Antje Päglow hat ein großes Herz für Igel. Hier hält sie den kleinen Graye in den Händen. Dessen Bruder päppelt sie daheim auf. Foto: Pehar

Bisher mussten noch kein Hund und keine Katze abgelehnt werden, aber in der Einrichtung in Filderstadt-Bonlanden mangelt es an Platz und Geld. Zurzeit bringt vor allem eine Tierart das Heim an seine Grenzen

Filderstadt - Sie heißen Jordan, Ingo oder Heinrich, sind stark unterernährt und wohnen unter einem Zeitungsberg in einer Box im Futterlager des Tierheims. „Unser Igelhaus platzt aus allen Nähten, deshalb haben wir die neuen Findelkinder hier untergebracht“, sagt Tierheimleiterin Antje Päglow und lupft ein Igeljunges aus seiner Kiste.

Der Name des Kleinen ist Graye, es hat einen blauen Punkt auf dem stacheligen Rücken und schaut mit seinen dunklen Knopfaugen neugierig umher. „Seine drei Brüder haben auch einen blauen Klecks bekommen, damit wir wissen, wer zusammengehört“, sagt sie. „Zwei haben es leider nicht geschafft – einen päpple ich bei mir zu Hause hoch“, sagt die ehrenamtlich arbeitende Tierheimchefin.

Erst zunehmen, dann Winterschlaf

Der kleine Graye ist mit einem Gewicht von 272 Gramm im Tierheim angekommen, er wiegt mittlerweile 416 und muss nochmal circa 200 Gramm zunehmen – erst dann darf er in den Winterschlaf.

In einem normalen Winter werden rund 20 bis 30 Igeljunge zu den Tierschützern gebracht – jetzt sind es schon über 60. Der Grund ist laut Päglow der heiße Sommer: „Aufgrund der lang anhaltenden Hitze gab es zu wenig Insekten, sodass die Mütter ihre Jungen nicht ernähren können.“ Diese gehen dann alleine auf Nahrungssuche – auch tagsüber. Viele schaffen es nicht, sie werden vom Auto überfahren oder erfrieren. Die Glückspilze, die im Tierheim landen, werden mit Antibiotika gegen Parasiten behandelt, täglich gewogen und mit Katzenfutter aufgepäppelt.

Gibt es überhaupt noch Platz für neue Tiere?

Graye und seine Artgenossen sind aber freilich nicht die Einzigen, die in Bonlanden Unterschlupf gefunden haben. Außer den 60 Igeln leben derzeit 17 Hunde, 15 Katzen, 15 Kaninchen, zwei Degus, fünf Meerschweinchen, einige Mäuse und sehr viele Tauben im Tierheim im Eichholz in Bonlanden.

Ob es noch Platz für neue Tiere gibt? „Eigentlich nicht. Aber irgendwie geht immer doch noch irgendein Türchen auf – wie das zum Beispiel just an dem Tag eine Vermittlung stattfand.“ Tiere abzulehnen, das versuche man zu vermeiden, sagt die Tierheimleiterin, denkt kurz nach und betont dann: „Tatsächlich haben wir noch nie ein Tier abgelehnt.“ Zudem behalte man auch Tiere, die gar nicht vermittelbar sind, wie zum Beispiel Nuno.

Der 13-jährige Terrierrüde habe so viel Angst vor Menschen und andere Tieren, dass er einfach um sich beißt und lieber draußen alleine in einem Freigehege mit beheizter Hütte lebt. So berichtet es Antje Päglow. „Es hat sich schon gebessert, sodass die Tierpfleger ihm die Leine anlegen und mit ihm spazieren gehen dürfen“, betont Päglow. Für Nuno oder andere Dauergäste könne man eine Patenschaft übernehmen.

Auf die Frage, ob viele Tiere, die an Weihnachten verschenkt wurden, nach den Feiertagen im Tierheim landen, antwortet Päglow: „Das hält sich bei uns mittlerweile eigentlich in Grenzen, die Menschen sind auch dank der Medien besser aufgeklärt.“ In Großstädten wie Berlin oder auch im Osten Deutschlands sei dies ihres Wissens nach anders.

Der Verein kommt irgendwie über die Runden

Das Tierheim in Filderstadt komme finanziell „irgendwie über die Runden“. Geld gibt es einerseits als Zuschusspauschale für Fundtiere von den Städten Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen und Aichtal. Zudem kommt etwas in die Kasse als Vermittlungsgebühren, als Beiträge der rund 1100 Mitglieder des Tierschutzvereins sowie unregelmäßig als Spenden und Erbschaften.

Davon bezahlt werden müssen alleine schon 5000 bis 6000 Euro Tierarztkosten im Monat – zudem stehen immer wieder Reparaturen und Sanierungen im Heim an. So bleibt nicht viel Gehalt für die Tierpfleger übrig: „Wir können leider nur ein bisschen über Mindestlohn bezahlen“, bedauert die Tierheimleiterin.

Zudem sei es schwierig, Personal zu finden. Denn tierlieb zu sein, reiche nicht unbedingt aus: Die Arbeitszeiten seien mit drei Stunden Pause zwischen 13 und 16 Uhr für viele unzumutbar. Man müsse viel putzen und ausmisten, meist in der Kälte, und laufe am Tag bis zu 15 Kilometer hin und her. „Das geht nur mit sehr viel Herzblut“, weiß die Leiterin.