Eine Explosion auf dem Gelände der BASF vor zehn Tagen hat ein stundenlanges Feuer ausgelöst. Foto: dpa

Ein Arbeiter hat wohl fälschlicherweise eine Leitung mit brennbarem Material angeschnitten. Er liegt verletzt in einem Krankenhaus und ist nicht vernehmungsfähig. Bei dem Feuer vor zehn Tagen sind drei Menschen ums Leben gekommen. Ein Versehen oder ein falscher Auftrag?

Ludwigshafen - Die Explosion bei der BASF in Ludwigshafen vor zehn Tagen geht womöglich auf einen tragischen Fehler bei Bauarbeiten zurück. Die Staatsanwaltschaft Frankenthal teilte am Mittwoch mit, dass sie an einer Rohrleitung, an der eigentlich gar nicht gearbeitet werden sollte, einen Schnitt entdeckt habe, der offensichtlich mit einem Winkelschleifer verursacht worden sei. In der Leitung floss brennbares Raffinat. An einer benachbarten leeren Leitung fanden vor dem Unglück Wartungsarbeiten statt, bei denen auch ein Winkelschleifer zum Einsatz kam. Es könnte also sein, folgerte der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber, dass ein Arbeiter entweder aus Versehen die falsche Leitung angeschnitten oder dass man ihm einen falschen Auftrag erteilt habe.

Der mutmaßliche Verursacher sei ein Mitarbeiter einer Fremdfirma, berichtete Ströber. Er liege verletzt im Krankenhaus und sei nicht vernehmungsfähig. Wie sich das Unglück im Detail entwickelt hat, ist immer noch unklar. Eine Hypothese der Staatsanwaltschaft ist, dass sich das Raffinat durch die Funken des Winkelschleifers entzündet hat und brannte – aber nicht explodierte. Die Feuerwehr wollte dieses Feuer löschen, doch womöglich hat der Brand weitere der dicht beieinander liegenden Leitungen so erhitzt, dass diese explodierten. Zwei Feuerwehrleute und ein Matrose eines Tankschiffes starben.

Hat es Versäumnisse gegeben?

Jetzt würden die Sicherheitsmaßnahmen genau untersucht, die bei den Bauarbeiten ergriffen worden waren, sagte Ströber. Die Staatsanwaltschaft wolle prüfen, ob es Versäumnisse gegeben habe. Im Grundsatz sei es nicht ungewöhnlich, dass bei Arbeiten an einem ganzen Bündel von Rohren nur die zu wartende Leitung geleert würde: „Wenn man normal arbeitet, ist das kein Problem“, sagte Ströber. Es sei sehr aufwendig, die Rohre zu leeren, das stellten die Ermittler gerade selbst fest, da die angeschnittene Leitung jetzt herausgetrennt und sichergestellt werde.

Schon vor dem Unglück hatten die Ludwigshafener Gemeinderatsfraktionen von Grünen und Alfa kritisiert, dass die BASF zu viele nicht ausreichend qualifizierte Fremdfirmen einsetze. In diesem Jahr war es bereits zu 17 Zwischenfällen auf dem Werksgelände gekommen. Ströber wollte sich dazu nicht konkret äußern. Es sei aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht zu beanstanden, wenn Fremdfirmen eingesetzt würden, es sei denn, deren Unzuverlässigkeit sei vorher schon bekannt gewesen. Dafür gebe es aber derzeit keine Hinweise.

BASF steht Rede und Antwort

Eine bereits vor der Explosion terminierte Sitzung des Umweltausschusses für diesen Mittwoch im Ludwigshafener Rathaus wurde kurzfristig abgesagt. Die BASF sollte dort Rede und Antwort stehen. Aufgrund der dramatischen neueren Entwicklung will sich nun am 7. November der gesamte Gemeinderat informieren lassen und kritische Fragen stellen. Bereits an diesem Donnerstag bezieht der Vorstand von BASF in einer Pressekonferenz in Ludwigshafen erneut öffentlich Stellung. Zufällig oder nicht haben die Städte Mannheim und Ludwigshafen nun auch eine „Störfallbroschüre“ neu aufgelegt; sie wird derzeit an 270 000 Haushalte verteilt.

An der Broschüre haben sich 42 Unternehmen beteiligt. Darin könnten sich die Bürger informieren, wie sie sich beim Auftreten eines industriellen Störfalles verhalten sollen, sagte der Mannheimer Erste Bürgermeister Christian Specht. Bereits seit dem vergangenen Jahr informieren beide Städte ihre Bürger auch über die Katastrophen-Warndienste Katwarn und Nina. Wer die entsprechende App auf dem Handy installiert hat, erhält im Gefahrenfall automatisch eine Warnung.

Keine überhöhten Schadstoffwerte

Entwarnung hat dagegen am Mittwoch die Umweltschutzorganisation Greenpeace gegeben. Sie hatte in der vergangenen Woche in der Nähe des Unfallorts vier Wasserproben aus dem Rhein entnommen und in einem unabhängigen Labor nach solchen Schadstoffen untersuchen lassen, die nach einer Explosion oder bei der Verbrennung von Chemikalien entstehen können. Greenpeace bestätigt nun, was die BASF und die Feuerwehr bereits mehrfach mitgeteilt haben: Überhöhte Werte konnten nicht nachgewiesen werden.