Der Filderdialog ist am Freitagabend in der Landesmesse in die nächste Runde gegangen. In unserer Bildergalerie bekommen Sie Eindrücke von der Veranstaltung. Foto:  

Die Teilnehmer erteilen den bisherigen Plänen der Bahn eine Absage – Beteiligung aus Leinfelden-Echterdingen bröckelt.

Leinfelden-Echterdingen - Der Filder-Dialog hat nach der zweiten von drei Runden ein vorläufiges Ergebnis. Im Kongresszentrum der Landesmesse stimmten am Freitag 112 Bürger, Vertreter von Interessengruppen, Kommunen und der S-21-Projektpartner über insgesamt sieben Pläne ab. Die nach dem Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) benannte Variante erhielt dabei mit 35 die meisten Stimmen. Die Pläne der Bahn nur elf.

Die Bahn will bei ihrem Projekt Stuttgart 21 Züge aus Richtung Singen über die S-Bahn-Gleise zum Flughafen führen. Hermann will diesen Mischverkehr verschiedener Zugarten nicht. Er rät, die alte Gäubahn durch Stuttgart weiter zu nutzen und mit einen Tunnel an den neuen Hauptbahnhof anzubinden. In Vaihingen solle per neuem Bahnsteig ein Umsteigepunkt zur Flughafen-S-Bahn geschaffen werden. Am Airport selbst entstünde ein Fernbahnhof für Züge von und nach Ulm. Laut Bahn würde das je nach Rechnung 86 bis 168 Millionen Euro zusätzlich kosten. S 21 ist laut Land mit rund 4,4 Milliarden Euro berechnet, die vertraglich fixierte Obergrenze liegt bei 4,526 Milliarden. Der Kostendeckel sie eine „ziemlich brisante Frage“, heißt es im Staatsministerium von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

27 Dialog-Teilnehmer plädierten bei der Abstimmung um 20.30 Uhr für eine Lösung, die eine Mischnutzung der S-Bahn-Gleise zulässt. Fern- und Regionalzüge sollen aber nicht in die S-Bahn-Station unter dem Airport, sondern in einen neuen Flughafenbahnhof unter der Flughafenstraße fahren. Mehrkosten laut Bahn: 110 Millionen Euro. Für die Bahn-Pläne, die so genannte Antragstrasse, konnten sich nur elf Teilnehmer erwärmen.

Kosten für die Gäubahn noch nicht ermittelt

„Was wäre die zweitliebste Lösung?“, fragte der Dialog-Moderator Ludwig Weitz. Hier ergatterte die Antragstrasse 14, die Hermann-Lösung noch 23, die Variante eines kompletten Gleisneubaus zwischen Vaihingen und Flughafen entlang der A 8 aber 25 Stimmen (Kosten: 276 Millionen Euro). Für eine Gäubahn, die künftig über Rottenburg, Tübingen und Nürtingen fahren soll, sprachen sich 22 Teilnehmer aus. Die Kosten sind hier nicht ermittelt.

Die Abstimmung ist für die Bahn und alle Mitzahler am Projekt Stuttgart 21 unverbindlich. Sie soll in der dritten Dialog-Runde am Samstag, 7. Juli, weiter konkretisiert werden. Bahn und Land wollen am 13. Juli ihr weiteres Vorgehen kundtun. Weil eine Kostenverteilung geklärt werden müsste, erscheint eine endgültige Entscheidung bis dahin als unwahrscheinlich.

Die zweite Dialog-Runde besuchten insgesamt 121 Menschen, davon 26 Bürger aus Leinfelden-Echterdingen (42 hatten sich angemeldet), 19 (28) aus Stuttgart, 3 (4) aus Filderstadt und 2 (2) aus Neuhausen. Insgesamt kamen also 50 zufällig ausgewählte Bürger. Da sie durch den Mischverkehr Lärm und Nachteile für den S-Bahn-Takt fürchten, tendierten sie wahrscheinlich eher zur Hermann-Variante. An der ersten Runde am 16. Juni hatten 68 Bürger teilgenommen. Die Zahl der gesetzten Vertreter von Kommunen und Interessenvertreter lag jetzt bei 68 (89), beim ersten Dialog bei 84.

Heftiges Geplänkel der Interessengruppen

Die geringere Beteiligung aus Leinfelden-Echterdingen (LE) könnte eine Reaktionen auf Roland Klenk (CDU) sein. Der OB von LE hatte in dieser Woche seinen Ausstieg bekannt gegeben. Er kritisierte, dass die Landesregierung den Teilnehmer nicht sage, dass die Hermann-Variante von der Landeshauptstadt, der Region und Bahn keinesfalls akzeptiert werde. Für „Phantomdiskussionen“ stehe er nicht zur Verfügung.

Das Verkehrsministerium reagierte am Freitag und verteilte auf der Pressebank ein Blatt, auf dem die Nachteile des Mischverkehrs dargestellt werden. Die Botschaft: Eine Verdichtung des auf der Gäubahn vorgesehenen Stundentaktes zum Halbstundentakt im Regionalverkehr sei „beim bestehenden S-Bahn-Angebot nicht möglich“.

Moderator Ludwig Weitz zeigte sich von dem heftigen Geplänkel der Interessengruppen unbeeindruckt. „Wir sind im Halbfinale, auch wenn das ein schmerzhafter Vergleich ist“, sagte er zum Auftakt. Zum Schluss gab er sich salomonisch: „Die Lösung wird am Ende eine Kombination von guten Elementen verschiedener Varianten sein.“ Man könne sie „vielleicht mit Elementen der Bahn-Pläne verbinden“.

Flughafen-Chef lobt die Bürger

S-21-Projektsprecher Wolfgang Dietrich interpretierte das vorläufige Ergebnis so: „Ich sehe zwei ausgewogene Lager und keine Mehrheit gegen die Antragstrasse.“ Nach wie vor gehe es darum, ob die Gäubahn zum Flughafen fahre „oder eben nicht“.

„Die Antragstrasse der Bahn ist klardurchgefallen“, sagte Frank Distel von der Schutzgemeinschaft Filder. Flughafen-Chef Walter Schoefer lobte die Bürger. „Wir sind ein großes Stück weiter gekommen. Die Bürger haben schnell und gut eingearbeitet. “