Am Donnerstag wurde auch die Spirale aus Edelstahl im neu gestalteten Foyer des Werkhauses eingeweiht. Foto: Torsten Ströbele

Zehn Jahre Werkhaus und 15 Jahre Tafelladen: Das Behindertenzentrum feiert zwei Geburtstage.

Feuerbach - Für Menschen mit Behinderung braucht es Platz in der Mitte der Gesellschaft und nicht am Rand: Dieser Satz stammt von der ehemaligen Sozialbürgermeisterin Gabriele Müller-Trimbusch und fiel beim Richtfest des Werkhauses im Juni 2002. Elf Jahre später steht fest: Das Behindertenzentrum Stuttgart (BHZ) hat mit seiner Zweigwerkstatt und den vielen anderen inklusiven Projekten in Feuerbach einen Platz mitten in der Gesellschaft gefunden. Das wurde auch am Donnerstag noch einmal deutlich, als das zehnjährige Bestehen des Werkhauses und 15 Jahre Feuerbacher Tafelladen gefeiert wurden. „Die Zielsetzung war, uns im Gemeinwesen von Feuerbach zu verankern und uns zu positionieren“, sagte Werkhaus-Leiter Stefan Wegner. „Wir können selbstbewusst sagen, dass wir uns in den vergangenen Jahren eine solide Basis aufgebaut haben.“ Und dabei habe man beispielsweise im Werkhaus doch sehr klein begonnen.

27 Menschen mit Behinderung waren im Gebäude an der Magirusstraße beschäftigt, als die Zweigwerkstatt des BHZ im April 2003 ihre Türen öffnete. Ein Jahr später waren es 45, heute sind es 150 Beschäftigte. „Vor zehn Jahren habe ich einen Rucksack voller Erwartungen mit auf den Weg bekommen. Unter anderem sollte das Werkhaus bald gut belegt sein, und es sollte sich so schnell wie möglich auch selbst tragen“, sagte Wegner. Dies sei gelungen. Denn auch die Umsätze seien bis auf zwei Ausnahmen in den Jahren der Wirtschaftskrise 2009 und 2010 stetig gewachsen.

Das Interesse am Werkhaus sowie den Produkten und Dienstleistungen aus der Kreativwerkstatt, der Garten- und Landschaftspflege, der Konfektionierungs-, Montage- und Verpackungsabteilungen, der Konferenz- und Cateringservice sowie am Bistro Cube sei ungebrochen. „Wir wollen aber keinen Mitleidsbonus. Wir wollen ganz klar mit unserer Qualität und Flexibilität punkten“, sagte Stefan Wegner.

Minderung der sozialen Schieflage und Not

Letzteres gelte auch für die Feuerbacher Tafel, die rund 500 Meter vom Werkhaus entfernt an der Hohnerstraße liegt. 1998 ist die Tafel eröffnet worden. Rund 40 Beschäftigte, Ehren- und Hauptamtliche sammeln regelmäßig bei etwa 20 Geschäften vorwiegend Lebensmittel ein, die im Handel nicht mehr verkauft werden können – entweder weil die Verpackung beschädigt oder das Verfallsdatum bald erreicht ist. „Wir haben aber klar definierte Standards und sind zertifiziert“, sagte Wegner. Die Lebensmittel seien uneingeschränkt für den Verzehr geeignet und würden zu stark reduzierten Preisen im Tafelladen angeboten.

Einkaufen dürften an der Hohner Straße sozial Benachteiligte, Hartz-IV-Empfänger und Personen, deren Einkommen die Bemessungsgrenze der Sozialhilfe nicht übersteige. „Wir mindern somit die soziale Schieflage und die Not vieler Menschen, die sehr wenig Geld zum Leben haben“, sagte Wegner. Zwischen 80 bis 100 Kunden kämen täglich. „Es ist ein unglaublich wichtiges und inklusives Projekt. Menschen mit Behinderung tun etwas für sozial Schwache“, sagte Wegner.

Das BHZ und seine Projekte hätten Feuerbach verändert, sagte der Vorstandsvorsitzende Timmo Hertneck. Werkhaus, Tafelladen, Wohnen auf dem Feuerbacher Balkon und im Föhrichhof sowie das Projekt „Arbeit. Betreuung. Inklusion“ das in der Lutherkirche umgesetzt werden soll: „Wir sind willkommen. Hier ist etwas Großes passiert. Wir sind zwar nicht im Paradies, aber in Feuerbach“, sagte Hertneck.