Es gab Zeiten, da war die Notaufnahme der Filderklinik gnadenlos überfüllt. Jetzt ist das Gegenteil der Fall. Foto: Caroline Holowiecki

Die Notaufnahme der Filderklinik verzeichnet einen deutlichen Rückgang an Patienten in der Corona-Krise. Laut Markus Ebel hat das mehrere Gründe. Und er warnt in manchen Fällen sogar vor falscher Zurückhaltung.

Filderstadt - In der Corona-Krise lautet die Devise: zu Hause bleiben. Prekär wird das aber, wenn ernsthaft Kranke Krankenhäuser meiden – aus Furcht vor einer Ansteckung oder um das Personal zu entlasten. Markus Ebel, der Leiter der Notaufnahme der Filderklinik, erzählt von einem gefährlichen Schwund.

Herr Ebel, im August 2018 haben wir uns mit Ihnen darüber unterhalten, dass oftmals auch Menschen wegen Lappalien Ihre Notaufnahme blockieren. Wie ist die Situation aktuell in der Corona-Krise?

Jetzt sind es natürlich deutlich weniger. Die Patienten kommen jetzt doch viel weniger mit geringen Erkrankungen. Seinerzeit waren es bis zu 120 Patienten am Tag, nun liegen wir so zwischen 40 und 90, durchschnittlich 60 bis 70 Patienten am Tag. Das ist schon deutlich.

Was ist der Grund für das plötzliche Fernbleiben?

Das ist natürlich nicht so ganz einfach zu sagen. Da gibt es mehrere Faktoren. Der eine ist sicherlich die persönliche Angst, im Krankenhaus vielleicht exponiert zu sein und sich zu infizieren. Die zweite Sache ist natürlich schon auch, dass der eine oder andere sagen mag: Wenn es nicht zwingend sein muss, gehe ich eher nicht ins Krankenhaus und entlaste das Personal. Direkte Aussagen dazu habe ich nicht. Was aber auch ganz wichtig ist: Als die Welle losging, haben alle Krankenhäuser ihren Zugang beschränkt. Sie sehen vor jedem Krankenhaus, so auch vor unserem, dass Besuche bis auf Weiteres untersagt sind. Unsere Pforte öffnet nicht von selber, da muss ich klingeln und sagen, was ich habe. Das ist für die Leute sicherlich eine Hürde.

Was wird im Krankenhaus getan, um sowohl Patienten als auch Personal zu schützen?

Wenn Personen Symptome haben, die in die Richtung deuten – Fieber, Husten, Halskratzen –, die holen wir direkt ab, entsprechend auch mit persönlicher Schutzausrüstung, und bringen sie direkt in den Isolierbereich. Sie haben überhaupt keinen Kontakt zu anderen Patienten. Wir haben Desinfektionsspender, wir haben auch die normalen Mund-Nasen-Schutzmasken. Aber Patienten, die verdächtig sind, werden sowieso isoliert und allein in einen Behandlungsraum gebracht. Ein weiterer Punkt ist, dass wir sehr großzügig testen. Wir sind da vielleicht noch empfindlicher als die Vorgaben vom Robert-Koch-Institut.

Sie testen direkt in der Notaufnahme, wenn von entsprechenden Symptomen berichtet wird?

Genau. Wir machen einen Abstrich. Natürlich können wir den nicht im Haus bearbeiten, sondern schicken das an ein externes Labor. Dann kommt es drauf an. Wenn wir die Patienten aufgrund ihrer Erkrankung stationär behandeln müssen, dann werden sie erst mal isoliert im stationären Bereich, bis wir das Untersuchungsergebnis haben.

Befürchten Sie, dass Menschen aus Angst vor dem Coronavirus daheimbleiben, obwohl sie dringend in die Notaufnahme müssten?

Tja, wir sehen natürlich schon, dass wir durchaus weniger Patienten haben, die zum Beispiel zur Abklärung von einem Brustschmerz kommen; ein potenzieller Herzinfarkt. Vielleicht sagt jetzt auch jemand, der schneller mal käme mit einer Atemstörung: Es ist doch nicht so schlimm, ich warte, ob es vorbeigeht. Natürlich ist es so, dass wenn so was eskaliert und doch zu einem Herzinfarkt wird, dann gehen die Patienten in eine entsprechende Klinik.

Aber haben Sie denn die Sorge, dass die Menschen länger warten – möglicherweise zu lang?

Kann ich mir schon vorstellen. Aber ich habe keine Zahlen dazu.

Bei welchen Beschwerden raten Sie als Internist auf jeden Fall zum Arztbesuch?

Ich würde immer sagen, wenn jemand Brustschmerzen hat, die er nicht kennt, dann sollte er auf jeden Fall zum Arzt gehen und sich untersuchen lassen. Natürlich auch bei einer zunehmenden Verschlechterung der Atmung, wenn jemand einen fieberhaften Infekt hat, mit dem er nicht klarkommt und von dem er nicht weiß, wo er herkommt. Insbesondere immer dann auch, wenn sich das Befinden deutlich verschlechtert.

Wie geht es weiter?

Insgesamt muss man sagen, die Situation ist eine besondere. Auf der einen Seite ist die Bevölkerung etwas am Aufatmen. Die Fälle gehen zurück, es wird schon etwas gelockert. Auf der anderen Seite wissen die Kliniken noch nicht genau, was heißt das jetzt für uns? Kriegen wir tatsächlich noch mal eine zweite Welle? Man ist weiter in Habachtstellung.