In Bernhausen hat das Ordnungsamt Filderstadt vom Rathausfenster aus geblitzt. Das sorgt nun für Diskussionen. Rechtlich sei das erlaubt, sagt die Stadt. Warum die Aktion dennoch nicht wiederholt wird.
Wer geblitzt wird, weil er zu flott unterwegs war, ärgert sich immer. Es kann schließlich schnell teuer werden. Groß ist die Empörung der Autofahrer vor allem dann, wenn sie sich übers Ohr gehauen fühlen. Auch beim ADAC Württemberg gehen regelmäßig Beschwerden wegen angeblicher Abzocke ein, sagt der Pressesprecher Julian Häußler. „In über 90 Prozent der Fälle gibt es aber nichts zu beanstanden“, sagt er. Hinter Hecken oder in einer Ritze am Bahnübergang – der ADAC-Sprecher hat schon von vielen Tarnungen für Radargeräte gehört. Dass ausgerechnet aus einem Fenster des Rathauses geblitzt wird, so etwas ist ihm aber noch nicht untergekommen.
Genau das ist in Filderstadt passiert und sorgt nicht zuletzt durch einen Beitrag von SWR 3 für Aufregung. Am Samstag, 30. November, wurden zwischen 11 und 16 Uhr Tempoverstöße in der Burgstraße unweit des Alten Rathauses in Bernhausen mit einem mobilen Radargerät überwacht. Das bestätigt der Leiter des Ordnungsamts in Filderstadt, Jan-Stefan Blessing. Er räumt auch ein, dass eine der Kameras im geöffneten Fenster des Ordnungsamts und damit in über drei Meter Höhe aufgestellt wurde.
Blitzer im Rathausfenster – „Absolut zulässig“
Warum der Beschäftigte des Gemeindevollzugsdienstes diesen Standort gewählt hat und ein Element des mehrteiligen Geräts nicht wie sonst auf der Straße deponiert hat, vermag er nicht zu sagen. „Es gibt einen großen Ermessensspielraum bei der Einrichtung der Verkehrsüberwachung“, sagt Blessing. „Rechtlich und auch technisch war das absolut zulässig“, betont er, mit ihm abgesprochen oder sogar von ihm angewiesen sei dieser ungewöhnliche Standort aber nicht gewesen. Auch der ADAC bestätigt, dass Blitzer grundsätzlich überall stehen können, sofern der Eigentümer nichts einzuwenden hat. Allein Bayern verbietet eine künstliche Tarnung, erlaubt aber natürliche Verstecke wie etwa Büsche. Andere Bundesländer machen dagegen gar keine Vorgaben, heißt es auf der Homepage des Automobilclubs.
Dass der Mitarbeiter es sich im Büro des Ordnungsamtes gemütlich gemacht hat, anstatt wie sonst unten im VW-Bus zu sitzen, hält Jan-Stefan Blessing für unwahrscheinlich. „Selbstverständlich war die Heizung abgedreht und das Fenster stand offen, da ist es im Bus mit Sicherheit angenehmer“, so Blessing. Der mobile Blitzer arbeitet übrigens im „nicht aufmerksamen Betrieb“, das heißt, er löst ohne menschliches Zutun aus. Doch mobile Radargeräte sind sehr teuer, weshalb in der Regel ein Mitarbeiter vor Ort ist, damit nichts zerstört oder gestohlen wird.
Tempo 29 ist nicht Schrittgeschwindigkeit
Der Radar im Fenster wird in Filderstadt einmalig bleiben. Der Standort passe nicht zur Außendarstellung des Ordnungsamtes. „Wir wollen offen und fair mit den Verkehrsteilnehmern umgehen“, betont Blessing. Auch aus verkehrserzieherischer Sicht sei die Aktion falsch gewesen. „Eine Kamera muss zwar nicht gleich auf den ersten Blick entdeckt werden können, sie sollte aber doch noch an Ort und Stelle wahrnehmbar sein, damit die Autofahrer künftig ihr Verhalten auch ändern können“, sagt der Amtsleiter.
Ziel solcher Maßnahmen sei es, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, so Blessing. Vom Rathausfenster aus wurden an besagtem Samstag von 285 Autos übrigens 39 geblitzt. Ein Fahrer war mit Tempo 29 unterwegs. Erlaubt ist Schrittgeschwindigkeit.