Ursula Wasmer (l.) und Brunhilde Weissmüller mit der Oma Foto: Susanne Müller-Baji

„Die Drahtzieherinnen“ machen in Weilimdorf Amateur-Figurentheater für Erwachsene und suchen nun nach Verstärkungen für ihr Team.

Weilimdorf - In Ursula Wasmers Weilimdorfer Wohnzimmer tummeln sich erstaunliche Mitbewohner: Eugen und Emma Klemmerle, die klassischen Marionetten, mit denen ihr Amateurtheater vor Corona durch die Veranstaltungsprogramme und Gemeindehäuser getingelt ist. Oder Osram und Gießbert, die – nomen est omen – nachhaltig aus einer Gießkanne und einer Gartenleuchte entstanden sind. Bei den „Drahtzieherinnen“ ist Figurentheater freilich keine Kindersache: Sie machen Theater für Erwachsene – und sie suchen derzeit Verstärkung.

Zwangspause genutzt

Marionettentheater in Zeiten der Pandemie: Einerseits waren die Auftrittsmöglichkeiten für die „Drahtzieherinnen“ drastisch eingeschränkt. Andererseits haben Spielleiterin Ursula Wasmer und „Mit-Drahtzieherin“ Brunhilde Weissmüller die Zwangspause findig genutzt – „Osram“ und „Gießbert“ und ein neues Episodenprogramm entwickelt: „Sicht-Weisen: Schein und Sein“ bringt aktuelle Themen satirisch auf den Punkt – ob Missbrauch in der Kirche, Selbstoptimierung oder Lobbyismus: „So eine Marionette darf einfach mehr als ein Mensch“, sagt Brunhilde Weissmüller. Also auch mal humorvoll den Finger in die Wunde legen.

Für das coronakonform reduzierte Publikum und kleine Anlässe haben die „Drahtzieherinnen“ überdies einen kleinen Ableger ihres Theaters entwickelt: Ein literarisches Programm, das aus einem aufgeklappten Buch heraus gespielt wird und bei dem Gedichte und Geschichten vorgelesen oder vorgetragen werden. Hier hat ein ausrangiertes Handy seinen Auftritt, ein Telefonhörer samt Kabel und sogar ein Plüsch-Coronavirus. Die „Drahzieherinnen“ erzählen, dass sie so auch Bekannte in einem Altenheim in der Umgebung besucht haben – ein wenig Farbe ins Pandemie-Einerlei bringen.

Das Amateurtheater ist 1984 aus der Arbeit des Evangelischen Jugendwerks Zuffenhausen und der Puppenbühne „Die Urmels“ entstanden, die von 1976 bis 1990 Kinderstücke mit Handpuppen spielten. Was sind denn die Vorteile von Marionetten gegenüber Handpuppen? „Mit Handpuppen zu spielen ist extrem anstrengend“, demonstriert Ursula Wasmer, den Arm weit über den Kopf gestreckt; die Spieler sollen für das Publikum ja unsichtbar bleiben. „Außerdem haben Marionetten viel mehr Ausdruck.“

Brunhilde Weissmüller lässt zur Demonstration den Pierrot vornehm auf seinem Sofa Platz nehmen, das fein ausbalancierte Einhand-Spielkreuz macht es möglich. Während Ursula Wasmer den „Drahtzieherinnen“ von Anfang an angehört, ist Weissmüller erst später dazu gestoßen: „Ich habe eine Anzeige gelesen und gewusst: Das ist es! Das will ich machen!“, erzählt sie. Und diese Chance gibt es jetzt wieder: Denn das Ensemble sucht Verstärkung.

Mitspieler gesucht

Was müssen potenzielle Mitspieler mitbringen? Sie sollen sich für die kleine Theaterwelt der Marionetten begeistern, des Schwäbischen mächtig sein und ein wenig Geschick mitbringen. Denn die circa 60 Zentimeter großen Voll-Gliedermarionetten und auch ihre kleinen Vettern entstehen im Eigenbau und jede hat so ihre besonderen Fähigkeiten: „Unser Eugen kann zum Beispiel richtig rückwärtsgehen“, erläutert Ursula Wasmer: „Wenn Sie die Marionetten zum Beispiel von der Augsburger Puppenkiste anschauen: Die hüpfen nur.“

Außerdem können die Marionetten während der Aufführung umgezogen werden, was einiges an Vorausplanung voraussetzt – die Figuren hängen ja quasi am seidenen Faden. Kreativität ist sowieso Trumpf bei den „Drahtzieherinnen“: Alle Stücke, Bühnenbilder und auch der musikalische Rahmen entsteht in Eigenproduktion. Explizite Vorkenntnisse im Marionettenspiel sind hingegen nicht von Nöten: Die potenziellen neuen Mitspieler werden zunächst hinter den Kulissen aushelfen und dann so nach und nach in das Figurenspiel hineinwachsen, sagt Wasmer.

Später, bei den Fotoaufnahmen am Gartenzaun, offenbaren Wasmer und Weissmüller noch eine Figurenart: „Das ist unsere Oma, sie ist eine Marotte.“ Was, Oma hat eine Marotte? Nein, sagt Ursula Wasmer: Eine Marotte ist eine Figur, in deren einen Arm man hineinschlüpfen kann, wie in einen Hemdsärmel. Was aber nicht bedeutet, dass Oma nicht auch ihre Marotten hat: Schließlich gehört sie zum knitzen Ensemble der „Drahtzieherinnen“.

Weitere Informationen und Kontaktaufnahme unter www.die-drahtzieherinnen.de oder telefonisch unter 0711/88 66 57.