Neue Aufgaben und der Klimawandel: Damit die Wendlinger Feuerwehr den gestiegenen Anforderungen gerecht werden kann, wird das bestehende Gebäude erweitert. In der Nachbargemeinde Köngen wird sogar über einen kompletten Neubau diskutiert.
Die Feuerwehren sind im Wandel – geschuldet ist das auch dem Klimawandel. Wetterextreme wie Starkregen und Hitzewellen sowie sommerliche Trockenperioden nehmen zu. Als Konsequenz daraus müssen die Wehrleute mit steigenden Einsatzzahlen und neuen Anforderungen klarkommen. „Es wird immer anspruchsvoller“, sagt der Esslinger Kreisbrandmeister Guido Kenner.
Neue Gerätschaften sowie angepasste Einsatzfahrzeuge müssen angeschafft werden. Und noch ein weiterer Aspekt ist elementar: „Die Gesundheit steht bei den Einsatzkräften an erster Stelle“, betont Kenner. So muss getragene Einsatzkleidung strikt von Privatkleidung getrennt werden, obendrein müssen ausreichend Sanitärräume zu Verfügung stehen. Darüber hinaus sind moderne Schulungsräume nötig, damit die Einsatzkräfte ihren neuen Anforderungen gerecht werden können. Das alles braucht Platz: „Das Resultat ist, dass die Zweckbauten der Feuerwehr größer werden müssen“, kündigt Kenner an.
Die Zahl der Einsätze hat sich fast verdoppelt
Beispielsweise in Wendlingen zeigt sich der Wandel: Im Vergleich zu den 1990er Jahren hat sich die Zahl der Einsätze fast verdoppelt. So rückten die Wendlinger im vergangenen Jahr 189 Mal aus, früher bewegte sich die Zahl unter 100 Einsätzen. „Die Zahlen sind noch einmal leicht angestiegen“, bestätigt der Wendlinger Feuerwehrkommandant Michael Gau. Allein in diesem Jahr war die Frauen und Männer bereits 57 Mal gefordert. Gau geht davon aus, dass sich die Zahl zwischen 180 und 190 Einsätze pro Jahr einpendeln wird.
Obwohl das 1991 in Betrieb genommene Gebäude mit zu den größten Feuerwehrhäusern im Kreis Esslingen gehört, platzt es aus allen Nähten. Denn neue Aufgaben sind dazu gekommen, etwa die Tunnelsicherung im Falle eines Unfalls auf der Bahn-Neubaustrecke Wendlingen-Ulm. Gleich zehn Rollcontainer mit entsprechendem Material hat die Bahn geliefert. Die sind so sperrig, dass sie nicht in das vorhandene Hochregal passen und auf den zwei noch freien Fahrzeugstellplätze gelagert werden müssen.
Allerdings bekommen die Wendlinger bald ein eigenes Drehleiter-Fahrzeug, das ebenfalls dringend nötig ist – und das einen Stellplatz braucht. Denn die momentan noch genutzte Drehleiter kommt aus Kirchheim und es braucht je nach Verkehrslage und Tageszeit im Schnitt an die 13 Minuten, bis sie am Brandort ist. Eigentlich dürften es aber nicht mehr als zehn Minuten sein. Relativ neu in dem sowieso schon proppevollen Hochregal ist obendrein eine Schlauchsperre, die im Falle eines 100-jährigen Hochwassers eine Überflutung der Wendlinger und Köngener Industriegebiete verhindern soll. Der sogenannte Hydrobaffle ist ein 14 Meter langes und bis zu zwei Meter hohes Ungetüm und wurde passend für die Fahrbahnbreite der Römerbrücke maßangefertigt.
Hinzu kommt, dass es im Wendlinger Feuerwehrmagazin zwar immerhin eine kleine getrennte Umkleide für weibliche Feuerwehrmitglieder gibt, aber nur einen Sanitärraum für alle Wehrleute. Beim Duschen lassen die Männer bislang den Frauen den Vortritt, dennoch müssen die Frauen durch die Umkleide der Männer, um unter die Dusche zu kommen. Auch die Jugendfeuerwehr braucht mehr Platz – 25 Kinder und Jugendliche sind momentan dabei. Darüber hinaus bemängelte die Unfallkasse des Landes bereits vor vier Jahren, dass die Trennung zwischen Privat- und Einsatzkleidung verbessert werden muss, um Kontaminationen zu vermeiden.
Umbau bei laufendem Betrieb
All diese Gründe haben den Wendlinger Gemeinderat nun dazu bewogen, knapp drei Millionen Euro für die Erweiterung des Feuerwehrhauses in die Hand zu nehmen: Es soll neue Umkleide- und Sanitärbereiche, neuen Schulungsräumen sowie mehr Platz für die Jugendwehr geben. Die Lagerhalle wird erweitert, und in diesem Zuge soll auch gleich die Heizung in der Fahrzeughalle in Angriff genommen. „Das ist eine Entscheidung für die Zukunft der Wendlinger Feuerwehr“, lobt der Feuerwehrkommandant Gau. Mit der Erweiterung sei man für die nächsten Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte gut gerüstet: „Und wir haben sogar einen Puffer, um weitere Themen auffangen zu können.“ Nun werden alle Beteiligen – Feuerwehr, Verwaltung und Architekt – einen groben Zeitplan aufstellen, der Umbau soll zeitnah erfolgen. Natürlich im laufenden Betrieb.
Auch für den Kreisbrandmeister Kenner ist das Wendlinger Beispiel ein Schritt in die richtige Richtung. Neben dem Arbeitsschutz sei es auch den zunehmenden Wetterextremen geschuldet, dass die Wehren mehr Raum benötigen. „Und das Thema steht in den nächsten Jahren noch bei einigen Feuerwehren im Kreis an“, kündigt Kenner mit Blick auf die neuen Feuerwehrbedarfspläne der Kommunen in der Region an.
Die Köngener Feuerwehr braucht einen Neubau
Ist-Zustand
Das Köngener Feuerwehrmagazin (Baujahr 1965) weist erhebliche Mängel auf – unter anderem gibt es weder Umkleide- noch Sanitärräume, ganz zu schweigen von einer Geschlechtertrennung. Auch sind die Tore für moderne Einsatzfahrzeuge zu schmal und zu niedrig. Im Gesamtpaket ist eine Sanierung laut einer von der Gemeinde in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie unwirtschaftlich, zudem fehlt im Gegensatz zu Wendlingen der Platz für eine Erweiterung.
Pläne
Im Zuge der Entwicklung des HOS-Areals in unmittelbarer Nachbarschaft des Köngener Feuerwehrmagazins steht ein Grundstückstausch im Raum, damit ein Neubau direkt an der Bahnhofstraße realisiert werden kann. Momentan befindet sich dort eine Tankstelle, deren Pachtvertrag aber 2028 ausläuft. Das Thema steht weit oben auf der Agenda der nächsten Klausurtagung des Gemeinderats. Erste, vorsichtige Kostenschätzungen für einen Neubau lagen im vergangenen Herbst bei mehr als zehn Millionen Euro.