allem aber die quirlige und offene Art. Von ihrer Familie erzählt sie gern. Etwa davon, dass sie früher unter ihrem häufigen Vornamen gelitten habe, sodass sie für ihre eigenen Kinder Außergewöhnliches wollte. Die 18-jährigen Zwillinge heißen Smilla und Kolja, Golda ist zwölf. Die Familie sei eng. Am liebsten reisten Mutter, Vater – ein Lehrer – und die Kinder zusammen durch Europa. Auch Filderstadt habe man zu fünft erkundet. Zunächst wird die Familie aber in Reutlingen bleiben. Die Großen machen bald ihr Abi, „danach werden die Karten neu gemischt“. Derweil wird Susanne Schreiber pendeln und sich mit zwei der größten Filderstädter Probleme vertraut machen, wie sie mit gequältem Ausdruck sagt: Stau und Wohnungssuche.

Sie habe sich nicht gegen Nürtingen entschieden, sondern für Filderstadt. Das Gefühl sei gut. „Der Herr Traub ist ein quirliger Schaffer. Da ist heute schon eine Dynamik“, findet Susanne Schreiber. Sie habe gehörigen Respekt vor der Aufgabe, immerhin wird sie Chefin von 175 Mitarbeitern im technischen Dezernat. Dann lächelt sie. „Aber mein Mut ist genauso groß.“