Die Sopranistin Wakaka Nakaso und der Pianist Hironobu Euchiwaki interpretierten japanische Kunstlieder. Foto: Susanne Müller-Baji

Die Musikergruppe Tomo und die katholische Kirchengemeinde St. Josef haben Spenden für die Opfer der japanischen Flut- und Reaktorkatastrophe gesammelt.

Stuttgart-Feuerbach - Gut zwei Jahre sind seit Erdbeben, Tsunami und Reaktorkatastrophe vergangen. Doch wie es so ist: Das Leben geht weiter, und die Welt schaut heute nur noch nach Japan, wenn wieder Störungen in Fukushima gemeldet werden. In den betroffenen Regionen kann von Alltag aber nach wie vor keine Rede sein. Die Gruppe Tomo, ein Zusammenschluss in Deutschland lebender japanischer Berufsmusiker und Musikstudenten, bemüht sich deshalb weiter um Spenden. Bereits zum zweiten Mal kamen sie in die katholische Kirchengemeinde St. Josef und berichteten auch von der Lage vor Ort.

„Sakura – Frühling in Japan“ war das Benefizkonzert am Freitag überschrieben: Die Kirschblüte (Sakura) gilt Japanern als schönste Zeit des Jahres, die mit zahlreichen Bräuchen und Liedern gefeiert wird. Neben Werken von Bach, Mozart, Lefèvre und Brahms boten die Musiker deshalb auch japanische Kunstlieder dar, feinsinnig interpretiert von Sopranistin Wakako Nakaso und Pianist und Tomo-Gründer Hironobu Fuchiwaki. Dazu las die Sängerin Übersetzungen der Texte, die bildgewaltig und zurückhaltend gleichzeitig etwa das Treiben der Blütenblätter im Wind beschrieben. In „Das Lied“ von Kousaku Yamada (1886–1965) sang dann ein Kind – und es war tatsächlich die Melodie von „Hänschen klein“, die dabei anklang.

2681 Personen werden noch immer vermisst

Doch „Frühling in Japan“ war durchaus doppeldeutig zu verstehen: Es war ja auch im Frühling, genau am 11. März 2011, als Beben, Springflut und Reaktorkatastrophe weite Landstriche unbewohnbar machten. Hironobu Fuchiwaki hatte die aktuellen Zahlen mitgebracht: 15.883 Menschen starben damals, und wer überlebte, kann oft bis heute nicht mit den Ereignissen abschließen: 2681 Personen werden noch immer vermisst, mehr als 310.000 Menschen leben derzeit in Behelfsunterkünften, und niemand kann zuverlässig sagen, ob und wann die verstrahlten Gebiete wieder zugänglich sein werden.

Hironobu Fuchiwaki zeigte Fotos unmittelbar nach der Katastrophe, aber auch aktuelle Aufnahmen, wie eine buddhistische Zeremonie vor Wohncontainern. Wie ist derzeit die Lage in Japan? „In den großen Städten ist alles wieder wie früher“ erzählt er. Anders sei es natürlich in den stark zerstörten Gebieten. Dazu kommt: Ob unmittelbar betroffen oder nicht – die Katastrophe hat Spuren in der Bevölkerung hinterlassen: „Erdbeben sind in Japan alltäglich, es gibt sie fast jeden Tag. Aber jetzt haben wir jedes Mal Angst, dass wieder so etwas Schlimmes passieren könnte“, sagt Fuchiwaki.

Die Gemeindejugend hatte vor der Veranstaltung Origami-Kraniche gefaltet: Wer 1000 Kraniche faltet, dem wird ein Herzenswunsch erfüllt, besagt der Volksglaube. In Feuerbach wurden sie zum Konzert verkauft und trugen so ihren Teil zu der Spendensumme von 1058,36 Euro bei. Damit lässt sich schon ein kleines Licht der Hoffnung in die Krisenregion tragen: Denn „Tomo“, hatte Organisator und Kantor Detlef Dörner zur Begrüßung erläutert, heißt im Japanischen „Freund“, aber auch „zusammen sein“ und „eine Kerze anzünden“. Überwiesen wird die Summe in einigen Tagen. Bis dahin nimmt man im Gemeindebüro von St. Josef gerne noch Spenden an.