Unternehmervertreter lassen sich neue Gewerbegebiete zeigen. Foto: Günter Bergmann

Beim Unternehmerdialog von Leinfelden-Echterdingen wird eines sehr schnell klar: es fehlt an Gewerbegebieten. Diese müssen schneller entwickelt werden. Freilich ist nicht jeder dieser Meinung.

Filder - Die wirtschaftliche Lage auf der Filderebene ist laut Walter Rogg, dem Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, sehr gut. „Die Auftragsbücher sind voll, die Geschäfte rentabel und es herrscht nahezu Vollbeschäftigung“, sagte Rogg am Mittwochabend beim Unternehmerdialog der Wirtschaftsförderung Leinfelden-Echterdingen in der Echterdinger Zehntscheuer. Auf den Stuhlreihen vor ihm saßen Firmenchefs aus der Stadt, die von Rogg, Thomas Kiwitt, dem Technischen Direktor des Verbands Region Stuttgart, und dem Leinfelden-Echterdinger OB Roland Klenk deren Meinung zum Thema Gewerbeflächen hören wollten.

Die gute Lage habe auch Tücken, nämlich Veränderungen durch den Strukturwandel der Autoindustrie und die Digitalisierung, und daraus folge ein hoher Flächenbedarf, der schon jetzt nicht erfüllt werden könne.

Durch die Digitalisierung bleibt kein Stein auf dem anderen

„Wir haben in der Region Stuttgart ein komplettes Automobil-Cluster mit Forschung und Entwicklung, der Produktion, der Finanzierung und dem Verkauf. Das gibt es so weltweit ganz selten“, sagte Rogg. In der Region hätten die Automobilindustrie sowie deren Zulieferer 208 000 Beschäftigte. Ein Teil davon arbeitet auch in Leinfelden, nämlich in Büros von Daimler, weitere sind gerade im Bau. Doch die Autoindustrie sei im Strukturwandel, etwa durch die Entwicklung des autonomen Fahrens und der Elektromobilität, sagte Rogg. Das gelte durch die Digitalisierung auch für andere Branchen wie den Maschinenbau, aber auch für den Handel, Banken und Versicherungen. „Durch die Digitalisierung wird kein Stein mehr auf dem anderen bleiben. Unternehmen müssen sich neu erfinden und neue Produkte anbieten und brauchen dafür neue Fabriken.“ Das sei für Unternehmer eine große Herausforderung, zumal diese aktuell erfolgreich mit den aktuellen Produkten seien. „Doch auch, wenn es jetzt so gut läuft, müssen sie jetzt umdenken.“

Rogg prognostizierte, dass in den kommenden fünf Jahren in der Region Stuttgart 800 Hektar Flächen benötigt würden und 880 Hektar in Flächennutzungsplänen ausgewiesen sind. „Die sind planerisch zwar freigegeben, stehen aber dem Markt noch nicht zur Verfügung“, sagte Rogg. Dafür gebe es viele Gründe, etwa weil diese nicht stark genug vorangetrieben würden. Letztlich reiche das Gewerbeflächenangebot in der Region „vorne und hinten nicht“. Darum sei es wichtig, dass die Kommunen diese Gebiete ausweisen. „Sie bekommen dann dort das Modernste vom Modernen.“ Allerdings sei ihm bewusst, dass mit Blick auf die Filder dafür nicht leichtfertig gute Böden verwendet werden sollten. Auf der anderen Seite gebe es aber eine große Zahl Firmen, die keine Flächen fänden. Er warb dafür, nicht Ökonomie und Ökologie gegeneinander auszuspielen. Klar sei: „Wir müssen jetzt handeln, sonst hat das Wachstum Grenzen“, sagte Rogg.

Ein behutsames Wachstum ist notwendig

Thomas Kiwitt, der Leitende Technische Direktor und Raumplaner des Verbands Region Stuttgart, zeichnete ebenfalls ein Bild, wonach die Filderebene künftig noch mehr unter Druck sein werde. „Die Lagegunst wird durch die ICE-Anbindung, die Verlängerung der Stadtbahn zum Flughafen und der S-Bahn nach Neuhausen noch zunehmen.“ Andererseits sei aber wegen der hohen Bodenqualität auf den Fildern ein behutsames Wachstum wichtig. „Die Landwirtschaft trägt viel zum Heimatgefühl und dem Image der Filder bei“, sagte Kiwitt. Im Hinblick auf die Filderstudie, die die Entwicklung des Raumes skizziert, sagte Kiwitt: „Der Filderraum leistet einen hohen Beitrag zur Standortqualität der Region und es gibt hier weiter Flächenbedarf.“ Die Entwicklung müsse flächensparend vonstatten gehen. „Jetzt, wo die Studie vorliegt, beginnt erst die Arbeit. Das ist ein langwieriger Prozess in den einzelnen Gemeinderäten.“ Dazu werden die Bürger auch am Prozess der Ausweisung von Gewerbe- oder Wohngebieten beteiligt. Für die Unternehmer hatte Kiwitt eine Botschaft: „Bringen Sie sich ein. Wenn nur Privatleute sich äußern, ist die Sichtweise zu einseitig.“

Oberbürgermeister Roland Klenk berichtete von der Planung der Stadt für ein neues Wohn- und Gewerbegebiet in Leinfelden. Die Rötlesäcker sollen anders werden. „Dort wollen wir Wohnen und Arbeiten verbinden und auch Platz für Start-ups schaffen.“ Damit sind neue, aufstrebende Firmen gemeint.