Dass Pedelec-Fahrer recht schnell sind, verwirrt manche Verkehrsteilnehmer. Foto: Barner

Wie elektrisch sind die Bewohner der Filder unterwegs? Was gut läuft und woran es hapert, erläutert eine Serie rund ums Thema E-Mobilität. Diesmal: Der Produktspezialist Andreas Hüsam gibt Tipps für Kauf und Sicherheit von E-Rädern.

Filder - Der Tüv hat ein Auge auf alles, was sich auf den Straßen bewegt. Dazu gehören seit einigen Jahren auch Pedelecs. Beim Radeln mit Akku verlassen sich die Dienstleister und Prüfstellen auf den Fildern auf das Know-how der Kollegen in der Münchner Zentrale. Produktspezialist Andreas Hüsam vom Tüv-Süd gibt im Interview Tipps für den Kauf, den Einsatz und die Sicherheit von Elektro-Fahrrädern.

Herr Hüsam, wie findet man das passende Pedelec?
Inzwischen hat man die Wahl zwischen vielen unterschiedlichen Modellen. Die Produktpalette reicht vom Falt-Elektrofahrrad für Pendler über das Trekking-E-Rad bis hin zu City-Bikes in vielen Designs. Das macht die Entscheidung nicht einfacher. Ich empfehle: Wer nicht sicher ist, ob es tatsächlich ein Pedelec sein soll oder welches Modell sich am besten eignet, kann sich nach einem Elektrorad-Verleih umsehen und sich erst einmal herantasten. Manchmal ist es sogar möglich, bei einem späteren Kauf die Leihkosten anrechnen zu lassen. Auch der Urlaub eignet sich zum Testen. In vielen Tourismusregionen gibt es Leihstationen für Pedelecs.
Auf welche technischen Details muss man beim Kauf besonders achten?
Wer sich für den Kauf eines Pedelecs entscheidet, sollte bei günstigen Modellen besonders kritisch auf den Akku schauen. Er ist das Herzstück des Elektro-Rads. Teilweise gelten für die Energiespeicher gesonderte Garantiebedingungen, zum Beispiel eine Beschränkung auf sechs Monate oder 500 Ladezyklen. Am besten lassen Sie sich vom Händler bestätigen, wie viele Lebensjahre und Ladezyklen der Hersteller garantiert. Um lange Freude mit dem Pedelec zu haben, muss man insbesondere auf folgende Punkte achten: Das Bike sollte über eine Akku-Ladestandsanzeige verfügen. Und der Akku sollte sich vom Rad trennen lassen. Das vereinfacht das Aufladen, schützt vor Diebstahl und ermöglicht es im Schadensfall, eine Ersatzbatterie zu besorgen.
Wie kann man die Lebenszeit des Akkus verlängern?
Bei älteren Lithium-Ionen-Akkus sollte man darauf achten, dass diese nicht komplett entleert werden. Vor einer längeren Lagerung empfiehlt es sich, den Akku voll zu laden und den Vorgang alle zwei bis drei Wochen zu wiederholen. Moderne Akkus mit Zellüberwachung und Batteriemanagementsystem müssen nicht kontinuierlich nachgeladen werden. Zudem verhindert die Elektronik, dass sie sich vollständig entleeren. Solche modernen Akkus können bei einem Ladezustand von etwa 60 Prozent optimal gelagert werden. Im Winter sollte man den Akku abnehmen und bei Temperaturen von mehr als fünf Grad Celsius aufbewahren. Das verlängert die Lebenszeit erheblich.
Was sollte ein Akku leisten können?
Um das Pedelec im Alltag und in der Freizeit wunschgemäß einsetzen zu können, kommt es nicht zuletzt auf die Ladezeit an. Hier reicht das Spektrum von zwei bis zu sechs Stunden. Ein weiteres sensibles Thema ist die Reichweite des Akkus. Die Herstellerangaben liegen zwischen 25 Kilometer bis 150 Kilometer. Am besten beim Händler fragen, welche Erfahrungen er gemacht hat – auch in Sachen Produktrückläufe. Noch ein Tipp zur Entsorgung: Wird der Akku bei einem Sturz beschädigt und weist zum Beispiel Dellen und Quetschungen auf, dann muss er ausgemustert werden – und zwar über die örtliche Entsorgungsstelle für Altbatterien. Bei einem beschädigten Akku besteht die Gefahr, dass er überhitzt und zu brennen beginnt.
Welche Sicherheitsanforderungen müssen erfüllt sein?
Das Pedelec muss mindestens das CE-Kennzeichen tragen. Damit erklärt der Hersteller, dass grundlegende Sicherheitsanforderungen für den EU-Raum eingehalten sind. Über tatsächlich durchgeführte Sicherheitsprüfungen sagt das Zeichen aber erst einmal nichts aus. Der Kunde muss sich hier auf die Aussage des Herstellers verlassen. Wichtige Hinweise erhält man bei einer Probefahrt. Der Rahmen darf bei einhändiger Fahrt nicht zu flattern beginnen. Die Tretunterstützung sollte nicht zu ruckartig einsetzen und nach Tretende nicht zu lange weiterarbeiten. Ein E-Fahrrad sollte stärkere Bremsen als ein herkömmliches Fahrrad haben, um die durchschnittlich höheren Geschwindigkeiten und die höhere Masse des Rades sicher abbremsen zu können. Hier haben sich Scheibenbremsen bewährt.
Was sollte man vor der ersten Fahrt auf dem Pedelec beachten?
Kaufen und einfach losfahren ist keine gute Idee. Vorher sollte man sich mit den Details der Gebrauchsanleitung vertraut machen. Zudem muss man sich an die höheren Geschwindigkeiten gewöhnen und beachten, dass andere Verkehrsteilnehmer häufig noch nicht mit den schnellen E-Fahrrädern rechnen und deshalb falsch reagieren. Und natürlich gilt auch hier: Den Fahrradhelm nicht vergessen.
Ist das Schnäppchen aus dem Internet eine empfehlenswerte Alternative?
Vom Online-Kauf von No-Name-Produkten raten die Produkt-Experten von Tüv-Süd ab. Wer Wert auf Qualität legt und auf ein ausdauerndes Pedelec setzt, geht in den Fahrradfachhandel. Hier kann man sich fachkundig beraten lassen, verschiedene Räder Probe fahren und hat bei Problemen einen direkten Ansprechpartner vor Ort. Das hat zudem den Vorteil, dass man im Garantiefall die Verhandlungen mit dem Hersteller dem Händler überlassen kann.

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