M. Hirschfell, R. Hajdu und O. Fischer im Leibniz-Gymnasium. Foto: Müller-Baji

Der Bonatzbau des Leibniz-Gymnasiums ist 100 Jahre alt. Gefeiert wird mit einem Vortrag.

Feuerbach - Am 6. August 1912 wurde das von Paul Bonatz (1877–1956) entworfene Ensemble Festhalle und Leibniz-Gymnasium eingeweiht, doch blieb der runde Geburtstag dieses Jahr wegen der Sommerferien ungefeiert. Nachgeholt wird die Jubiläumsfeier am Freitag bei einem vom Feuerbacher Bürgerverein und vom Leibniz-Gymnasium organisierten Vortrag über den Architekten. Der Architekturhistoriker Marc Hirschfell will dabei besonders auf dessen Biografie und auf das Schaffen als Schularchitekt eingehen.

Immerhin spiegele das Bonatz’sche Schulgebäude im Stadtbezirk das Aufkommen der Reformpädagogik im Ländle wieder, verrät Hirschfell: „Musische Erziehung, Leibesertüchtigung – das sind Fächer, die erst in dieser Zeit aufkamen.“ Ein Gebäude, das ideale Voraussetzungen für Lernen und eine gesunde Entwicklung schafft, war damals ein ganz neuer Ansatz und findet seine Entsprechung im Gebäude des Leibniz-Gymnasiums, etwa in den Licht durchfluteten Bereichen und im heute leider nicht mehr funktionierenden Brunnen.

Mit dem Vortrag soll auch für ein Buchprojekt geworben werden, das Hirschfell gemeinsam mit der Fotografin Rose Hajdu erarbeitet hat, dem Bildband „Paul Bonatz. Bauten an Rhein und Neckar“, der dem Schaffen des Architekten in öffentlichen Gebäuden und in Privathäusern nachspürt. Zu dem Projekt kam es, nachdem die in Zuffenhausen ansässige Fotografin den Stuttgarter Hauptbahnhof, ebenfalls ein Bonatzbau, vor dem Teilabriss dokumentierte und einen viel beachteten Bildband dazu zusammenstellte. Ihr Interesse war geweckt, und im Zuge ihrer Aufnahmen in weiteren Gebäuden stieß sie auf zahlreiche Parallelen: Die charakteristische Spirale als Geländerabschluss, die gerne benutzte türkise Wandfarbe und vieles mehr.

„Es gab in den vergangenen Jahren wohl keinen anderen Architekten, der so häufig in den Nachrichten war“

Erlebt Bonatz auch durch die Diskussion um das Großprojekt Stuttgart 21 eine Renaissance? Schon, gibt Architekturhistoriker Hirschfeld zu: „Es gab in den vergangenen Jahren wohl keinen anderen Architekten, der so häufig in den Nachrichten war.“ Otto Fischer, der Schulleiter des Leibniz-Gymnasiums, erzählt, dass sich nun häufiger Architekturstudenten auch aus Übersee meldeten, um das Gebäude zu besichtigen. Auf das gestiegene Interesse an Bonatz und seinem Werk bauen Buchautor und Architekturfotografin nun, denn die Finanzierung des Bildbands ist noch nicht gesichert: Firmensponsoren müssen gefunden werden, und auch Privatpersonen könnten mit einer Vorabsubskription das Buch realisieren helfen.

Im Gegensatz zum rüden Abbruch am Hauptbahnhof falle übrigens auf, wie liebevoll die meisten Bonatzbauten heute renoviert worden sind, hat Rose Hajdu bei ihren Fotoaufnahmen bemerkt. Auch im Leibniz-Gymnasium läuft die Deckenrenovierung derzeit auf Hochtouren.

Um die Vorgaben des Denkmalschutzes zu erfüllen, wurde sogar ein Teil des Originalstucks erhalten und wird nun wieder angebracht. Bis am Samstag soll alles in neuem Licht erstrahlen, dann wird auch die Fotografie-Ausstellung von Rose Hajdu noch einmal zu sehen sein, die seit April im Leibniz-Gymnasium zeigte, was später auch in einem Bildband einfließen soll.