An den von den Gespinstmotten befallenen Sträuchern im Hohenheimer Park wächst kein Blatt mehr. Foto: Alale Sarshar Fard

Ein bisschen gruselig sieht es schon aus: In Hohenheim, im Wald bei Plieningen, im Steckfeld und in anderen Gegenden Stuttgarts hat eine Motte Bäume und Sträucher befallen. Wir haben nachgefragt, ob das gefährlich für die Menschen ist.

Filder - Gespenstig sieht es aus. Wie ein Geisterbaum inmitten einer grünen Landschaft. In den Filderbezirken gibt es seit Kurzem einige Geisterbäume. Vom Stamm bis in die kleinsten Verästelungen sind sie überzogen mit spinnwebenartigen Gebilden. Ein wenig erinnern sie an alte Geisterhäuser in einem Horrorfilm. Diese graubeschleierten Bäume wurden bisher im Hohenheimer Park, im Wald zwischen Plieningen und dem Fasanenhof sowie zwischen Plieningen und Möhringen, auf dem Feld westlich vom Paracelsus-Gymnasium in Hohenheim, am Rande des Uni-Sportgeländes in Vaihingen, rund um die Bärenseen sowie an einer Grünfläche an der Osumstraße im Steckfeld von Bürgern gemeldet.

Vor den grauen Schleiern fürchten muss sich aber niemand. Aus diesem Grund sammeln die Mitarbeiter des städtischen Garten-, Friedhofs- und Forstamts zwar die Meldungen der Bürger von befallenen Bäumen, werden aber nicht aktiv, indem sie die Gespinstraupe entfernen. „Die Raupe befällt ausnahmslos Bäume und Sträucher und ist für Menschen völlig ungefährlich“, begründet Günther Hertfelder vom Garten-, Friedhofs- und Forstamt diese Entscheidung.

Gefährlich ist der Eichenprozessionsspinner

Anders ist das zum Beispiel beim Eichenprozessionsspinner. Dessen Raupen können beim Menschen gefährliche allergische Reaktionen auslösen. In einer Pressemitteilung heißt es: „Neben dem ausschließlich auf Eichen spezialisierten Eichenprozessionsspinner gibt es noch zahlreiche andere Raupen- und Mottenarten, die im Frühjahr andere Bäume und Sträucher kahl fressen. Deren Gespinste sind oft sehr auffällig, aber für den Menschen völlig harmlos und werden deshalb nicht beseitigt.“

Veronika Ellenrieder, die Leiterin der Abteilung Verwaltung, sagt: „Nach unserer Einschätzung ist es aktuell noch ein punktuelles und kein großflächiges Auftreten der Raupen.“ Betroffen seien vor allem sonnenbeschienene Bäume in Randlagen und lichtdurchfluteten Gebieten.

Dieses Jahr ist es besonders schlimm

Die Tiere befallen vorzugsweise die Traubenkirsche und das Pfaffenhütchen. Bei der Traubenkirsche handelt es sich um einen Laubbaum aus der Familie der Rosengewächse. Das Pfaffenhütchen gehört zu den häufigsten heimischen Sträuchern. Aus seinem zähen Holz wurden früher Orgelpfeifen, Schuhnägel und Stricknadeln hergestellt. Auf der Suche nach neuer Nahrung spinnen die Raupen aber auch mal eine ganze Parkbank ein – das ist etwa am Uni-Campus in Vaihingen der Fall.

Ein neues Phänomen sei die Gespinstmotte nicht, sagt Ellenrieder. Allerdings sei die Intensität des Befalls von Jahr zu Jahr verschieden. Und dieses Jahr sei es besonders schlimm. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Bedingungen in den vergangenen Wochen für die Raupen optimal waren.“ Auf der Internetseite des Nabu ist zu lesen, dass die Raupen trockenes und heißes Wetter bevorzugen. Daher fördere der Klimawandel das alljährliche massenhafte Auftreten der Tiere.

Die Raupe schadet den Pflanzen

Während die Raupen keinen Einfluss auf Menschen haben, schaden sie jedoch zweifellos den Bäumen und Sträuchern. Ellenrieder ergänzt aber: „Wenn die Pflanzen vital und gesund sind, treiben sie später wieder aus.“ Für das gesamte Ökosystem hätten die kleinen Tierchen auch Vorteile. „Sie sind ein gutes Vogelfutter.“ Die Elternvögel würden so ausreichend Nahrung für ihre Jungen finden. Die Fressfeinde sind übrigens einer der Gründe für die Gespinste. Denn mit diesen wollen sich die Raupen vor Vögeln oder auch Regen schützen.

Veronika Ellenrieder sagt: .„Mit der Verpuppung der Raupen hat der Spuk wieder ein Ende. Vielleicht hilft es Menschen, die sich vor den Netzen ekeln oder fürchten, wenn sie sich bewusst machen, dass aus den Raupen Schmetterlinge werden.“ Schön sind die aber nicht. Anfang Juli schlüpfen die weißen-grauen und mit schwarzen Punkten gesprenkelten Falter. Nach der Paarung legten diese ihre Eier wieder an den Knospen der von ihnen bevorzugten Bäume und Sträucher ab, wo sie bis zum nächsten Frühjahr geschützt überdauerten. Und dann beginnt das gespenstische Schauspiel von Neuem.