Shirley Collins (rechts) und Ian Kearey sind Teil des Festivals „Zauber der Moderne“ im Künstlerhaus Stuttgart. Foto: Veranstalter

Im Künstlerhaus in Stuttgart-West ist immer wieder mal avantgardistische Popmusik zu Gast. Am Wochenende gibt es ein ganzes Festival – kuratiert von Michael Paukner.

Stuttgart - Ganz aufmerksame Beobachter der alternativen Stuttgarter Popszene haben vielleicht schon das eine oder andere Mal Konzerttermine im Künstlerhaus in der Reuchlinstraße (Stuttgart-West) entdeckt.

Zwar ist hier noch kein neues Zuhause für die Nordbahnhof-Szene entstanden. Aber fast alle Künstler, die am Wochenende beim Festival „Zauber der Moderne“ auftreten, hätten auch gut in Moritz Finkbeiners Konzertwaggon gepasst. Im Interview erzählt der Programmmacher, Plattenhändler, DJ und Popexperte Michael Paukner (Second Hand Records), was es mit dem Festival auf sich hat.

Herr Paukner, welche Idee steckt hinter dem Festival?

Fatima Hellberg, die künstlerische Leiterin vom Künstlerhaus hat mich angefragt, ob ich ein Musikfestival zusammenstellen möchte. Uns sind Künstlerinnen eingefallen, die auf Stuttgarter Bühnen lange nicht mehr oder noch nie aufgetreten sind. Musikerinnen, die einen freien Ansatz haben und die wie F.S.K und Richard Youngs tief in der Kunstszene verankert sind.

Was sagt uns der Festivaltitel, „Zauber der Moderne“?

Die Moderne ist das Versprechen von etwas Gutem, Neuem, Unerfüllten. Vic Godard zum Beispiel war mit seiner Band Subway Sect ein wichtiger Teil der Punk Bewegung. Die Folk Legende Shirley Collins hat in den 50er Jahren in den Südstaaten der USA, in den Zeiten der Rassentrennung, wichtige, noch unentdeckte Bluesmusiker aufgenommen.

Wie steht es heute um die Moderne im Pop?

Die Revivals dauern inzwischen durchweg länger als die Originalära. Aber wen wundert’s. Etwas so radikal Neues wie Punk oder Techno wird kaum mehr erfunden werden. Man muss eben jeder Generation zugestehen, dass sie ihren eigenen Post Punk, ihr eigenes Disco hat – und kann trotzdem „Zauber der Moderne“ machen, das aber explizit kein Retrofestival ist. Alle Musiker sind sehr aktiv und machen Neues.

 Sehen Sie das Festival als Beitrag zur Kanonisierung avantgardistischer Popmusik?

Die ausgewählten Künstler vertreten in ihren Genres wichtige Positionen. Von der Idee her geht es schon in die Richtung.

Warum machen Sie das gerade im Künstlerhaus, wo fast nie Konzerte stattfinden?

Bei den Ausstellungen treffe ich regelmäßig die alternative Musikszene. So gesehen fühlt sich der Ort richtig an. 2017 ist hier zum Beispiel Hans-Joachim Irmler von Faust aufgetreten. Es ist für uns auch die Möglichkeit, mit Stuttgarter Künstlerinnen ein schönes Setting zu gestalten, mit Bühne, Salon, Kino, Bar und Essen.

Gibt es, wenn das Festival gut läuft, eine Fortsetzung?

Warum nicht? Die Planung, Gestaltung und Arbeit mit den Musikern und Mithelfern macht Spaß und wir denken, dass Zauber der Moderne etwas Außergewöhnliches wird.

Zum Programm: Das Festival „Zauber der Moderne“ findet von Freitag, 3. Mai bis Sonntag, 5. Mai im Künstlerhaus, Reuchlinstraße 4b in Stuttgart-West statt. Die Türen des Festival-Salons mit Filmprogramm und Verpflegung öffnen sich um 16 Uhr.

Jeweils ab 20 Uhr treten am Freitag unter anderem Shirley Collins mit Ian Keary und am Samstag F.S.K. sowie Vic Godard mit seiner Band Subway Sect auf, im Anschluss legen DJs auf. Am Sonntag findet ab 16 Uhr eine Matinée mit der Stuttgarter Band Metabolismus statt. Das gesamte Programm steht online auf kuenstlerhaus.de