Der Preis der Fernwärme ist manchem Böblinger Bürger zu hoch. Foto: factum/Weise

Viele Fernwärmenutzer halten sich für benachteiligt. Sie müssen an die Stadtwerke eine Konzessionsabgabe zahlen, die für Großkunden weitaus niedriger ist. Dabei hatten sich Stadträte für eine Senkung ausgesprochen, die der OB bisher nicht umsetzte.

Böblingen - Der Protest der Fernwärmekunden in Böblingen geht in die nächste Runde. Nachdem die Bürgerinitiative IG Fernwärme (IGF) die Kartellbehörde des Landes eingeschaltet hat, die derzeit die Preispolitik der Böblinger Stadtwerke durchleuchtet, stellte sie nun beim Stuttgarter Regierungspräsidium auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Böblinger Oberbürgermeister Wolfgang Lützner. Die IGF wirft ihm vor, den Willen des Gemeinderats nicht umzusetzen. Dieser habe eine Senkung der Konzessionsabgabe beschlossen, die Mitte des vorigen Jahres habe umgesetzt werden sollen – was aber nicht passiert ist.

Bürger sehen eine ungleiche Behandlung

„Seit dem Jahr 2012 erhebt die Stadt diese Konzessionsabgabe für Fernwärmekunden, die allerdings nicht für alle Kunden gleich hoch ist“, kritisiert die IGF. Im Fernwärmenetz der Stadtwerke Böblingen – hier spricht die IGF von „Zwangsanschlüssen“ – zahlen die Kunden an die Stadt für die Nutzung von öffentlichen Wegen und Straßen durch die Stadtwerke 2,70 Euro pro abgenommener Megawattstunde. Darauf kommt noch die Mehrwertsteuer. Für die Eigentümer eines Einfamilienhauses, die mit Fernwärme heizen, bedeutet dies zusätzliche Kosten von rund 50 Euro im Jahr. Rund 8 500 Haushalte sind davon betroffen. Sie hätten quasi einen „Zwangsanschluss“, weil in den Gebieten keine Gasleitungen gebe. Alternative Heizmöglichkeiten – etwa mit Strom oder mit Holzpellets – seien zu teuer, argumentiert die IGF.

In Böblingen liefert zudem die Fernwärme-Transportgesellschaft (FTG) der beiden Städte an Großkunden Wärme. Darunter sind Schulen, die Polizei, das Landratsamt und die US-Panzerkaserne. Seit dem Jahr 2014 zahlt die FTG aber erheblich geringere Nutzungsgebühr als Normalkunden an die Stadt Böblingen, nämlich 31 Cent pro Megawattstunde statt 2,70 Euro. Dies sei eine Ungleichbehandlung der Kunden, argumentiert die IGF. Sie weist darauf hin, dass der Gemeinderat Ende 2016 für das Fernwärmenetz der Böblinger Stadtwerke die Senkung auf 30 Cent beschlossen habe. Der OB lasse das jedoch außer acht und rede sich damit heraus, dass er die Sache noch mit dem Landeskartellamt absprechen müsse. „Herr Lützner verschleppt diese Angelegenheit und verstößt damit gegen die Gemeindeordnung“, erklärt die IGF.

Thema im Fernsehen

Die Stadt sagt dazu nur: Man werde eine Stellungnahme zur Dienstaufsichtsbeschwerde abgeben, gehe aber davon aus, „dass die im vergangenen Jahr aufgenommenen Gespräche mit dem Kartellamt über die infrage stehende Konzessionsabgabe positiv gewürdigt wird“. Näheres ließ der OB Wolfgang Lützner nicht verlauten.

Die Kartellbehörde befasst sich derzeit mit den Preiserhöhungen bei der Fernwärme in den vergangenen zwei Jahren – die Gebühren sind um durchschnittlich 45 Prozent gestiegen – sowie mit der finanziellen Lage der Böblinger Stadtwerke. Das Thema wird jetzt auch von einem Fernsehteam des SWR aufgegriffen. Für die Sendung „Zur Sache Baden-Württemberg“ an diesem Donnerstag von 20.15 Uhr an ist ein Beitrag darüber geplant.