Die Brandstiftung am Waiblinger Bürgerzentrum (Archivbild) ist vielen in Erinnerung. Doch wie oft schlagen Feuerteufel im Rems-Murr-Kreis wirklich zu? Foto: 7aktuell.de/Simon Adomat

Wimmelt es im Rems-Murr-Kreis von Feuerteufeln? Spektakuläre Fälle könnten zu diesem Schluss verleiten. Doch die Zahl der Brandstiftungen ist seit Jahren konstant – unsere interaktive Karte zeigt rätselhafte Fälle der letzten Monate.

Rems-Murr-Kreis - Wieder ein Feuer. Wieder im Rems-Murr-Kreis. Wieder ist der Brand in Abfall entstanden, der vor einem Haus gelagert wurde. Am Mittwochabend traf es eine Scheune in Kirchberg an der Murr, die fast komplett ausbrannte. Die Polizei schätzt den Schaden auf 20 000 Euro – und hat keine Erklärung, wie es zu dem Brand kommen konnte.

Immer wieder sind in den vergangenen Monaten im Landkreis Brände ausgebrochen, deren Ursache ungeklärt ist. Und dann gab es natürlich die Fälle, bei denen nachgewiesenermaßen Menschen nachgeholfen haben. Die Brandstiftung am Waiblinger Bürgerzentrum, die Ende April einen Millionenschaden angerichtet hat, ist vielen noch frisch im Gedächtnis. Der 22-jährige Verdächtige, den die Polizei schon zwei Tage später festnahm, hatte Feuer in einem Abfallcontainer gelegt, das auf das Bürgerzentrum übergegriff.

Rund zwei Wochen später, ebenfalls in Waiblingen, ging ein Feuer von einem Container auf die Zentralklinik, ein Ärztehaus in der Stadtmitte, über. Die Polizei geht von Brandstiftung aus – ob fahrlässig oder absichtlich ist unklar. Nach einer öffentlichen Fahndung mit dem Phantombild eines möglichen Zeugen – oder Täters – gingen keine hilfreichen Hinweise ein.

Interaktive Karte: Brandstiftungen und ungeklärte Brände im Landkreis

Oft ist schon der Nachweis einer Brandstiftung schwierig. „Das liegt in der Natur der Sache“, sagt der Polizeisprecher Holger Bienert. Denn ein Feuer vernichte viele Spuren. In Fellbach ist die Polizei aber sicher, es mit einem Serientäter zu tun zu haben. Zwischen Januar 2016 und März 2017 brannten in Schmiden und Oeffingen 14 Mal unter anderem Abdeckplanen, Schilder und Mülltonnen. Die Polizei versuchte es mit einer Flugblatt-Aktion – erfolglos.

„Im Extremfall empfinden sie sexuelle Erregung“

Der Polizeipsychologe Adolf Gallwitz kennt sich mit dem Thema aus. Hinter den meisten Brandstiftungen stecke kein besessener Serientäter, erklärt er: „Oft ist es Dummheit und Fahrlässigkeit. Etwa, wenn Menschen ihr Badezimmer mit Teelichtern aufmunitionieren.“ Aber natürlich gebe es auch richtige Pyromanen: „Im Extremfall empfinden sie sexuelle Erregung beim Legen eines Brandes. Ein Feuer hat eben etwas Archaisches. Viele sehen zu, wie das von ihnen gelegte Feuer bekämpft wird.“

Bei Serientätern sei davon auszugehen, dass sie die Berichterstattung in den Medien über ihre Taten verfolgen. „Dann gibt es auch noch das Problem mit den Trittbrettfahrern“, so Gallwitz. Solche Nachahmer erschwerten die Arbeit der Polizei.

Manchmal haben die Ermittler dennoch Erfolg. Etwa bei den beiden jungen Männern, die Anfang Mai vom Waiblinger Amtsgericht zu Jugendstrafen verurteilt wurden, weil sie in Rudersberg zwei Hütten und eine Scheune angezündet hatten. Oder bei zwei Beziehungstaten: Ende April hatte ein 35-Jähriger in Aspach versucht, die Wohnung seiner Freundin anzuzünden. Und Ende März hatte ein 51-Jähriger das Auto und den Carport seiner Freundin in Weissach im Tal in Brand gesetzt.

Wie oft schlagen die Feuerteufel wirklich zu?

Diese aufsehenerregenden Fälle könnten zu dem Schluss verleiten, dass Brandstiftungen im Rems-Murr-Kreis im vergangenen Jahr häufiger geworden sind. Doch in der Realität sprechen die Zahlen eine andere Sprache: „Tatsächlich sind diese seit 2012 ziemlich konstant“, so der Polizeisprecher Bienert. Im Jahr 2016 gab es im Kreis 81 Brandstiftungen an Häusern, Maschinen, Lagern, Fahrzeugen, Wäldern oder landwirtschaftlichen Einrichtungen. 37 dieser Brände wurden vorsätzlich gelegt. Gegenüber dem Vorjahr (107 Brandstiftungen, davon 54 absichtlich) war das ein Rückgang. „2015 gab es eine Serie in Waldstücken rund um Murrhardt, die 2016 abgerissen ist“, so Bienert.

Auch im Fall des „Feuerteufels von Fellbach“ gibt es laut Jan Holzner, dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart, seit einer Weile keine neuen Vorkommnisse mehr. „Das Verfahren wurde eingestellt“, so Holzner. In anderen Fällen laufen die Ermittlungen weiter – gegen Unbekannt.