Rund 40 Beschäftigte, Ehren- und Hauptamtliche sammeln bei etwa 20 Geschäften vorwiegend Lebensmittel ein, die im Handel nicht mehr verkauft werden können. Foto: Archiv Georg Friedel

Dem Behindertenzentrum wurde gekündigt. Nun hat die Suche nach neuen Räumen begonnen.

Feuerbach - Die Nachricht erreichte Stefan Wegner wie aus heiterem Himmel. Als der Leiter des Werkhauses des Behindertenzentrums (BHZ) vor wenigen Tagen seine Post öffnete, hielt er plötzlich ein Kündigungsschreiben der MKI Grundbesitz GmbH & Co. Vermögensverwaltungs KG in den Händen. Zum 31. Dezember dieses Jahres muss der Tafelladen des BHZ aus dem Gebäude an der Hohnerstraße 21 gezogen sein. Über die Gründe ließ man das Behindertenzentrum im Unklaren. Auch auf Nachfrage der Nord-Rundschau wollte sich MKI-Geschäftsführerin Heidrun Lung nicht äußern: „Kein Kommentar.“

Für den Leiter des Tafelladens, Rainer Sommerer, war die Kündigung „ein kleiner Schock“. Er ging bislang davon aus, dass er auch die nächsten Jahrzehnte an der Hohnerstraße bleiben kann. Anzeichen dafür, dass der Mietvertrag nicht verlängert wird, konnte auch er keine erkennen. Stefan Wegner hat die Suche nach neuen Räumen für den Tafelladen schon intensiviert und einen Makler eingeschaltet.

Das BHZ würde am liebsten in der näheren Umgebung des Werkhauses an der Magirusstraße 26 mit seinem Ladengeschäft bleiben. „Toll wäre, wenn wir eine ehemalige Bäckerei oder ein Lebensmittelgeschäft finden würden“, sagt Wegner. 250 bis 300 Quadratmeter sollen die Räume groß sein.

Klar definierte Standards und Zertifizierung

Erst im Juni hatte der Tafelladen sein 15-jähriges Bestehen gefeiert. „Unser Konzept ist einfach“, sagt Sommerer. Rund 40 Beschäftigte, Ehren- und Hauptamtliche sammeln regelmäßig bei etwa 20 Geschäften aus der näheren Umgebung vorwiegend Lebensmittel ein, die im Handel nicht mehr verkauft werden können – entweder weil die Verpackung beschädigt oder das Verfallsdatum bald erreicht ist. „Wir haben aber klar definierte Standards und sind zertifiziert“, sagt Wegner. Die Lebensmittel seien uneingeschränkt für den Verzehr geeignet und würden zu stark reduzierten Preisen im Tafelladen angeboten.

Einkaufen dürfen an der Hohnerstraße sozial Benachteiligte, Hartz-IV-Empfänger und Personen, deren Einkommen die Bemessungsgrenze der Sozialhilfe nicht übersteigt. „Wir mindern somit die soziale Schieflage und die Not vieler Menschen, die sehr wenig Geld zum Leben haben“, sagt Wegner. Zwischen 80 bis 100 Kunden kämen täglich. „Es ist ein unglaublich wichtiges und inklusives Projekt. Menschen mit Behinderung tun etwas für sozial Schwache.“

Deshalb möchte das BHZ den Tafelladens auf jeden Fall erhalten – auch wenn es an andere Stelle sein muss. Wegner ist momentan allerdings nicht nur auf der Suche nach neuen Räumen für die Feuerbacher Tafel. Nachdem für das Projekt „Arbeit. Betreuung. Inklusion“ in der Lutherkirche mittlerweile das Baugesuch eingereicht ist, fehlen noch Räume für die Industrieabteilung „Verpackung und Montage“ aus dem Werkhaus, die sich an anderer Stelle in Feuerbach erweitern möchte. Benötigt werden 200 bis 300 Quadratmeter mit möglichst hellen, produktionsgerechten Räumen mit Lager- und Anlieferungsmöglichkeiten.

Zudem sucht das BHZ für die Arbeitsgruppe „Garten- Landschaftspflege“ auf 120 bis 180 Quadratmeter einen neuen Arbeitsplatz in Feuerbach. „Wichtig ist ebenerdig“, sagt Wegner – egal, ob Bauernhof, Lager- oder Industriehalle, Werkstatt oder Mehrfamilienhaus.