Die Bahn will zum Anschluss des Flughafens die S-Bahn-Strecke nutzen. Am Airport ist ein weiterer Halt für Züge von und nach Ulm vorgesehen. Die Pläne gelten als verbesserungswürdig. Foto: Stadtmessungsamt Stuttgart, StN-Bearbeitung: Lange, Quelle: Deutsche Bahn AG

Debatte nur in Grenzen – Schutzgemeinschaft übt scharfe Kritik und erwägt Ausstieg.

Stuttgart - Die Deutsche Bahn wird auch im Filder-Dialog an ihrem umstrittenen Grundkonzept von Stuttgart 21 auf den Fildern festhalten. „Es darf auf den Fildern nichts Neues geplant werden, das das verkehrliche Gesamtkonzept von Stuttgart 21 infrage stellt“, sagte S-21-Sprecher Wolfgang Dietrich am Montag. Bei dem Bürgerbeteiligungsverfahren, das am 16. Juni beginnt, sollen die Pläne der Bahn und sechs teilweise Varianten diskutiert werden.

Würde man im Rahmen des Dialogs wesentliche Teile des Konzepts auf den Fildern ändern – was mehrere Varianten vorsehen – könnten laut Dietrich „auch bereits rechtskräftige Genehmigungen anderer Abschnitte von Stuttgart 21 infrage gestellt werden“. Eine solche juristisch heikle Rückwirkung sei zu vermeiden. Dietrichs erteilte damit vor allem Überlegungen von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), der die direkte Gäubahn-Anbindung des Flughafens aufgeben will, eine Absage.

Die inhaltliche Beschränkung des Filder-Dialogs wird auch in einem Positionspapier deutlich, das an alle vorgesehenen 168 Teilnehmer des Dialogs verteilt werden soll. Das Papier, das unserer Zeitung vorliegt, bezeichnet das bisherige S-21-Verkehrskonzept auf den Fildern als „Vorgegebenheit“, die diskutiert, aber nur mit Zustimmung der Bahn und ihrer Projektpartner verändert werden könne. Auch der Kostendeckel von S 21 und der nahezu fertig geplante Filder-Tunnel gelten als „wesentliche Prämissen“. Das Positionspapier ist von der Spurgruppe erstellt worden, in der Vertreter von Land, Stadt Stuttgart, Filder-Kommunen, Bürgerinitiativen und Bahn den Dialog zusammen mit Moderator Ludwig Weitz vorbereiten.

„Ich halte die Verlaufsplanung des Dialogs für geradezu bürgerfeindlich“

Form und Inhalt der Bürgerbeteiligung sind vor allem bei den Gegnern von S 21, die zum Dialog eingeladen sind, stark umstritten. Am Dienstag ist dazu ein Brandbrief von Steffen Siegel publik geworden, den der Vorsitzende der einflussreichen Schutzgemeinschaft Filder tags zuvor an Moderator Weitz und alle Spurgruppen-Mitglieder verschickt hat. „Ich halte die Verlaufsplanung des Dialogs für geradezu bürgerfeindlich“, kritisiert Siegel und stellt explizit seine weitere Teilnahme am Dialog infrage.

Siegel stört sich vor allem am Diskussionskonzept von Weitz, der neben 88 Interessenvertretern auch 80 Bürger in den Dialog einbinden will. Die beschränkte Teilnehmerzahl und der weitgehende Verzicht auf eine offene Debatte im Plenum führe dazu, dass die „eigentlichen Urheber“ einer Planungsalternative im Dialog nicht zu Wort kämen, kritisiert Siegel. „Wenn man deren Gedanken nicht für das ganze Plenum erkennbar aufnimmt, ist dies eine sinnlose Vergeudung von ernster Hirntätigkeit“, spottet Siegel. Mit der Unmöglichkeit, die eigene S-21-Alternative im Dialog vorzustellen, werde man „mundtot“ gemacht, beklagt sich am Dienstag auch das Bündnis Filderbahnhof Vaihingen. Die Bürgerinitiative Lebenswertes Echterdingen hatte sich bereits vor Tagen nach Kritik an Weitz zurückgezogen.

Selbst bei einem Ausstieg der Schutzgemeinschaft wäre der Dialog aber „nicht gefährdet“

„Ich respektiere die Meinung von Herrn Siegel, habe ihn aber zum Dabeibleiben ermutigt“, sagte am Dienstag Moderator Weitz. Selbst bei einem Ausstieg der Schutzgemeinschaft wäre der Dialog aber „nicht gefährdet“. Wie sich die Initiative am Ende entscheidet, ist nach Einschätzung von Vorstandsmitglied Frank Distel noch völlig offen. Der Ausstieg werde intern heftig diskutiert. „Der Dialog ist eine Karikatur einer Bürgerbeteiligung“, ärgert sich Distel.

Ingrid Grischtschenko gehört auch dem Vorstand an, sitzt aber als Regionalrätin (Grüne) in der Spurgruppe. Sie versucht seit Wochen, die Wogen zu glätten und plädiert in der Schutzgemeinschaft dafür, zu bleiben. „Wenn das Ergebnis aber Mist ist, sage ich das auch“, betont sie. Der S-21-kritische Verein Lebenswertes LE wartet dagegen nur noch darauf, dass die Schutzgemeinschaft sich ausklinkt: „Dann steigen wir auch aus“, sagt die Vorsitzende Claudia Moosmann.

Die Stadt Leinfelden-Echterdingen wird dagegen am Dialog teilnehmen. „Wir haben keine Veranlassung auszusteigen“, sagt der Erste Bürgermeister Frank Otte. Man wolle alle Wege nutzen, um für die Stadt positive Veränderungen bei S 21 zu erwirken.