Silvesterraketen sind seit Jahren ein Streitobjekt. Foto: 7aktuell.de/Daniel Jüptner

Die Umwelthilfe will ein Verbot von Silvesterfeuerwerken erwirken. Doch eingefleischte Feuerwerker aus Baden-Württemberg lassen sich davon nicht beeindrucken.

Arne von Boetticher aus der Heilbronner Gegend ist ein begeisterter Feuerwerker. „Ein Silvesterfeuerwerk weckt Kindheitserinnerungen. Die Lichteffekte sind faszinierend wie ein Lagerfeuer“. Tradition ist ein zu schwaches Wort. Für ihn hat ein Feuerwerk geradezu „archaischen Charakter“. Das mag er nicht missen.

Die Deutsche Umwelthilfe hat nun allerdings erneut ein Verbot gefordert: Es soll „ein für alle Mal ein Ende der archaischen Silvesterböllerei geben“, wie Jürgen Resch, der Geschäftsführer der Umwelthilfe bei einer Pressekonferenz sagte. Zusammen mit einem Bündnis, dem Ärzte, Tierschützer und auch die Gewerkschaft der Polizei angehören, fordert die Umwelthilfe Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf: „Schluss mit der sinnlosen privaten Böllerei! Schützen Sie endlich unsere Tiere, unsere Gesundheit und unsere Umwelt.“

Kritiker beklagen Gefahren für Menschen und Tiere

„Nie sind unsere Städte und Dörfer so schmutzig wie in den Stunden nach dem Jahreswechsel“, klagte Resch unter anderem. Die Aktivisten führen neben dem Abfall die hohe Belastung durch Feinstaub ins Feld, die zum Jahreswechsel verstärkt zu Atemwegsinfektionen führen könne. Sie warnen vor der Verletzungsgefahr durch Knallkörper. Tiere würden in Panik geraten, ob in den Wäldern, in den Ställen oder in den Häusern. Die Petavertreterin Jana Hoger sprach von einer Häufung von Wildunfällen durch verängstigte Wildtiere. Der Lungenfacharzt Norbert Mülleneisen sagte, „Feuerwerk ist unvernünftig. Man sollte es einfach beenden.“

Die Aktivisten wollen – wie etwa in Dänemark – lediglich Tischfeuerwerk und Wunderkerzen zulassen. Auch Lichtinstallationen oder Drohnenballette sind für sie denkbar.

„Ich würde mir das nicht verbieten lassen“

So etwas kommt für Timm Schmitt nicht in Frage. Der Mittvierziger heißt in Wirklichkeit anders. Er brennt mit Leib und Seele für sein Silvesterfeuerwerk. „Von Kind auf haben wir Feuerwerke gemacht. Das weckt Emotionen und Erinnerungen“, sagt der Mann aus dem Nordschwarzwald. Er lässt sich den Jahreswechsel etwas kosten. „Je nach Budget gebe ich 1000 bis 2000 Euro aus“, erzählt er. Dann macht er auf einer Wiese zehn bis 20 Minuten ein Feuerwerk, das auch die Nachbarschaft begeistert. „Das ist einmal im Jahr ein besonderes Erlebnis.“ Das geht Schmitt mit „Hirn und Verstand“ an. Bis das Feuerwerk abgebrannt ist, gilt für ihn Alkoholverbot.

„Das Erlebnis würde ich mir auch nicht verbieten lassen“, sagt er und räumt freimütig ein, dass er auch in den vergangenen beiden Jahren ein Feuerwerk zusammengebracht hat. „Es gab Mittel und Wege, sich das Material woanders zu kaufen. Die hat man genutzt“. Schmitt kennt sich aus, doch er sagt, ein Verbot wäre kontraproduktiv, denn diese Wege nutzen auch Leute, die nicht wissen, was sie kaufen, und dann wird es gefährlich.

Verbot wäre kurzsichtig

Auch Christof Gohl von der Firma Feuerwerk Stuttgart hält ein Verbot für kurzsichtig. „Der Handel mit illegalem Feuerwerk hat in den Verbotsjahren massiv zugenommen. Es gab viele Schwerverletzte“, sagt Gohl und folgert: „Man sollte die illegalen Feuerwerke verbieten“.

Die Hobbypyrotechniker reisen bei Verboten auch ins benachbarte Ausland und rüsten sich dort für den Jahreswechsel aus. Wirtschaftlich wäre für den Händler ein erneutes Verbot privater Feuerwerke das Ende: „Das würde die Firmenschließung bedeuten“.

Firmen denken um

Gohl führt an, dass die Umweltverschmutzung deutlich geringer sei als von der Umwelthilfe behauptet. Doch auch er sieht die Probleme: „Ich sage jedem Kunden, nach dem Feuerwerk räumt ihr euren Müll auf. “ Auch die Produzenten denken um. Knaller findet Gohl selbst problematisch. Es gebe aber bereits geräuschreduzierte Shows.

Arne von Boetticher hat ebenfalls beruflich mit Feuerwerken zu tun. Er ist in der Geschäftsleitung des Cleebronner Feuerwerksunternehmens Zink. Er bestätigt, „die lauten Böller sind schon viel weniger geworden“. Überhaupt glaubt von Boetticher, der Trend könnte von der Masse weggehen. Wegen der Effekte und aus Kostengründen: „Vieles wird in diesem Jahr deutlich teurer werden“, sagte er unserer Zeitung.

Weniger könnte mehr sein

Von Boetticher meint, einzelne Raketen könnten die inzwischen weit verbreiteten Batterien ersetzen. „Die Batterien erzeugen viel mehr Rauch und setzen viel mehr Pulver ein“, erklärt er - und lauter seien sie auch. Er zum Beispiel würdige die Lichteffekte einzelnen Rakete mehr, erzählt er und geht davon aus, dass er es an Silvester auch so machen kann. Ebenso wie der Stuttgarter Christof Gohl erwartet der Cleebronner, dass die Forderungen der Umwelthilfe verpuffen. „Wir sind zuversichtlich, dass es dieses Jahr kein Verbot gibt.“ Das Argument der Pandemie könne jedenfalls wohl nicht gelten.