Der Angeklagte ist Feuerwehrmann. Foto: Symbolbild/dpa

Ein Feuerwehrmann, der in Rutesheim mehrere Brände gelegt haben soll, muss sich vor Gericht verantworten. Als ein Wohnhaus in Flammen aufging, hatten die Bewohner Todesangst.

Leonberg - Laut dem Sachverständigen vom kriminaltechnischen Institut haben sich die Bewohner beim Brand des Mehrfamilienhauses in Rutesheim (Kreis Böblingen) im Januar in hoher Lebensgefahr befunden. „Wenn die Feuerwehr nicht rechtzeitig eingetroffen wäre, wäre das Haus komplett abgebrannt“, sagte der Ingenieur für Elektrotechnik im Prozess gegen den 36-jährigen Rutesheimer. Bei den giftigen Brandgasen, die freigesetzt worden seien, reichten schon zwei Atemzüge aus, und man werde bewusstlos. Das ehemalige Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr muss sich vor dem Stuttgarter Landgerichts wegen versuchten Mordes, Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Auch der Gruppenführer der Feuerwehr, der damals im Einsatz war, hatte von einer lebensbedrohlichen Situation gesprochen und eine „selbstständige Flucht der Bewohner durch das Treppenhaus“ ausgeschlossen. Dem Sachverständigen zufolge war der Brand nicht einem technischen Defekt geschuldet. Stattdessen hielt er einen absichtlich gelegten Brand für das wahrscheinlichste Szenario. Dazu seien Mülltüten, die im Waschraum des Hauses in der Pforzheimer Straße deponiert waren, angezündet worden. Bei der Spurensicherung wurde ein mit einem Stofffetzen umwickeltes Feuerzeug gefunden. Doch Fingerabdrücke gab es nicht.

Die Bewohner hatten „Todesangst“

Bei dem Brand in dem dreistöckigen Haus, das der Stadt gehört und in dem damals noch keine Brandmelder installiert waren, hielten sich vier der insgesamt zehn Bewohner auf – kurz zuvor war auch eine fünfköpfige Asylbewerber-Familie aus Syrien eingezogen, was den Verdacht nährte, dass es einen rechtsextremen Hintergrund geben könnte. Zwei Bewohner konnte die Feuerwehr nur noch per Drehleiter retten, sie erlitten Rauchvergiftungen. In der Vernehmung sprachen sie von „Todesängsten“. Eine aus Rumänien stammende Frau hatte eigener Aussage nach aufgrund der Panik eine frühe Fehlgeburt erlitten.

„Wart ihr heute schon brandstiften?“

Wie schon die Noch-Ehefrau des Angeklagten, wollten auch seine früheren Feuerwehrkameraden nichts von dessen angeblichen Alkohol- oder Drogenproblemen gewusst haben. Auf Feuerwehrfesten habe der 36-Jährige immer nicht-alkoholische Getränke zu sich genommen, berichtete einer von ihnen. Hat aber einer der Wehrleute womöglich gewusst, dass der 36-Jährige ein Brandstifter ist? Die Ehefrau hatte berichtet, dass sie beim Einkaufen von einem Kameraden mit den Worten „Na, wart ihr heute schon brandstiften?“ begrüßt worden seien.

Der angeklagte Rutesheimer, der acht Jahre bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv war, soll für eine Brandserie verantwortlich sein – diese hatte den Ort im Jahr 2016 in Atem gehalten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm nicht nur die beiden Brände in dem Mehrfamilienhaus und einer Scheune vor – um somit nach ihrer Ansicht die Aufwandsentschädigungen für die damit einhergehenden Feuerwehr-Einsätze einzustreichen. Er soll auch einen Geräteschuppen und ein Müllhäuschen im Ort angezündet haben, was er eingeräumt hat. In beiden Fällen will der Mann, der eigener Aussage nach Alkohol und Drogen stark zugeneigt ist, unter deren Einfluss gestanden haben.