Bei der Übung im Neckar müssen die Taucher unter anderem einen Dummy aus einem Auto bergen. Foto: Sebastian Steegmüller

Die Taucher der Stuttgarter Feuerwehr stehen in der Feuerwache 3 in Bad Cannstatt rund um die Uhr zur Personenrettung bereit. Wir haben eine Übung an der Schleuse Obertürkheim begleitet.

Zwei rot-weiße Flaggen, die an der Obertürkheimer Schleuse gehisst werden, zeigen Schiffskapitänen schon von Weitem an, dass sie in diesem Abschnitt des Neckars die Geschwindigkeit drosseln müssen. Eine blau-weiße Markierung verrät ihnen zudem, dass in dem Bereich getaucht wird. Eine sinnvolle Maßnahme, „sonst ist der Sog- und Wellenschlag zu groß, um unsere Übungen sicher durchführen zu können“, sagt der Feuerwehrtaucher Stefan Bruckner. Unter anderem soll die Rettung einer angeschnallten Person, verkörpert durch einen Dummy, aus einem versunkenen Fahrzeug trainiert werden.

Das Frachtschiff „El Teide“ hält sich am Vormittag an die Vorgaben und dennoch wird jede Menge Treibgut in Richtung Ufer geschwemmt. Größere Äste und Baumstämme erschweren die Übungen, da sich die Signalleine, die die Verbindung zwischen Taucher und Signalmann an Land ist, verheddern kann. Neben Zugzeichen wird beim Training an der Schleuse teilweise auch auf eine Sprechverbindung zwischen Taucher und Signalmann gesetzt.

Keine Sicht am Neckargrund

Wegen der starken Regenfälle in den vergangenen Tagen sind die Bedingungen im Neckar nicht optimal. Und dennoch wird die Übung durchgezogen – schließlich bestehen auch im Einsatz ähnliche Gefahren. Feuerwehrtaucher sind Arbeitstaucher, die sich in puncto Ausbildung und Ausrüstung vom Sporttaucher, der meist in klaren Gewässern unterwegs ist, unterscheiden. Wie schlecht die Bedingungen am Tag der Übung sind, bringt Stefan Hartmann auf den Punkt. „Heute ist die Sicht schon wenige Zentimeter unter der Oberfläche gleich null. Am Grund ist alles schwarz“, sagt der Lehrtaucher, der die Lage unter Wasser als erstes sondiert und die zerbeulte Stahlkarosse der Mercedes E-Klasse vom Haken des Krans nimmt. Im Lauf des Tages müssen dann Gegenstände in knapp vier Metern Tiefe gesucht und „bewusstlose“ Personen aus dem Neckar gerettet werden. In beiden Fällen arbeitet man sich in der Regel leicht in Halbkreisen nach vorne, bewegt die Arme ähnlich wie ein Scheibenwischer durchs Wasser. Nach rund 30 Minuten ist ein Tauchgang beendet, nicht weil den Kameraden die Atemluft ausgeht, sondern langsam die Kraft. „Man muss sich unter Wasser sehr konzentrieren“, so Hartmann.

Zeitnahes Eingreifen bei Wasserunfällen gewährleistet

Die Wasserrettung der Feuerwehr Stuttgart und die DLRG rücken im Jahr circa 15 bis 20 Mal zu Wasserunfällen aus, bei denen Personen in Not sind. Unter anderem an Neujahr, als ein 32-Jähriger in den Neckar gefallen war. Ein Jugendlicher entdeckte den Mann, warf ihm einen Rettungsring zu und setzte einen Notruf ab. Bereits vier Minuten nach der Alarmierung waren die ersten Einsatzkräfte der Feuerwehr vor Ort. Ein Grund: Die Stationierung der Taucher in der Feuerwache 3. „Sie sind in Bad Cannstatt 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr einsatzbereit“, sagt Daniel Anand, Sprecher der Stuttgarter Branddirektion. Dadurch sei ein zeitnahes Eingreifen bei Wasserunfällen im Stadtgebiet gewährleistet.

Darüber hinaus kommen die Feuerwehrtaucher – das Team besteht aus 44 Männern und einer Frau – auch bei technischen Hilfeleistungen in und an Gewässern zum Einsatz, oder bei Maßnahmen des Umweltschutzes. „So wurde im vergangenen Jahr auch immer wieder Öl auf dem Neckar gemeldet. Auch Leichenbergungen, Absicherung von Brandbekämpfungen am Wasser und Tierrettungen aus Gewässern zählen zu den Aufgaben der Taucher, die gleichzeitig auch Feuerwehrbeamte und ausgebildete Rettungssanitäter sind“, sagt Anand.

Eigensicherung geht bei der Feuerwehr vor

Ein Tauchtrupp setzt sich immer aus Taucher, Sicherheitstaucher und Signalmann zusammen – geführt wird er durch den Taucheinsatzführer. Er ist gleichzeitig Signalmann für den Sicherheitstaucher und entscheidet, ob man überhaupt ins Wasser geht. „Die Eigensicherung geht klar vor“, sagt Hartmann. Ist jemand zum Beispiel in einem reißerischen Fluss in Not geraten, wird nicht getaucht. Alternativ könnten die Kameraden als Strömungsretter eingesetzt werden. Dann tauschen sie das Tauchgerät gegen eine Strömungsretterweste, die Auftrieb verleiht, und eine Wurfleine ein und versuchen, die an der Wasseroberfläche treibende Person schwimmend zu retten.

Ausbildung zum Strömungsretter in Tirol

Um ihre hohe Qualifikation aufrechtzuerhalten, müssen die Feuerwehrtaucher mehrmals die Woche trainieren. Doch weder im Leo-Vetter-Bad in Stuttgart-Ost noch im Neckar, der aufgrund der Staustufen im Regelfall keine hohe Fließgeschwindigkeit hat, kann dieser Ernstfall realistisch geübt werden. Daher absolviert jeder Feuerwehrtaucher eine viertägige Ausbildung zum Strömungsretter. Im Wildwasser in Tirol erlernen sie, vom Wasser ausgehende Gefahren einzuschätzen und zu bewerten. „Der Abschluss findet dann im Inn statt – ein Fluss mit starken Strömungen.“